Investitionen im Ausland sind für die deutsche Industrie mittlerweile ein selbstverständlicher Bestandteil ihrer Geschäftsstrategie. Auch in diesem Jahr bewegt sich die Investitionstätigkeit auf hohem Niveau. 44 Prozent der Unternehmen beabsichtigen ein Auslandsengagement. Ihr Produktionskapital im Ausland erhöht sich 2012 um 70 Milliarden Euro. Neben Unwägbarkeiten wie der europäischen Schuldenkrise und einer langsameren Gangart der Weltwirtschaft haben die Unternehmen in immer mehr Staaten weltweit mit Protektionismus zu kämpfen.
Industrie tastet sich weiter vorwärts
Viele Unternehmen wollen im Jahr 2012 neue Märkte erschließen, ohne gleich den großen Schritt zu wagen. Der Aufbau von Vertrieb und Kundendienst im Ausland gewinnt daher merklich an Bedeutung. Bei aufwändigen Investitionen in Produktionsstätten sind die Unternehmen hingegen zurückhaltender. Das überrascht nicht, weil diese mehr Kapital und damit mehr Planungssicherheit erfordern. Derzeit ist aber das wirtschaftliche und politische Umfeld von besonders großer Unsicherheit geprägt.
Neue Märkte locken – nicht nur in Asien
Die Industrie hat bei ihren Auslandsinvestitionen so viele Regionen im Visier wie nie zuvor, ohne dass die Betriebe sich aus etablierten Märkten zurückziehen. Magnet bleibt China – hier wird kräftig investiert. Auch im übrigen Asien identifizieren viele Unternehmen Märkte als Ziel ihrer Auslandsinvestitionen. Der „Heimatstandort“ Europa bleibt ebenfalls interessant: Sowohl in der EU als auch in Russland, der Ukraine, Südosteuropa sowie der Türkei wollen mehr Unternehmen investieren.
Heimatstandort profitiert
Die Erschließung neuer Märkte ist für viele Unternehmen selbstverständlich. Kostenbedingte Schwächen des heimischen Standorts spielen dagegen immer seltener die große Rolle. Insgesamt wollen die Industrieunternehmen, die im Ausland investieren, gleichzeitig auch im Inland mehr investieren und einstellen. Der DIHK rechnet daher in Deutschland 2012 mit 50.000 zusätzlichen Beschäftigen bei auslandsaktiven Unternehmen.
Wermutstropfen: Energie- und Rohstoffpreise …
Ausnahme von der Regel: Unternehmen, für die hohe Energie- und Rohstoffpreise ein gravierendes Geschäftsrisiko sind, wollen zunehmend Produktionsstätten verlagern. Betroffen sind z. B. Metallerzeuger und die Gummi- und Kunststoffindustrie. Offenbar schätzen die Betriebe an Standorten außerhalb Deutschlands die Verfügbarkeit von Energie und Rohstoffen günstiger ein. Dieser Grund dürfte auch Entscheidungen ausländischer Unternehmen beeinträchtigen, hierzulande zu investieren. Eine sichere Stromversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen und der freie Zugang zu Rohstoffmärkten bleiben Prioritäten der Unternehmen – und müssen es auch für die Politik sein.
… sowie Handelshemmnisse
Verbesserungsbedarf besteht zudem bei den Investitionsbedingungen im Ausland: Zunehmende Handelshemmnisse und vorgeschriebene lokale Produktionsanteile zwingen Unternehmen immer häufiger, Waren vor Ort herzustellen, um sie dort absetzen zu können. Beispiele: In Brasilien werden beim Import von Autos bis zu 43 Prozent Steuern fällig; im russischen Beschaffungswesen gelten Preisvorteile von 15 Prozent für Offerten lokaler Anbieter. Hier appelliert der DIHK an Bundesregierung und EU-Kommission, die verfügbaren WTO-Rechtsinstrumente stärker zu nutzen. Gleichzeitig sollten Deutschland und die anderen G8-Länder bei ihrem Gipfel im Mai dem zunehmenden Protektionismus eine deutliche Absage erteilen.