Interview • 28.06.2011
„In den letzten Jahren ist eine 'LED-Hysterie' ausgebrochen“
Interview mit Michael Flögel, Vertriebsleiter für Lichtsysteme bei Elektra
LEDs werden für die Ladengestaltung immer wichtiger und erobern sich damit ihren Platz auch im Schaufenster. Unsere Fragen zu diesem Thema beantwortet Michael Flögel, Vertriebsleiter für Lichtsysteme im Objekt-, Laden- und Innenausbau, bei Elektra. Seit über 30 Jahren entwickelt und produziert die Firma aus Enger in Ostwestfalen Lichtsysteme und OEM-Leistungen für Küchen, Möbel, Haushaltsgeräte und Gebäude. Flögel glaubt nicht, dass Neonröhren jetzt ausgedient haben und räumt ein, dass LEDs noch nicht alle Farben gleich gut abbilden können. Dennoch sprechen seiner Einschätzung zufolge viele Argumente für die leuchtenden Dioden.
LEDs waren dieses Jahr ein großes Messethema bei der EuroShop. Was spricht für die leuchtenden Dioden?
Die Einsatzmöglichkeiten und die Vielfalt der LED-Technik und der LED-Produkte hat sich in den letzten Jahren stark erhöht, demzufolge kommt der LED-Beleuchtung eine immer stärkere Bedeutung zu. Hauptgrund für den Einsatz von LED ist die Langlebigkeit der Produkte sowie der geringe Energieverbrauch. Die Lebensdauer beträgt ca. 20.000 Stunden. Dann geben sie noch immer etwa 70 Prozent ihrer ursprünglichen Lichtleistung ab. LED-Produkte bieten wir in den Lichtfarben von warmweiß (3.000K) bis tageslicht-weiß (6.400K) an. Neuartige Flächen-LED bieten einen guten Wirkungsgrad. In Abstrahlrichtung erzeugen LEDs im Vergleich zu herkömmlichen Beleuchtungsarten so gut wie keine Wärmeabgabe. Außerdem sind LEDs stoß- und schaltfest, das heißt Vibrationen oder häufiges An- und Ausschalten kann ihnen nichts anhaben.
Haben die guten alten Neonröhren jetzt ausgedient?
Nein, keinesfalls! Denn Leuchtstoffleuchten mit ausgereiften elektronischen Vorschaltgeräten haben für viele Anwendungen ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Weiterentwicklungen wie Leuchtstofflampen mit nur 7 Millimetern Durchmesser – so genannten T2-Lampen – entsprechen dem Trend nach kleineren Leuchten, die viel Licht auf wenig Raum spenden. Außerdem haben Leuchtstoffleuchten immer noch einen höheren Farbwiedergabewert als LED-Leuchten, welche zurzeit noch nicht dem gewohnten warmen und „natürlichen“ Licht entsprechen.
Noch gar nicht im Fokus der Öffentlichkeit befinden sich Technologien wie zum Beispiel die Niedertemperaturplasmatechnik. Hier lassen sich Leuchten bauen, die von 0 bis 100 Prozent dimmbar sind, deren Farbtemperatur sich stufenlos von 2.000 bis 8.000 Kelvin regeln lässt und die eine Lebensdauer von bis zu 80.000 Stunden erreichen.
LED-Licht wird wegen seines hohen Blau-Anteils als kalt empfunden. Ist das Problem inzwischen gelöst?
Der Blauanteil ist nur bei den hohen Lichtfarben wie zum Beispiel 6.000 Kelvin dominant. In den Anfängen der LEDs waren diese Lichtfarben im Trend. Seit dem Einsatz von Lichtfarben von 3.000 bis 4.000 Kelvin ist der Blauanteil sehr gering geworden.
Für welche Produkte empfehlen Sie die Beleuchtung mit LEDs, für welche bieten sich andere Leuchtmittel an?
LED-Beleuchtung empfiehlt sich besonders bei temperatursensiblen Produkten wie Lebensmitteln oder Kosmetika, da LEDs keine UV- und IR-Strahlung besitzen. Auch in Kühltheken macht der Einsatz Sinn, denn bei Minusgraden fühlen sich die LEDs „richtig wohl“ und ihre Lebensdauer verlängert sich. Das heißt aber nicht, dass der Einsatz von LED in jedem Fall gerechtfertigt ist. In den letzten Jahren ist eine Art „LED-Hysterie“ ausgebrochen, die dazu führt, dass LEDs nicht immer sinnvoll eingesetzt werden. Die Kunden sollten sich von Unternehmen beraten lassen, die wirklich etwas von Lichttechnik, Leuchten und Beleuchtung verstehen.
LEDs waren bislang kleine punktförmige Lichtquellen. Im Ladenbau möchte man oft flächiges Licht. Welche Lösungen gibt es?
Wir können heute Beleuchtungen mit neuester Flächen-LED-Technologie in vielen verschiedenen Formen anbieten – zum Beispiel linear ohne sichtbare Lichtbrücken über mehrere Meter, rund oder eckig. Leuchten mit LED-Flächenmodulen zeichnen sich durch ein gleichmäßiges, weiches Lichtambiente ohne störende Lichtpunkte aus. Die Lichtleistung liegt bei über 80 Lumen pro Watt – bei 6.400K.
Öko wird im Ladenbau immer wichtiger. Wie ist die Öko-Bilanz von LEDs?
Diese Frage ist seriös nur von unabhängigen Prüfinstituten zu beantworten, da hierfür alle Prozesse von der Entwicklung über die Herstellung bis zur Entsorgung betrachtet werden müssen.
Nach hinten geschlossene Schaufenster mit einer Licht-Inszenierung oder offene Fenster für den freien Blick in den gut beleuchteten Laden – was ist zurzeit gefragt?
Sowohl als auch. Die Anwendungen sind vielfältig und abhängig von der jeweiligen Branche und den präsentierten Produkten.
LEDs bieten sich für die gezielte Beleuchtung einzelner Objekte im Fenster an. Wie verdeckt man die Kabel?
Elektra bietet mit dem Ministecksystem eine der kleinsten im Markt erhältlichen Lösungen für den Anschluss von Leuchten im Hoch- und Niedervoltbereich. Steckverbinder mit einem Durchmesser von nur 7 Millimetern werden einfach mit dem dazugehörigen Verteilersystem verbunden. Das ermöglicht eine schnelle und unkomplizierte Installation mit einem erheblich reduzierten Montageaufwand im Vergleich zu herkömmlichen Systemen und eröffnet vielseitige Einsatzmöglichkeiten mit nahezu unsichtbarer Kabelführung.
Was konnten die EuroShop-Messebesucher bei Ihnen sehen?
Wir haben klassische Lösungen im Leuchtstoffbereich wie T5-, T2- und GX53-Leuchten gezeigt. Darüber hinaus konnten Besucher auf unserem Messestand Leuchten mit Radial-LEDs sowie mit neuester Flächen-LED-Technik in diversen Anwendungsfällen bestaunen. Zu dem gezeigten Produktportfolio gehören außerdem miniaturisierte Stecksysteme für den Nieder- und Hochvoltbereich, die den Anschluss der Leuchten für den Anwender erheblich vereinfachen.
Welchen Trend sehen Sie bei den Leuchtmitteln? Was erwarten Sie zum Beispiel in Sachen OLEDs in den nächsten Jahren?
Die Entwicklung der OLED ist sehr interessant. Doch wird diese Entwicklung noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Prototypen erreichen heute eine Effizienz von 25 Lumen/Watt, in Forschungsprojekten 60 Lumen/Watt. Auch die Lebensdauer von heute 5.000 Stunden ist noch nicht ausreichend.
René Schellbach, iXtenso.com