Alle reden von Omni-Channel-Retailing – und das ist gut so. Wir reden von Sinnlichkeit – und das ist entscheidend. Wir alle leben in digitalen Zeiten, und von daher ist es ein geradezu zwingender Gedanke, nicht ein Gegeneinander von analog und digital zu proklamieren, sondern die Idee der analoger Erlebnisintensität mit allen nur denkbaren kommunikativen digitalen Schichten zu verweben.
Was aber bisher unterschätzt wird, ist das daraus erwachsende Anforderungsprofil an das reale Erlebnis, dass sich nur dann als interessanter und attraktiver Part in diesem Miteinander erweist, wenn es den Kunden umfassend sensoriell anspricht.
Und hier kommt das Thema Licht als der vielleicht effizienteste Wirkungsfaktor ins Spiel: durch die Vernetzung unserer Sinne kann die richtige Beleuchtung uns einen Geschmack auf die Zunge zaubern oder einen Duft in die Nase. Bei der richtigen Licht-(Farb-)Temperatur wird ein Klang wärmer, im Streiflicht eine Fläche rauer, im Lichtfokus brillanter.
Ein ganzheitlich gedachtes Retail Design teasert durch Licht eine Stimmung, ein Gefühl an – und erfüllt es dann auf der Ebene des jeweiligen Sinns.
Von daher kann es kein allgemein verstanden 'richtiges' Licht geben, sondern nur eine aus der präzisen Analyse der Markenwerte und -Botschaften erwachsende 'Lichtantwort' auf eine Raumsituation – und dies im Zusammenspiel mit allen anderen raumbildenden Komponenten und Design-Features.
Innenarchitektur hat also immer das große Ganze im Blick – und zielt dabei gleichzeitig auf eine Individualisierung und Verfeinerung, die die emotionale Verbindung zwischen Nutzer und Produkt bewirkt und die ihn fühlen lässt: hier bin ich Ich. Weil wir uns nur so als eigen und besonders empfinden.
Das Licht 'kitzelt' also etwas hervor, was nicht nur im Faktischen angelegt ist. Es lässt uns fühlen und berührt uns zutiefst, seit Urzeiten schon, in denen die Kraft des Blitzes, die Wärme des Feuers, die Vertrautheit im Kerzenlicht erlebt wurde.
Dabei gilt die Faustregel: Gutes Licht macht Räume nicht einfach hell, sondern differenziert und akzentuiert. Es lenkt bewusst die Aufmerksamkeit und fokussiert den Blick. Das steigert die Wirkung und ist, mit der damit verbundenen energetischen Optimierung, gleichzeitig ein wichtiger Beitrag zur Nachhaltigkeit. Nicht mehr Licht ist die Devise, sondern eine erhöhte Wirksamkeit der angestrahlten Flächen und Objekte gerade durch den Kontrast zum dunkleren Umfeld. Man kann also festhalten: Mut zum Schatten ist eine der Top-Empfehlungen einer wirkungsvollen Lichtplanung.
Licht wirkt auf mehreren Ebenen – fünf seien hier besonders herausgestellt. Und es ist wichtig, im Rahmen einer Lichtplanung mit allen fünfen zu jonglieren.
Das ARCHITEKTONISCHE LICHT macht den Raum stark. Es verdeutlicht die besonderen Qualitäten, die im Interior Design als Basis der Warenpräsentation herausgearbeitet wurden: eine besondere Raumhöhe beispielsweise, die Materialitäten, eine räumliche Dynamik, der Charme und das Charisma eines Ortes.
Das NATÜRLICHE LICHT (manchmal auch: das natürlich wirkende Licht) bildet den Brückenschlag zwischen außen und innen, lässt uns (soweit es die Architektur zulässt) ein Stück Natur erleben, lässt uns aber auf jeden Fall spüren, dass wir nicht im absolut Künstlichen sind, sondern in einem guten Moment des realen Lebens.
Das TECHNISCHE LICHT tritt als Leuchte völlig in den Hintergrund und leistet dabei alles, was für die Warenpräsentation wichtig ist. Es ist räumlich sehr flexibel, in der Lichtfarbe variabel, wahlweise absolut flächig oder super eng fokussiert. Leicht zu tauschende Leuchtmittel und Optiken ermöglichen dies, leistungsstarke LEDs und präzise Reflektortechnik 'zaubern' in der Hand des Planers Effekte, dramatisieren oder versachlichen, lassen die Dinge heiter wirken oder opulent.
Das ATMOSPHÄRISCHE LICHT ist untrennbar mit der Leuchte als Objekt verbunden. Wir brauchen diesen Ursprung des Lichts, um uns wohl zu fühlen - auch wenn die erzeugte Helligkeit evtl. von einer eher technischen Lichtkomponente bewirkt wird. Die Leuchte als Lichtobjekt prägt die Stilistik einer Situation, manchmal des ganzen Raums. Ungewöhnliche Anordnungen und Abweichungen von den vertrauten Klischees der Anwendung sind dabei oft wirkungsvoller als hochpreisige Leuchten.
Das VARIABLE LICHT ist noch immer nicht im allgemeinen Denken verankert. Dabei heißt Lichtplanung heute: Denken in Sets, planen in Szenen. Das ist die große Chance steuerbarer Lichtarrangements. Nicht nur die Intensität einzelner LED-Leuchtmittel lässt sich steuern, sondern auch das Miteinander der einzelnen Effekte.
Was alles in allem deutlich wird: Licht ist kein Add-On, sondern der zentrale Faktor, der einer Gestaltung zur Wirksamkeit verhilft.