Das richtige Store-Format nutzen
Flagship-, Concept- und Pop-up-Store: eine Unterscheidungshilfe
Selbst Profis aus dem Handel ist oft nicht klar, welche Bezeichnung eigentlich für welche Art des Shops steht. Dabei können die einzelnen Formate durch eine wohl definierte Zielgruppe, das passende Design und ein schlüssiges Sortiment voneinander abgegrenzt werden und so eine immense Wirkung erzielen.
Eine Definition der einzelnen Shop-Formate ist schnell gemacht. Allerdings müssen sich Händler dabei vor Augen führen, dass es dem Kunden ziemlich egal ist, in welcher Art von Laden er gerade steht. Allein der Eindruck, den er beim Einkauf hat, ist das, was er von seinem Besuch in Erinnerung behält.
Silvia Talmon von der Retail Academy in Köln trennt die Sicht des Händlers von der des Kunden und betont: "Der Kunde selbst weiß heute, dass - selbst wenn er einen Artikel nicht in allen Farben auf der Verkaufsfläche vorfindet - er diesen auch online bestellen kann. Entweder direkt im Shop über einen Touchscreen oder übers Internet."
Da heißt es für den Händler also, das Profil zu schärfen und sich gut zu überlegen, welche Botschaft ein Shop vermitteln soll. Deshalb rät Talmon, sich folgende Fragen zu stellen: Was will ich mit meinem Shop bewirken? Will ich meine Marke inszenieren oder möchte ich möglichst viel Ware auf möglichst wenig Verkaufsfläche anbieten, um den größten Gewinn zu erzielen?
Wenn diese Fragen beantwortet sind, lassen sich mit dem Design und vor allem dem gesamten Konzept des Stores marketing- und verkaufstechnisch geplante Ziele erreichen. Und die sind sehr unterschiedlich, wie die folgende Übersicht zeigt.
Der Flagshipstore: Eine einzelne Marke wird inszeniert
Dieses "Flagschiff" eines Unternehmens legt den Fokus auf die Marke und nicht auf den Vertrieb. Der Umsatz pro Quadratmeter spielt hier deshalb kaum eine Rolle. So steht hier extrem wenig Ware auf extrem viel Platz. Das ZieL: Dem Kunden darf ruhig einmal der Mund vor Staunen offen stehen bleiben. Die Geldbörse dagegen lässt er hier eher geschlossen. Der Wert liegt schließlich auf dem Erleben und der Atmosphäre, mit der die Markenbotschaft vermittelt werden soll - ein fast reines Werbetool.
Von diesen Vorzeigeprojekten haben große Marken allerhöchstens drei. Denn sie sind kostspielig, da sie mit in exorbitanter Lage und mit riesiger Verkaufsfläche ausgestattet sind. Das Design ist hier ein grundlegendes Element, um Eindruck zu machen, das Logo ist häufig der Mittelpunkt des Stores, frontal an der Wand angebracht. Spielflächen zum Erfahren und Ausprobieren, wie beispielsweise ganze Fußballfelder oder Schwimmbecken, gibt es dort.
"Ich vergleiche diese Stores mit einem Messestand, der die Marke repräsentiert, nicht aber große Gewinne erzielen muss", veranschaulicht Silvia Talmon. Marken wie Puma treiben diese Art der Präsentation auf die Spitze, wenn sie beispielsweise das Logo als überdimensionalen Mittelpunkt mit nur wenigen Schuhmodellen umgeben. Im Zara Flagshipstore in Hamburg dagegen ist vor allem der Platz der große Unterschied zu den herkömmlichen Stores. Hier hat der Kunde viel Platz, die Mode, die schon in Clustern zusammengestellt ist, weiträumiger zu betrachten.
Der Pop-up Store: Für einen kurzen Zeitraum viel Ware auf kleinem Raum
Dieses Shopformat ist so ziemlich das komplette Gegenteil des Flagshipstores. Für einen kurzen Zeitraum, der sich heute zwischen wenigen Tagen bis hin zu einem Jahr erstreckt, wird hier auf kleinem Raum viel Ware angeboten. Auch in leer stehenden Geschäftsräumen oder an recht ungewöhnlichen Orten werden die kleinen Shops errichtet. Geringe Kosten und ein hoher Absatz sind der Kern dieses Formats.
Hier darf sich das Kreativteam eines Unternehmens so richtig ausstoben, diesen Shop zu etwas komplett anderem zu machen als die übrigen Stores der Marke. Die lassen sich nämlich nicht mal eben neu inszenieren, denn ein komplett neues Design für die festen Shops auszurollen ist ein viel zu großer Aufwand. "Häufig bestechen die Pop-up Stores durch ihre Coolness. Ein Industrielook, der sehr temporär wirkt, spielt dort mit hinein. Auch im Sortiment können Händler Experimente wagen und Sonderserien testen", beschreibt Talmon.
Der große Vorteil: Werbekosten gehen bei dieser Form gegen Null - denn Mund-zu-Mund-Propaganda soll die Kunden anlocken. Talmon ergänzt: "Das kurzfristige Bestehen führt dazu, dass die Kunden das Gefühl bekommen, etwas zu verpassen, wenn sie nicht hingehen."
Spannende Beispiele für dieses Shopformat sind ein H&M-Pop-up Store, der für kurze Zeit an einem Strand errichtet wurde. Der Look: wie eine Holzkiste. Das Sortiment: Eine überwiegend in blau gehaltene Sommerkollektion. Sehr simpel und durch den direkten Bezug zum Thema auch außerordentlich praktisch für Kunden, die vielleicht ihren Bikini vergessen hatten. Auch Adidas hatte ein besonders auffällige Idee: Ein Pop-up Store im Design eines Schuhkartons im hauseigenen Markendesign. Die Aufmerksamkeit der Passanten war riesig.
Der Concept Store: Zahlreiche Marken gebündelt unter einem Konzept, einer Geschichte
"Die Concept Stores sind die moderne Form eines Department Stores", erklärt Talmon - eine Mischung aus Warenhaus und Boutique. In einem Concept Store werden ganz viele unterschiedliche Marken zusammengestellt, die zusammen eine "Geschichte" erzählen. Damit steht hier besonders im Vordergrund, die Zielgruppe genau zu kennen. Nur so kann die Story auch zum gewünschten Verkaufserfolg führen. Häufig werden Produkte wie Mode, Wohnaccesoires, Bücher und Lebensmittel zusammen angeboten.
Silvia Talmon beschreibt: "Die Wünsche der Zielgruppe - ob luxus- oder sportorientiert - sind Zentrum der Story. Das Erscheinungsbild der Stores wechselt ständig, das Sortiment ist flexibel und ungewöhnlich und überraschend." Wo das funktioniert? Beispielsweise im Apropos - The Concept Store in Köln. Unter dem Konzept "Lifestyle" werden hier edle Waren wie Mode, Schuhe und Kosmetik verkauft - eben alles, was eine bestimmte Kundengruppe interessiert.
Shopform egal - im Mittelpunkt steht der Kundenwunsch
"Die Gründe, warum Händler sich mit der Unterscheidung unterschiedlicher Shop-Formate so schwer tun, sind unterschiedlich", so Talmon. Zum sei die Vorstellung von Begrifflichkeiten auch durch sprachliche Aspekte oft einfach anders. Allein die Auffassung eines Concept Stores weicht erheblich voneinander ab. Auch in der Unternehmenshierarchie liegen die Ursprünge der Verwirrung, glaubt Talmon und ergänzt: "Hier sind häufig mehrere Personen an unterschiedlichen Stellen für die Markenentwicklung und den Verkauf zuständig. Das führt dazu, dass kein einheitliches Konzept vorherrscht." Das sei allerdings die Voraussetzung für eine punktgenaue Definition, wie ein Shop aufgestellt sein muss.
Die Frage nach der richtigen Shopform muss also ganz oben beginnen. Vor allem sollte der Kunde dabei im Mittelpunkt dieser Überlegungen stehen. "Das ist es, was viele Händler aus den Augen verlieren", betont Talmon, "Und damit geraten sie ins Hintertreffen. Egal, welche Shopform gewählt wird, sollten nämlich der Kundenwunsch und der Kundenservice im Vordergrund stehen. Die Marke ist für ihn nämlich nicht mehr räumlich begrenzt. Bestellen kann er online genauso gut."
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