Gute Architektur kann durch das richtige Licht noch besser werden. Fassadenbeleuchtung setzt außen Akzente oder ein Gebäude ist so transparent, dass die Lichtgestaltung im Inneren auch nach Außen wirkt. Gegenüber Metall, Glas, Stein und Holz hat die Lichtarchitektur einen entscheidenden Vorteil: Einmal installiert, lässt sich die Fassade ständig neu inszenieren.
Welches Gebäude soll beleuchtet werden? Das sollte die erste Frage bei der Lichtplanung sein. Bei Neubauten gehört die Lichtplanung nicht ans Ende eines Bauprojektes, sondern an seinen Anfang. Schwieriger ist es bei bestehenden Objekten. Auch die Art der Nutzung ist entscheidend: Bürogebäude stellen andere Anforderungen als der Handel. Denkmalgeschützte Häuser setzen enge Grenzen, was die Veränderung des Erscheinungsbildes betrifft. Auch die Satzungen der Städte müssen beachtet werden. Viele Kommunen wollen nicht zu einem bunten Disneyland werden und haben Beschränkungen für Lichtreklame erlassen. Werbefläche oder Fassadengestaltung – die Grenzen können fließend sein.
Die nächste Frage lautet: Welchem Zweck soll die Lichtgestaltung dienen? Geht es nur um Beleuchtung für die Verkehrssicherheit oder um das Wecken von Emotionen? Will der Auftraggeber repräsentieren oder sogar auffallen? Ist eine statische Beleuchtung geplant oder sollen unterschiedliche Lichtstimmungen möglich sein? Die Fassade wird zur Medienfassade, wenn auf der Fläche Videos oder Bilderfolgen abgespielt oder aktuelle Textnachrichten eingeblendet werden.
Weihnachtsbeleuchtung als Touristenattraktion
Emotionen wecken und auffallen – das ist ein Ziel vieler Weihnachtsbeleuchtungen. Einige große Kaufhäuser in den USA, in London oder Paris werden alljährlich in der Vorweihnachtszeit zur Touristenattraktion. Die Menschenmassen vor den Häusern zeigen, dass die Passanten sich für das Besondere begeistern können – jedenfalls solange es etwas Besonderes ist. Würde jeder Händler so aufrüsten wie Saks in New York oder Macy's in Philadelphia, dann wäre es rasch vorbei mit dem Glamour. Die Menschen würden die Reizüberflutung beklagen. Bei Youtube wirken die Aktionen noch lange nach: Viele tausend Klicks erzielen gelungene Videos. Macy's erzeugte die Weihnachtsstimmung zwar im Inneren eines großen Stores. Die Wände des historischen Gebäudes lassen aber ahnen, welche Wirkung in einer Fußgängerzone möglich wäre.
Lichtdesign in der Stadt
Licht prägt das nächtliche Gesicht unserer Städte seit einem Jahrhundert. Jetzt steht jedoch ein Wandel an. LEDs können inzwischen Buchstaben aus Leuchtstoffröhren ersetzen. An Schaufenstern kann man leuchtende Werbung anbringen, und dennoch bleiben sie transparent. Moderne Leuchten ermöglichen gleichmäßig erhellte große Flächen. So setzt zum Beispiel in Nizza das Einkaufszentrum Nicetoile (frz. Nice und etoile, Stern) einen besonderen Licht-Akzent im Stadtbild. Die Glasfassade am Eingang wird mit varychrome-RGB-Leuchten von Erco (www.erco.com) illuminiert – die Farbigkeit lässt sich anlassbezogen variieren. Dabei überwiegt violett, denn dieser Farbton gehört zum Corporate Design, das man überall im Haus findet – von den Säulen im Parkhaus bis hin zu Bedientheken und Sitzmöbeln. Die Farbe prägt auch die Website www.nicetoile.com.
Licht mit Fernwirkung
Anders als in der Innenstadt können große, relativ frei stehende Gebäude eine aufmerksamkeitsstarke Fernwirkung entfalten. Ein gutes Beispiel dafür ist die Bauarena in Volketswil, westlich von Zürich (www.bauarena.ch). „Alle Bauideen unter einem Dach“ – so wirbt die Bauarena um Besucher. Sie ist eine Mischung aus Kaufhaus, Ausstellung und Baumarkt, Angesprochen werden Bauexperten, professionelle und private Bauherren und Bauinteressierte. Über 100 Anbieter präsentieren ihre neusten Produkte zur Lebensraumgestaltung für jeden Wohn- und Gartenbereich.
Das Gebäude der Bauarena fällt allein durch die Größe von 25.000 Quadratmetern, verteilt auf fünf Stockwerke, auf. Die enorme Gebäudefläche wollten sich die Bauherren zu Nutze machen. Die Fassade gestaltete die Lichtplanerin Linda Bohorc des Züricher Büros Heft Hess Martignoni (www.hhm.ch). Entstanden ist eine ungewöhnliche Lichtinstallation mit 100 LED-Lichtlinien des österreichischen Unternehmens Zumtobel (www.zumtobel.com). Auf Wunsch lassen sich an der Fassade bis zu 15 verschiedene Lichtstimmungen erzeugen. Dabei wurden die roten Farbsequenzen auf das Logo der Bauarena abgestimmt.
Licht für die Außenwerbung kann zu Licht mit künstlerischem Anspruch werden. Es kommt auf die Bauherren an, ob die Menschen sich über diese Gestaltungen freuen. Nicht alles, was technisch möglich ist, gefällt auch dem Auge. In jedem Fall wird der Handel mit seinen nächtlich beleuchteten Schaufenstern und Fassaden das Gesicht der Städte weiterhin prägen.
René Schellbach, iXtenso.com