Bericht • 01.10.2012

Jede Zeit hat ihre Schriften

Bei den Schriften ist es wie in der Mode. Neue Designs kommen auf den Markt, werden von einer Avantgarde entdeckt, erobern die Massen und sind irgendwann „out“. Wir begeben uns auf einen Streifzug durch die Typografie und zeigen, woran sich der Handel orientieren kann.

Typografie war einmal die Kunst des Druckens mit Buchstaben, so genannten Lettern, aus Blei. Heute druckt man mit „Strg P“, auf Knopfdruck am Computer. Vom Kassenbon bis zum Großformatdrucker stehen dem Handel viele Printer zur Verfügung. Im Interview zu diesem iXtenso-Thema berichtet  Achim Bukmakowski von Epson aus der Welt des Druckens. Wir haben ihn befragt zu Plakaten und Preisschildern.

Preisschilder sind am Regal nicht mehr wegzudenken. Eine neue Ära beginnt jetzt mit elektronischen Regaletiketten. Preise kann man auf Knopfdruck im ganzen Laden verändern, und sie werden an der Kasse korrekt angezeigt. Die kleinen Schilder können mittlerweile unterschiedliche Schriften darstellen, auch Logos. Mehr dazu im iXtenso-Interview mit Guillaume Portier vom französischen Hersteller SES.

Weniger ist oft mehr

Vor allem Laien meinen, sie müssten die Möglichkeiten häutiger Computer ausreizen. Sie haben die Qual der Wahl und kombinieren mehrere Schriften, fett, kursiv und normal, groß und klein, schwarz und farbig. Weniger ist hier mehr. Das gilt sowohl für Powerpoint-Präsentationen wie für Handzettel und Anzeigen als auch für die Website oder Videoscreens. Man sollte bei einer Schriftfamilie bleiben, also etwa Arial fett und kursiv, allenfalls kombiniert mit einer weiteren Schrift, etwa für Zitate oder Hervorhebungen.

Jedes Jahr gibt es zahllose neue Schriften, ganz wie in der Welt der Mode. Längst nicht alle Modeschöpfer treffen den Geschmack der Leute. So ist es auch bei den Schriftgestaltern. Manches, was heute als modern erscheint, hat kein langes Leben. Manches hat es schon früher in ähnlicher Form gegeben. Wie in der Mode gibt es in der Typografie keine einheitlichen Trends. Die Geschmäcker sind unterschiedlich.

Internet-Tipps: Alte und neue Schriften

Typografie.info ist ein Wiki, eine Online-Enzyklopädie, zu Schrift und Typografie. Eine Fundgrube für alte und gerade angesagte Schriften ist www.myfonts.com. Font meinte im Englischen ursprünglich die gegossene Form eines Schriftzeichens für den Buchdruck. Inzwischen ist Font der Fachbegriff für die Datei einer Schriftart im Computer. Es gibt pixel- und vektorbasierte Fonts. Während Pixelfonts aus Punkten zusammengesetzt sind, werden Vektorfonts aus Linien in verschiedenen Winkeln, so genannten Vektoren, berechnet. Sie lassen sich damit auch im großen Maßstab oder verzerrt ohne ausfransende Ränder drucken, egal auf welchem Drucker und mit welchem Betriebssystem.

Myfonts ist eine Seite aus den USA. Wer etwa Schriften aus den fünfziger Jahren sucht, gibt im Suchfeld „Fifties“ oder „50s“ ein und erhält mehrere tausend Treffer. Manches erinnert an die ersten Minuten alter Spielfilme, in denen die Namen der Mitwirkenden eingeblendet werden. Das genau ist es, was man mit solchen Schriften erreichen will – Erinnerungen wecken an eine vermeintlich „gute alte Zeit“. Retro ist deshalb einer der Modetrends in der Ladengestaltung wie auch im visuellen Marketing.

Schriften darf man nicht stehlen

Der Handel wehrt sich gegen Ladendiebstahl. Aber auch Schriften dürfen nicht einfach geklaut werden. Die Produkte von Schriftgestaltern sind Software, und wer mit geklauter, kopierter Software erwischt wird, muss mit empfindlichen Strafen rechnen – und zur Beweissicherung könnte sogar der Rechner beschlagnahmt werden. Oder man muss damit erstellte Werbemittel vernichten.

Eine Schrift zu kaufen ist nicht teuer, vieles gibt es für unter 100 Euro. Das lohnt sich für Händler, die sich von ihren Wettbewerbern abheben wollen. Textverarbeitungsprogramme. Grafik- oder Bildbearbeitungsprogramme haben aber oft bereits eine Vielzahl an Schriften, die im Preis fürs Programm bereits enthalten sind.

Von der Schrift zum Corporate Design

Um als unverwechselbar erkannt zu werden, muss die gewählte Schrift konsequent bei allen Gelegenheiten eingesetzt werden – vom Briefpapier bis zum Kassenbon, vom Fahrzeug bis zur Außenwerbung. Fachleute nennen dies Corporate Design (CD). Es umfasst nicht nur die Schrift, sondern auch das Logo, vielleicht auch die Bildsprache. Ein CD entwickelt man nicht nebenbei, und Laien können dabei schnell über das Ziel hinausschießen. Man frage daher besser einen Experten: Grafiker oder Werbeagenturen.

Dabei wird man feststellen, dass es auch Modefarben in der Werbung gibt. Pink beziehungsweise Magenta war in den Neunzigern „in“, nicht nur bei der Telekom, die damals mit der Privatisierung ihr T bekannt machte. Türkis war auch eine Modefarbe. Heute gibt es einen Trend hin zum Purismus. Grau wird gern kombiniert mit einer weiteren Farbe.

Beim Relaunch einer Website, also ihrer Überarbeitung, wird heute kräftig aufgeräumt. Weniger Hintergrundfarben, am besten weiß, mehr freier Raum, weniger und dafür größere Bilder, was auch mit den kürzeren Ladezeiten durch schnellere Internetverbindungen zusammenhängt. Man entscheidet sich häufiger für schmale, serifenlose Schiften wie Arial. Serifen sind die Endungen an den Buchstaben, deutlich zu erkennen an den Füßchen, zum Beispiel beim großen A. 

Zielgruppe im Blick behalten

Für was man sich entscheidet, sollte nicht nur vom eigenen Geschmack abhängen, sondern besonders von der Zielgruppe und dem Image, das man bei ihr erreichen will. Wer als modern gelten will, orientiert sich auch bei der visuellen Kommunikation am Zeitgeist. Wer ein gediegenes Erscheinungsbild erreichen will, wählt für seine Werbung traditionelle Designs oder klassische Moderne, in jedem Fall mit vielen Freiflächen.

Berücksichtigen sollte der Handel die wachsende ältere Zielgruppe: Keine zu kleinen, verschnörkelten Schriften verwenden, die das Lesen behindern. Das wird irgendwann auch für die Werbeblätter im Lebensmitteleinzelhandel gelten. Aus Anzeigen wurden mehrseitige Beilagen, oft kleinteilig bedruckt mit zahllosen Angeboten, um jedem etwas zu bieten. Blickverlaufsmessungen zeigen jedoch, dass das Auge hier keine Anhaltspunkte findet. Der Blick schweift über die Angebote und bleibt nirgendwo hängen. Folge: Man blättert schnell weiter oder legt die Offerte beiseite.

Und weil wir gerade bei den Angeboten sind: Große Zahlen gehen immer. Sie suggerieren Sonderpreise. Teil jeder Schriftfamilie sind passende Zahlen. Es gibt Schriften, die aussehen wie die von Hand gemalten Plakate früher beim Lebensmittelhändler um die Ecke oder wie gepinselt. Und es gibt Zahlen ohne Schnörkel. Doch „Geiz ist geil“ und „20 Prozent auf alles“ haben gezeigt, dass die Preiskommunikation mit dem Hammer die Erlöse schmälern kann. Es ist wie bei der Typografie insgesamt: Nicht alles, was man am Computer machen kann, sollte man auch machen.

René Schellbach, iXtenso.com

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