Günstig, einfach, sicher: Neue Etiketten visualisieren die korrekte Kühllagerung

Expertenrunde diskutierte über intelligente Verpackungen und ihren Beitrag für den Verbraucherschutz

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Expertenrunde diskutierte über intelligente Verpackungen und ihren Beitrag für den Verbraucherschutz

TTI-Etiketten bieten dem Handel große Chancen

Transparenz von der Herstellung bis zum Verbraucher – diese Vision im Lebensmittelhandel könnte schon sehr bald Wirklichkeit werden. Das zeichnete sich bei einem Expertengespräch in Düsseldorf ab. „Kommunizierende Verpackungen – was leisten Etiketten für den Verbraucherschutz und die Kundeninformation?“ lautete das Diskussionsthema. Moderne Etiketten mit einem so genannten Time Temperature Indicator (TTI) sollen dafür sorgen, dass Handel und Verbraucher mehr Sicherheit in puncto Frische und Haltbarkeit bekommen.

Derzeit sei man lediglich auf das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) angewiesen, erläuterte die Vizepräsidentin des Deutschen Hausfrauenbundes (DHB), Elke Wieczorek: „Das sagt aber nichts darüber aus, wie dieses Lebensmittel vorher in der Kühlkette behandelt wurde. Wenn ich das im Supermarkt kaufe, liegt es irgendwo in der Kühltheke und ich muss blind vertrauen, dass es ordnungsgemäß gelagert wurde“, so Wieczorek. Nach dem Kauf bleibe dann nur das aufgedruckte Ablaufdatum, an dem man sich orientieren müsse. Kontrolle sei dabei nur noch bedingt möglich, alte Haushaltskühlschränke oder menschliche Unzuverlässigkeit, so die Runde, erschweren diese. Dr. Judith Kreyenschmidt von der Universität Bonn stimmte dem zu: „Ein Mindesthaltbarkeitsdatum gilt nun mal nur bei bestimmten Lagerungstemperaturen.“ Es sei ein Unterschied, wie Bakterien bei zwei Grad oder sieben Grad reagierten und sich vermehrten. Das Haltbarkeitsdatum alleine sei daher nicht uneingeschränkt aussagekräftig: „Der Verbraucher sieht nun mal nicht, welche Bedingungen es in der Kühlkette gab, ob zum Beispiel die Haltbarkeit durch zwischenzeitliche Temperaturüberschreitung verkürzt worden ist oder nicht.“

Unsicherheit beenden
Die TTI-Etiketten namens OnVu, die der Balinger Technologiehersteller Bizerba und der schweizerische Chemiekonzern Ciba entwickelt und produziert haben, bringen mehr Transparenz in die gesamte Produktions- und Kühlkette. Martin Arndt, technischer Geschäftsführer bei Bizerba, beschrieb die Möglichkeiten besonders für große Handelsketten, bei denen beispielsweise das Hackfleisch aus dem Kühlregal gekauft werde: „Sie können dem Verbraucher wirklich beweisen und ihn überzeugen, dass sie in der Lage sind, hohe Qualität und Frische zu liefern.“ Ziel sei es, so Dr. Carla Sorato, die bei Ciba die Kommunikationsaktivitäten des Segments Coating Effects verantwortet, den Zustand der Unsicherheit bei allen Beteiligten zu beenden.

Visualisierte Kühlkette
Das TTI-Etikett mit einer besonderen Druckfarbe, so Bizerba-Vertriebsleiter Papier + Etiketten Marc Büttgenbach, wird als zusätzliches Etikett auf jede Verkaufsverpackung aufgebracht. Der Grad der Entfärbung dieses Etiketts zeigt dann an, ob die Ware noch voll oder nur gut genießbar oder ob sie schon verdorben ist. Dabei entfärbe sich der Indikator umso schneller, je weiter das Produkt von der idealen Lagerbedingung abweicht, und beschreibt damit für jedes Produkt den individuellen Frischegrad. „Wir haben die Möglichkeit, eine Kühlkette zu visualisieren – also das, was bisher im Verborgenen lag. Wenn man zum Beispiel sieht, dass ein Fleisch schlecht geworden ist, ist es normalerweise schon zu spät. Das entfärbte Etikett zeigt schon früher an, dass irgendwo ein Fehler in der Kühlkette aufgetreten ist.“ Und das völlig ohne technischen Aufwand, weil kein Lesegerät oder ähnliches nötig sei. „Der Verbraucher kann sich auf diese Weise im Laden davon überzeugen, dass ihm gut konditionierte Ware angeboten wird“, so Büttgenbach. Das bringe auch Vertrauen der Kunden in die Lebensmittelhersteller zurück. Aber auch in der Lieferkette erleichtere TTI das Handling, weil es das Aussortieren verdorbener Lebensmittel noch vor der Annahme durch den Lieferanten ermögliche, somit Kosten und unnötiger Ärger vermieden würden, weil durch TTI eine fehlerhafte Kühlung direkt nachweisbar sei. Außerdem könne durch unterschiedliche Verfärbungen die gelieferte Ware nach Frischegraden sortiert und Ware, die am Ende des Lebenszyklus stehe, als Angebot verkauft werden. Für diese Produkte wäre ohne TTI ein finanzieller Totalausfall zu verzeichnen.

Einsatz im Lebensmittelkontakt unbedenklich
Was geschieht konkret? Der große Vorteil gegenüber bislang verwendeten oder getesteten physikalischen, biologischen oder elektronischen Etiketten liegt im Einsatz eines Pigments, das seine chemische Struktur verändert, wenn ihm bei der Aktivierung Energie in Form von UV-Strahlung zugeführt wird. Diese Substanz, zunächst farblos, verfärbt sich dann blau. Die Reaktion kehrt sich im Laufe der Zeit, die durch die Aktivierungsenergie definiert wird, wieder um, die ursprüngliche Farblosigkeit wird wieder hergestellt. Dieser Effekt beschleunigt sich bei steigenden Temperaturen. Ein aufgebrachter Filter verhindert das ungewollte Wiederaufladen des Etiketts durch UV-Strahlung und beuge e zudem Missbrauch vor: „Das ist ursprünglich mal ein Folienetikett gewesen, das zusätzlich auf den TTI drauf kam. Das ist aber mit Hilfe von Ciba in Amerika weiterentwickelt worden zu einem Thermotransferband, ein hauchdünner Film, der nur 125stel Millimeter dick ist, man fühlt ihn nicht einmal, wenn er drauf ist, man sieht ihn kaum und er verhindert, dass das TTI wieder aufgeladen wird“, so Büttgenbach. Auch bedürfe es vor der Aktivierung des TTI nicht wie bei anderen Systemen bestimmter Lagerbedingungen, weil das Etikett sich nicht irreversibel selbst aktiviert. Zudem sei die Substanz nicht toxisch und für den direkten Lebensmittelkontakt zugelassen, woran andere Etiketten bislang gescheitert seien. Beispielsweise gebe es Marktstudien, die belegten, „dass der Kunde gar nicht wusste, was er da hat und das Etikett abgelöst, aufgeschnitten und in die Soße mit eingerührt hat.“

Handel erkennt die Möglichkeiten
Eine Konkurrenzsituation zu RFID-Etiketten machte die Expertenrunde dabei nicht aus. Denn hierfür seien zum Beispiel Schreib- und Lesegeräte für das eigentliche Etikett notwendig, mithin ein größerer Logistik- und Kostenaufwand. „Es ist eine Frage des Preises: Wenn Sie einen Joghurt für 49 Cent kaufen und 15 Cent kostet das RFID, stimmt das Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht mehr“, so Arndt. Nach seiner Ansicht eignet sich RFID-Technik vorwiegend im Logistikbereich, bei größeren Gebinden und für die Warenrückverfolgung.

Für Dr. Carla Sorato ist RFID für die Kontrolle der Lebensmittellagerung aufwändig. Ciba habe die Erfahrung gemacht, dass die Gesamtanwendungskosten pro Einzelstück dabei einfach zu hoch seien. Für sie ist das OnVu Modell „vom Gesamtsystem her das einfachste: am einfachsten einzusetzen, am einfachsten zu verstehen.“ OnVu zeige ganz einfach, ob eine Ware noch genießbar sei. Durch eine Vergleichsfarbe auf dem Etikett sei ein Wendepunkt in puncto Frische ganz klar auszumachen: „Ist das Piktogramm dunkler als die Referenz oder gleichfarbig, ist alles in Ordnung. Ist es heller als die Referenz, kann man das Lebensmittel nicht mehr verzehren.“

Elke Wieczorek beurteilt die Durchsetzungschancen von TTI gut, denn es punkte mit klaren Argumenten, „es bietet Sicherheit im eigenen Haushalt und im Geschäft.“ Martin Arndt geht davon aus, dass sich die Etiketten als Standard durchsetzen werden. „Dieses Label bringt einen echten Nutzen. Und da Menschen in der Regel doch relativ egoistisch sind, kann man davon ausgehen, dass TTI sich durchsetzen wird.“ Der Nachweis, Frische für die Verbraucher zu gewährleisten, werde Umsatzsteigerungen mit sich bringen und Überzeugungsarbeit leisten. Daher sei auch der Handel bereit, für die TTI-Logistik zu investieren.

Anbieter

Bizerba SE & Co. KG

Wilhelm-Kraut-Straße 65
72336 Balingen
Deutschland

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