Der LoadRunner kann sich dank Künstlicher Intelligenz und Kommunikation über 5G im Schwarm organisieren und selbstständig Aufträge annehmen. Mit seiner enormen Sortierleistung ist der High-Speed-Transporter prädestiniert für den Einsatz im boomenden Online- und Versandhandel.
Die Corona-Krise hat dem Online-Handel hierzulande einen Wachstumsschub beschert. Um großen Menschenansammlungen im stationären Handel zu entgehen und die Gefahr einer Ansteckung zu minimieren, kaufen immer mehr Verbraucher im Netz. Vor allem Waren des täglichen Bedarfs wie Lebensmittel oder Drogerieprodukte werden laut einer Studie des Bundesverbands E-Commerce und Versandhandel Deutschland (BEHV) viel häufiger im Internet bestellt als vor der Pandemie.
Der Porsche für die Logistik
Um die Paketmassen zu bewältigen, wird der LoadRunner künftig eine große Hilfe für die Händler darstellen. Das fahrerlose Transportfahrzeug wurde vom Fraunhofer IML in Dortmund entwickelt und kann in einer Geschwindigkeit von bis zu zehn Metern pro Sekunde Objekte sortieren und von A nach B befördern. »Die Fahrzeuge können wie ein Sportwagen beschleunigen und dringen in eine ganz neue Leistungsklasse vor«, betont Prof. Dr. Dr. h. c. Michael ten Hompel, geschäftsführender Institutsleiter des Fraunhofer IML. Für ihn ist der LoadRunner ein »zentraler Mosaikstein für die Logistik von morgen«.
Organisation im Schwarm
Der Transportroboter arbeitet in einem Schwarmsystem. Grundlage hierfür war ein Drohnenschwarm, den die Forschenden des Fraunhofer IML zuvor entwickelt hatten. Dabei imitieren 20 Drohnen das Verhalten eines Vogelschwarms. Die einzelnen Drohnen orientieren sich am Verhalten ihrer Nachbarn und passen ihre Flugrichtung und Geschwindigkeit laufend an. Kollisionen werden vermieden, Gruppen gebildet und aus den Wechselwirkungen der individuellen Entscheidungen entsteht eine Schwarmintelligenz, die keine zentrale Koordination benötigt. Das Schwarmsystem nutzt Verfahren simulationsbasierter Künstlicher Intelligenz.
»Der LoadRunner ist mit einem omnidirektionalem Fahrwerk ausgestattet, Fahrt- und Drehrichtung sind komplett unabhängig voneinander. Somit kann sich das neue Transportfahrzeug auch während der Fahrt in jede beliebige Richtung drehen, ohne rangieren zu müssen«, erklärt Moritz Roidl, Wissenschaftler am Fraunhofer IML. Die Roboter orientieren sich mit Hilfe einer Bodenkamera an Bord. Diese Kamera erstellt 400 Bilder pro Sekunde vom zuvor eingelesenen Untergrund. Dadurch kann sich das Fahrzeug auch bei hoher Geschwindigkeit in engen Formationsfahrten genau lokalisieren.
Als einzelnes Fahrzeug ist der LoadRunner in der Lage, Pakete bis zu einem Gewicht von 30 Kilogramm zu transportieren und sortieren. Ideal also für Gepäckstücke an Flughäfen. Bei schwereren Objekten arbeiten die KI-Flitzer im Verbund und ermöglichen dadurch auch den Transport von großen und sperrigen Objekten. Dabei kann jeder LoadRunner zusätzlich bis zu vier passive Anhänger ankoppeln. Vier Elektromotoren treiben den LoadRunner an. Um die transportierte Last abzugeben, bremst das Fahrzeug kurz vor dem Ziel im richtigen Moment ab. Dadurch rutscht das gelieferte Objekt vom Roboter auf die Abgabefläche.
13 000 Sendungen pro Stunde
Das Fraunhofer IML testete den LoadRunnner für die Paketsortierung – mit ersten vielversprechenden Ergebnissen: Mit etwa 60 Fahrzeugen lassen sich 13 000 Sendungen pro Stunde abarbeiten. Damit erreichen 60 LoadRunner bereits Leistungsbereiche von klassischen Sortiersystemen. Der große Vorteil des neuartigen Transportfahrzeugs besteht darin, dass es im Gegensatz zu den konventionellen Sortiersystemen wesentlich weniger fest installierte Infrastruktur benötigt und sich schneller in Betrieb nehmen lässt.
KI-Flitzer bearbeitet Aufträge selbstständig
Dank Künstlicher Intelligenz kann der LoadRunner selbstständig Aufträge annehmen und abarbeiten. Auch deshalb ist das Fahrzeug eine Revolution für die Logistik. Die LoadRunner sollen in Zukunft über 5G sicher kommunizieren und mittels Blockchain eigenständig Pay-per-Use-Verträge abschließen.
Am Fraunhofer IML wird das Transportfahrzeug aktuell weiterentwickelt. Derzeit arbeitet man an der Umsetzung eines Outdoor-LoadRunners. »Durch die 5G-Technologie kann das Fahrzeug ebenso im Außenbereich eingesetzt werden. Auf technologischer Basis des Indoor-LoadRunners könnte sich der Outdoor-LoadRunner per Mobilfunk beispielsweise auf einem Firmengelände zwischen den Lagerhallen bewegen«, sagt Moritz Roidl.