Wer denkt, Einkaufswagen seien nur Mittel zum Zweck, der irrt. Für Einzelhändler ist er mehr als nur ein bloßer Service, sondern Aushängeschild und Werbeträger, Verkaufsförderer und Kundenbinder in einem. Für den Kunden sollen Einkaufswagen vor allem eines sein: praktisch. Einkaufswagen können daher durch zahlreiche Applikationen und Servicefunktionen ergänzt werden. Wir haben einen Blick auf die derzeitigen Möglichkeiten geworfen.
Kleine Gadgets, die das Einkaufen erleichtern
Kleine Waren fallen grundsätzlich durch die grobmaschigen Gitterstäbe. Um das zu verhindern, bieten viele Hersteller kleine Kunststoff- oder Gitterschalen an, die im Korb befestigt werden. Auch sehr praktisch sind Schnittblumenhalter oder Textilstangen. Kleine Trenngitter schützen außerdem empfindliche Waren vom Rest des Einkaufs. Damit gehören plattgedrückte Blumen oder zerknitterte Hemden der Vergangenheit an.
Ein weiterer wichtiger Punkt für den Kunden: das Verstauen von Getränkekisten und PET-Gebinden. Letztere bleiben oftmals an den Kanten der unteren Ablage der Wagen hängen, sodass die Verpackung einreißt. In den Niederlanden sind daher Einkaufswagen mit ausklappbaren Ablageflächen Standard. Da die Halterung jedoch sehr tief am Einkaufswagen angebracht ist und die Gefahr besteht, dass eine Kiste vom Personal übersehen wird, bieten Hersteller wie DCR Europe ein elektronisches Kistenerkennungssystem an. Die Vorrichtung wird im Schienbeinschutz der Ablage eingebaut. Erkennungssensoren an der Kasse signalisieren dem Personal dann, dass der Kistenhalter besetzt ist.
Handgriffe – ergonomisch und komfortabel
Auch der Handgriff eines Wagens muss heute mehr können. Komfortable Griffe, beispielsweise in „Hörner“-Form, werden immer gefragter. Die ergonomische Gestaltung unterstützt die Übertragung der Lenk- und Schiebekräfte. Viele dieser Komfortgriffe besitzen standardmäßig außerdem eine Antistatik-Funktion, die vor lästigen elektrischen Schlägen schützt. Je nach Anforderung gibt es mittlerweile umfangreiche Erweiterungsoptionen wie Vergrößerungsgläser, Becherhalter oder Einkaufszettelclips. Auch der Punkt Hygiene spielt eine entscheidende Rolle, denn immerhin berühren zahlreiche Kunden die Wagen täglich. Daher stehen mittlerweile Modelle zur Verfügung, die aufgrund bestimmter Kunststoffkomponenten antibakterielle Eigenschaften haben, um Keime und Bakterien nicht zu übertragen.
Trend geht zum Self-Scanning
Immer noch nicht ganz in Deutschland angekommen sind Self-Scanning-Lösungen, die am Einkaufswagen angebracht werden. Ferry Verhoeven, Direktor Logistik und Technik bei DCR Europe zieht den Vergleich: “Niederländische Kunden nutzen Self-Scanning im Vergleich zu deutschen häufiger. Sie legen Wert auf komfortable Griffe mit integrierten Scannern.“ Aus diesem Grund arbeitet das Unternehmen mit dem deutschen Hersteller systec POS-Technology zusammen, der die Scanner inklusive Halterung anbietet. Die Barcodes auf den Produkten können wahlweise mit dem fixierten oder dem heraus genommenen Handscanner eingelesen werden. An der Kasse wird dann elektronisch bezahlt. Langes Schlange stehen gehört so der Vergangenheit an. „Deswegen nutzen in den Niederlanden jährlich mehr und mehr Händler diese Möglichkeit“, ergänzt Verhoeven.
Eine weiterentwickelte Variante aus dem Hause systec POS-Technology stellt eine Smartphone-Dockingstation – genannt liveTec mobile – dar. Das Halterungssystem ermöglicht die Nutzung des eigenen Mobiltelefons im Markt. Während des gesamten Einkaufs ist das Gerät sicher am Wagen befestigt. Anwendungen wie Self-Scanning, Mobile Payment oder simple mobile Einkaufszettel lassen sich damit bedienen.
Die Halterung kann der Kunde an einer Station im Shop abholen. Sie ist kompatibel mit nahezu allen gängigen Smartphones. Bei der Komfortvariante wird das Smartphone in der Dockingstation darüber hinaus mit einem RFID-Token gegen Diebstahl geschützt und der Akku während des gesamten Einkaufs geladen. „Je mehr Self-Scanning angewendet wird, desto populärer werden auch Apps auf dem eigenen Gerät. Händler haben die Möglichkeit, mit ihren Kunden auf einer personalisierten Ebene in Kontakt zu treten und darüber hinaus ihren Einkauf auszuwerten.“
Digital-Signage am Einkaufswagen
Aus Einzelhändlersicht ist vor allem die Werbefläche des Wagens interessant. Ob am Handgriff oder an der Korbfront – Werbung muss möglichst präsent sein. Noch ist diese meist in Printformaten angebracht. Jedoch gibt es bereits Ansätze, Digital Signage-Lösungen am Wagen anzubringen. Verhoeven sieht den Trend eher skeptisch: “Je größer der Werbeplatz desto besser die Kommunikation mit dem Kunden. Auch wenn die Entwicklung von Digital-Signage-Screens vorangetrieben wird, wird es schwer, sie auf dem Markt einzuführen. Denn nach wie vor sind Probleme wie das Aufladen der Geräte nicht gelöst.“
Klappkisten statt Drahtkorb
Kunden haben heute immer weniger Zeit für ihren Einkauf. Daher benötigen sie Modelle und Lösungen, die Zeit ersparen. Viele wollen neben dem Self-Scanning eigene Klappkisten oder Taschen nutzen. Der Wagen von morgen werde nicht mehr über den altbekannten Drahtkorb verfügen, prognostiziert Verhoeven. Stattdessen werden Modelle den Markt erobern, die es den Kunden erlauben, ihre eigenen Klappkisten zu nutzen. In Kombination mit Self-Scanning-Lösungen verkürzt sich so nicht nur der Aufenthalt an der Kasse, denn die Kisten können direkt in den Kofferraum geladen werden. „Ein weiterer Vorteil für die Einzelhändler sind die geringeren Instandhaltungskosten, da sich kein Korb auf dem Wagen befindet.“
Bei all der neuen Technik, Alternativen zu den etablierten Münzsystemen werde es wohl in naher Zukunft nicht geben, glaubt Verhoeven: „Solange Einkaufswagen außerhalb des Marktes platziert werden, wird es einfache Sicherungslösungen mit Pfandschlössern geben.“ Elektronische Systeme nutze man zwar bereits, allerdings nur, um die Wagen bei Diebstahl zu lokalisieren.
Es bleibt also abzuwarten, welche Applikationen und Servicefunktionen sich für den Einkaufswagen durchsetzen werden. Denn trotz aller Vorteile sind deutsche Kunden häufig sehr in ihren Gewohnheiten verankert und müssen erst von Neuerungen überzeugt werden – egal ob aus Kunden- oder Einzelhändlerperspektive. Letztere werden also abwägen, ob sich eine Anschaffung überhaupt lohnt. Immerhin ist diese mit hohen Kosten verbunden.