Interview • 27.03.2015
"Die Schaufenster sind unser Aushängeschild"
Interview mit Nicole Werner, Visuelle Gestalterin im Modehaus L+T
Vom Schaufenster bis hin zur Printwerbung kommt das Design im Modehaus L+T aus einer Hand. Zuständig ist dafür Nicole Werner, die für ihre Arbeit mit dem Award for Best Visual Marketing ausgezeichnet wurde. Im Interview spricht sie über kreative Ideen, erfolgreiche Planung und kontroverse Reaktionen auf interaktive Elemente im Fenster.
Frau Werner, bei L+T in Osnabrück sind Sie für die visuelle Gestaltung zuständig. Wie wichtig sind die Schaufenster für Ihr Unternehmen?
Sie sind sehr wichtig für uns. Die Schaufenster waren schon immer unser Aushängeschild. Denn sie geben den ersten Eindruck. Unsere Fassade ist sehr markant, denn nicht nur im Erdgeschoss, sondern auch in den oberen Etagen bespielen wir die Fenster thematisch passend. Bei zwölf Fenstern und einer LED-Wand gibt es dabei immer viel zu gestalten.
Wie wählen Sie Ihre Themen?
Wir dekorieren saisonbezogen. Dazu legen wir zusammen mit dem Einkauf unsere Trendthemen fest, nachdem unsere Modeinfovorträge im Haus stattgefunden haben. Diese sind auch ausschlaggebend dafür, welche Waren bestellt werden.
Wie läuft die Planung weiter?
Wir starten mit dem Schaufensterkonzept. Von Beginn an sind hier Grafiker und visuelle Gestalter mit an Bord. Aus dem Thema der Saison heraus entwickeln wir dann das Logo und die Printelemente, wobei das Eröffnungsprospekt den Look für alle folgenden Mailings bestimmt. Die Planung findet mindestens ein halbes Jahr im Voraus statt.
Welche Vorteile hat das Design aus einer Hand?
Der größte Vorteil ist der rote Faden, der sich durch alle Ebenen zieht. Das durchgängige Konzept wirkt sich auf alle kreativen Arbeiten aus. Wir haben sozusagen einen Helikopterblick. Das diesjährige Herbstkonzept findet sich beispielsweise in den Schaufenstern, Werbematerialien und auf der Internetseite wieder. Unter dem Titel "Herbstepoche" ist dabei ein Gemälde von Rubens mit orange- und goldfarbenen Herbsttönen das durchgängige Motiv. Ein weiteres wiederkehrendes Element sind Papiertüten, die dieses Motiv und unser Logo abbilden.
Wovon lassen Sie sich inspirieren?
Von der ganzen Welt. Ich erhalte viele Newsletter und bin eine leidenschaftliche Zeitungsausreißerin ̶ alle Ideen stelle ich meinen Moodboards zusammen. Vor allem spielen Modemessen bei mir eine große Rolle. So entstand bei mir beispielsweise im Herbst die Idee zu den Strukturen, die sich im Material der Papiertüten wiederfindet.
Sie trauen sich auch an neue Technologien im Schaufenster heran.
Ja, zum einen haben wir eine komplette LED-Wand. Dort zeigen wir ganz unterschiedliche Dinge – mal kann das ein Kurzfilm über unsere Mitarbeiter sein, das Rubensbild in etwas modifizierter Form oder Einblicke in unser Prospekt.
In einem anderen Fenster hatten wir einen Monat lang einmal Augmented Reality-Elemente im Einsatz. In einem komplett weißen Schaufenster präsentierten wir dazu einen so genannten Marker, beispielsweise eine Blume. Die Kunden konnten mit dem Smartphone auf die Blume zeigen und ̶ wenn sie wollten, auch angepasst an ihr Geschlecht ̶ über einen eingebundenen QR-Code im Store eine App herunterladen, mit der sie ihr gewünschtes Schaufenstermotiv auswählen konnten. Dieses erschien dann auf ihrem Display. Sie bestimmten also, was sie sehen wollten ̶ beispielsweise die Blume in einer natürlichen oder surrealen Umgebung.
Wie kam das bei Ihren Kunden an?
Die einen waren total begeistert, die anderen völlig dagegen. Mit 1.600 Nutzern war die Reaktion auf jeden Fall sehr stark. Hierdurch konnten wir gut nachvollziehen, dass unsere Fenster betrachtet werden. Auch im Winterfenster wird wieder ein QR-Code zu finden sein, der die Nutzer auf einen Adventskalender leitet.
Welchen Tipp können Sie anderen Schaufenstergestaltern geben?
Wichtig ist, dass man den Look für die Schaufenster und die eigene Corporate Identity für seinen Standort entwickelt. Die Welt ist bunt und es gibt ganz viele Inspirationen. Schlussendlich kann jeder ein Thema auf ganz eigene Art umsetzen. Nicht einfach mit Copy und Paste, sondern mit eigener Handschrift. Das finde ich besonders spannend, denn Individualität ist entscheidend.
Interview: Natascha Mörs; Erstveröffentlichung auf EuroShop.de
Themenkanäle: Ladenausstattung, Schaufenster