Aichinger aus Wendelstein bei Nürnberg sieht sich selbst als Europas führendes Unternehmen im Bereich Food-Einrichtungskonzepte, Ladenbau und Profiküchen. Die Unternehmensgruppe realisiert jährlich über 1.500 Einrichtungsprojekte und fertigt komplett „Made in Germany“ in zwei Werken mit 26.000 m² Produktionsfläche. Dr. Oliver Blank meint: Warenfülle war gestern, heute zählt das Einkaufserlebnis. Ein Laden muss gut aussehen und funktionieren.
Umweltschutz, Nachhaltigkeit, energieneutrale Supermärkte – ist „grün“ zurzeit ein Modethema im Handel?
Ja – das sieht man bei fast allen größeren Handelsunternehmen, zum Beispiel bei Aldi, Rewe, tegut, aber auch bei Edeka, wo im letzten Jahr ebenfalls CO2-neutrale Märkte gebaut wurden. „Grün“ ist definitiv ein Thema, das in den nächsten Jahren noch verstärkt an Bedeutung gewinnen wird.
Deutschland hält sich gern für den Vorreiter im Umweltschutz. Ist das so, wenn Sie Ihre deutschen ausländischen Märkte betrachten?
Das können wir so nicht bestätigen. So ist zum Beispiel die Wärmerückgewinnung in Ländern wie Australien, wo man besonders die Ozonwerte achtet, ebenfalls ein großes Thema.
Kühlmöbel haben eine lange Lebensdauer. Wie lang sind die Geräte nach Ihrer Erfahrung im Einsatz?
Im Lebensmittelhandel meist acht bis zehn Jahre, im Fachhandel, zum Beispiel beim Metzger, auch deutlich länger.
Was hat sich in technischer und gestalterischer Hinsicht in den letzten zehn Jahren getan?
Die Konzepte haben sich gewandelt. Statt Waren-Ubiquität und immer mehr Warenfülle geht es zunehmend um die Erlebbarmachung des Speziellen, das ich als Verbraucher nicht allerorts finde. Die Gestaltung des Marktes, die gesamte Atmosphäre und das Ambiente – das erst erzeugt den fühlbaren Unterschied zum Durchschnitts-Laden.
Den Gestaltungstrend an sich gibt es nicht – entscheidend ist ein authentischer Auftritt. Immer mehr liegt der Fokus auf der Herausstellung der Warenqualität. Es geht darum, die Ware nicht mehr nur zu präsentieren, sondern sie zu inszenieren. Ob gerade oder runde Linienführung – Transparenz ist oberstes Gebot. Entscheidend ist aber, dass die Energie-Effizienz, Ergonomie und Hygiene – sprich: die gesamte Funktionalität – nicht hinter dem Gestaltungskonzept zurückstehen. Ein Laden muss gut aussehen und funktionieren.
Welche Betriebskostensenkung ist durch Neu-Investitionen möglich und wann rechnen sie sich?
So pauschal ist das natürlich nicht zu beantworten, denn üblicherweise greifen ja mehrere Faktoren ineinander. Momentan liegt der Fokus besonders auf der Senkung des Energieverbrauchs. Unser neues Energiespar-Wandkühlregal LEHO spart gegenüber gängigen Produkten bis zu 40 Prozent Energiekosten ein. Da kommen schnell pro Jahr und Filiale mehrere tausend Euro zusammen.
Unterschätzt wird zuweilen die Wartungs- und Reinigungsfreundlichkeit von Kühltheken, -Regalen etc. Wenn ein Mitarbeiter jeden Tag nur 15 Minuten länger fürs Saubermachen braucht, sind das pro Jahr zwei Arbeitswochen! Deshalb schätzen viele unserer Kunden gern das Automatische Reinigungs- und Entkeimungssystem in unseren SIRIUS-Frischetheken.
Was spricht für Umluftkühlung und was für Kontaktkühlung?
Das kommt auf das präsentierte Produkt an, auf den Warenumschlag und die gewünschte Präsentationsform. Zentraler Vorteil der Kontaktkühlung ist, dass die Luft still steht und die Ware daher nur minimal austrocknet. Je besser der Warenumschlag ist, umso weniger kommt dieser Vorteil zum Tragen. In umluftgekühlten Theken lassen sich Waren sehr viel höher stapeln als in Theken mit Kontaktkühlung. In Deutschland erwarten die Kunden volle Auslagen. Die damit verbundenen Stapelhöhen können mit einer Kontaktkühlung nicht ausreichend gekühlt werden.
LEDs sind ein Top-Messethema. Energieverbrauch und geringe Wärmeabstrahlung machen sie auch für Bedientheken interessant. Können Sie den Trend bereits in Nachfrage-Zahlen fassen?
Nein, dafür ist es noch zu früh, weil Stärke, Farbe und Anmutung des Lichts für eine ansprechende Warenpräsentation noch nicht überzeugen. Hinzu kommt, dass die Anschaffungskosten noch sehr hoch sind. Aufgrund der rasanten technischen Entwicklung meiden viele Kunden auch das Risiko, später keine kompatiblen Ersatzteile zu bekommen. Schlimmstenfalls müssten dann alle Leuchten komplett getauscht werden, um eine einheitliche Optik zu gewährleisten.
LED-Licht wird oft als kalt empfunden. Wie kann man dem abhelfen?
Es gibt keine Grenzen – die Entwicklung geht immer weiter und bald wird man die Unterschiede bezüglich der Lichtfarben und der damit angesprochenen „Kälte“ nicht mehr mit dem menschlichen Auge wahrnehmen können. Schon heute ist man auf diesem Gebiet sehr viel weiter als man noch vor ein, zwei Jahren gedacht hätte.
Theke oder Selbstbedienung – wohin schlägt zurzeit das Pendel im Handel aus?
Das Pendel schlägt sehr gleichmäßig aus – mit Tendenz zur Bedientheke. Die Investitionsbereitschaft beim Thema Frische-Theken in Bedienung ist beim Lebensmitteleinzelhandel sehr hoch – und weiter steigend. Das spüren wir positiv, denn in der Frische-Inszenierung und Frische-Profilierung liegt ja unsere Kernkompetenz. Konsumenten schätzen kompetente Beratung und Bedienung sehr. Darauf reagiert der Handel natürlich, denn er kann damit das Vertrauen in seinen Markt und die Produkte stärken. Die Frische-Kompetenz des Lebensmittelhändlers kann nirgends so deutlich zum Ausdruck gebracht werden wie an der Bedientheke.
Im Außer-Haus-Verzehr steckt viel Potenzial für den Lebensmitteleinzelhandel, heisst es. Müssen Händler jetzt zu Gastronomen werden? Fehlt ihnen dafür nicht das Know-how?
„Müssen“ ist in diesem Zusammenhang vielleicht der falsche Ausdruck. Der Händler sollte sich diese Chance vielmehr nicht entgehen lassen. Die Menschen haben immer weniger Zeit und Lust zum Kochen. Zwischen Tiefkühlpizza und Burger-Fastfood steckt für den Händler viel Raum zur Profilierung. Denn: Je weniger die reine Lebensmittelversorgung Anlass gibt, einen ganz bestimmten Markt aufzusuchen, umso mehr hängt der Geschäftserfolg davon ab, dass der Händler seinen Kunden mehr Anlässe bietet, in seinen Markt zu kommen – nicht nur für den Einkauf „roher“ Lebensmittel.
Hausgemachte Frische-Convenience zum Fertigzubereiten Zuhause, Snacks to go bis hin zum Verzehr im Markt – je nach Standort ergeben sich unzählige Spielarten. Im Supermarkt befinden sich alle Zutaten zu dem, was die Menschen täglich gerne essen. Was liegt eigentlich näher, als dann auch genau dort zu essen, wo der kompetenteste Food-Experte der Gastgeber ist – der Lebensmittelhändler!
Verständlicherweise sind sich viele Händler heute noch unsicher, ob sie das Thema beherrschen können und vor allem, ob sich Außer-Haus-Konzepte rechnen. Auf der EuroShop zeigen wir, dass es geht, wie es geht und wie es sich rechnen lässt. Die Erfahrungen der Systemgastronomie helfen hier enorm weiter.
Was sind Ihre Messe-Highlights bei der EuroShop? Was erwarten Sie von der Messe?
Das Motto unseres Auftritts heißt „Fresh Food Emotions“, ein authentisches Gesamtkonzept zwischen Einkaufserlebnis, Convenience und Gastlichkeit im Supermarkt der Zukunft. Technisches Highlight ist LEHO, das radikal neuartige Wandkühlregal für drastische Energieeinsparung. LEHO ist eine Neuentwicklung unseres Hauses – und verglichen mit allem, was bisher existierte, ein technischer und funktioneller Meilenstein. Technik, Luftführung und Konstruktion wurden komplett neu aufgesetzt. Es ist die Summe vieler Details, von der besseren Isolation der Rückwand bis zum Einsatz eines extrem energiesparenden Nachtrollos.
Von der EuroShop erwarten wir viele interessante Gespräche mit unseren Stammkunden und denen, die es werden. Unser mögliches Konzept eines Zukunfts-Supermarkts gibt viel Stoff zur Diskussion.
Interview: René Schellbach, Erstveröffentlichung: EuroShop.de