Ladenbau: zweites Leben für Möbel, Materialien und Mode

Wie bei Globetrotter ein neues nachhaltiges Storekonzept entstand und was man daraus lernen kann

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Quelle: iXtenso/Laska

Der neue Re:Think-Store von Globetrotter Ausrüstung in Bonn öffnete vor Kurzem seine Türen. Das Besondere: Viele Einrichtungselemente des Vormieters wurden übernommen. Auch sonst wird Nachhaltigkeit in dem Store groß geschrieben. Die Köpfe hinter dem neuen Geschäft haben uns einen Einblick in die Entstehung und Umsetzung des Ladenkonzepts gegeben und erzählt, welche Learnings man daraus ziehen kann.  

Ein Blick in das Innere des Stores. Links Kleiderständer, rechts Treppe zur 2....
Quelle: iXtenso/Laska

Andreas Vogler, CEO Globetrotter Ausrüstung, erinnert sich daran, wie die Idee zum neuen Re:Think-Store in Bonn Schritt für Schritt entstand: „Einfach nur mit der bisherigen Filiale umzuziehen, wäre ja langweilig, deswegen wollten wir am neuen Standort auch etwas Neues ausprobieren. Zuerst dachten wir nur daran, Möbel aus dem bisherigen Bonner Store mitzunehmen. Die alte Filiale war allerdings kleiner und die Einrichtung passte nicht. Wir wollten es aber auch nicht nur 'ein bisschen machen', das wäre auch blöd. Also fragten wir die Vormieter Conrad Electronics, ob sie ihr gesamtes Mobiliar stehen lassen würden.“

Aller Anfang ist neu – auch für ein erfahrenes Team

Die Antwort von Conrad Electronics gab den Startschuss für den Re:Think Store: „Conrad war gerne einverstanden und so wurden nur die Elektrogeräte mitgenommen. Mit dem Rest – den bestehenden Materialien und Regalen haben wir den Re:Think Store umgesetzt.“

Doch wie geht man ein Storekonzept an, das es so noch nie gab? „Dieser Laden ist keine Blaupause – es war nie eine leere Filiale, in die man Regale stellt“, erklärt Vogler. „Wir hatten die Idee, aber fragten uns gleichzeitig: Wie machen wir das jetzt?“. Denn trotz des hauseigenen Know-Hows in Sachen Konzeptionierung und Visual Merchandising gab es neue Aufgaben, vor denen man schlicht noch nie stand. Die schlussrichtige Folge für Vogler und den Rest: „Wir haben mit einer externen Kreativ-Agentur zusammengearbeitet“. Die Expert*innen halfen dabei, die Message vom Ideen-Tisch in den Store zu bringen.

Impressionen aus dem Bonner Re:Think Store

Wie viel u. a. CO2 und Material die Weiternutzung tatsächlich einspart, soll von der Environmental Protection Encouragement Agency (EPEA) anhand einem Anforderungskatalog für nachhaltigeren Ladenbau neutral bewertet und transparent gemacht werden. Ergebnisse der Analyse werden für diesen Sommer erwartet. „Der Interior Circularity Passport bildet gleichzeitig eine Grundlage, damit wir unsere Nachhaltigkeitsleistung im Ladenbau auch perspektivisch weiter verbessern können,” so Fabian Nendza.

Ein Konzept, das der Kundschaft Nachhaltigkeit kommuniziert

Die erste Herausforderung stand dabei buchstäblich am Anfang, nämlich im Eingangsbereich des Stores: „Wir wollten, dass die Kundschaft, bevor sie hereinkommt, direkt versteht, was hier das Besondere ist“, sagt Vogler. Mit eindeutigen Statements und Erläuterungen soll klar werden: Globetrotter steht für Nachhaltigkeit, unterstützt Ressourcenschonung und spart Energie. Hier wendet Vogler ein: „Die Lichtanlage ist als einziges Element wirklich neu. Da macht es keinen Sinn an Altem oder an Secondhand festzuhalten. Hier haben wir auf Modernität gesetzt, um möglichst energieeffizient zu sein.“

Ausstattung: Möbel und Materialien weiter nutzen

Den Infos folgen auf zwei Etagen jede Menge Beispiele für die Weiterverwendung von gebrauchten Materialien: Den Anfang macht ein aus Blechen der alten Conrad-Filiale gestalteter Bär eines Berliner Künstlers. Weiter geht’s mit Patchwork-Wänden aus alten Materialien wie den Dielenböden der bisherigen Bonner Filiale: „Der Boden musste dort im Rahmen der Rückgabeverordnung raus und hat hier als Teil der Wandverkleidung ein neues Leben bekommen“, erklärt Mareike Heubel, Head of Visual Merchandising bei Globetrotter. Der graue Conrad-Teppichboden wurde neu aufbereitet. Bügeleisenhalter dienen jetzt als Halterung für Mützen und Helme. Elemente, die zuvor Staubsauger in Szene setzten, tun dies nun mit Rucksäcken.

Auch in den eigenen Globetrotter-Reihen fragte man, was nicht mehr gebraucht wurde und so finden sich nun Warenträger aus Köln und anderes Inventar aus München oder Stuttgart in Bonn. Gleiche Anforderungen wurden auch an Markenpartner wie Icebreaker oder Rab gestellt, die mit ihren Shop-In-Shop-Lösungen im Store vertreten sein wollten. Und Heubel stellt klar, auch das war nicht einfach, denn „eine Marke möchte natürlich das Neuste zeigen und nicht etwas Altes“. Aber wer dabei sein möchte, musste sich der Herausforderung stellen und das hat geklappt. „Jeder hat gesagt, ihr seid verrückt, aber wir machen mit.“ Die Rückwand, die vorher schon in einem Intersport-Geschäft stand, ziert nun die Icebreaker-Ecke im Globetrotter. Rab nutzte unter anderem Teile eines bereits gebrauchten Messestands für seine Präsenz.

Ein Schild mit der Aufschrift Das Regal ist doch noch gut neben einem...
Quelle: Katja Laska / iXtenso

Upcycling ist etwas Exklusives

In der filialeigenen Werkstatt werden gebrauchte Regenjacken, Zelte und Co. fachgerecht repariert und gepflegt. Das Konzept spiegelt sich auch im Sortiment des Stores wider: „Wir haben Bock auf Produkte, die den Nachhaltigkeitsgedanken schön transportieren. Da bieten wir hier auch gerne eine besondere Präsentationsfläche“, erzählt Heubel. So gibt’s in Bonn jetzt Einkaufstaschen aus den Resten einer Hängemattenproduktion. „Upcycling sehe ich als etwas Exklusives, es ist nicht planbar, was dabei herauskommt und somit ist es keine Massenware. Da sind wir gerne Abnehmer und bieten unserer Kundschaft etwas Spezielles“, ergänzt Vogler. Im Secondhand-Bereich bekommt Gebrauchtes eine Chance auf neue Abenteuer: Hier können die Kund*innen nicht nur bereits genutzte Ausrüstung shoppen, sondern auch ihre eigenen, gut erhaltenen Ausrüstungsstücke direkt an Globetrotter verkaufen. Auch ein Ausrüstungsverleih ist im Store angesiedelt. „Wenn man Nachhaltigkeit unterstützen möchte, sollte man Langlebigkeit unterstützen, denn das spart Ressourcen und wenn man das Ganze der Kundschaft möglichst greifbar vermitteln möchte, ist diese Art der Umsetzung sehr schön“, meint Vogler.

Nachhaltigkeitsmanager Fabian Nendza: „Der Interior Circularity Passport macht transparent, wie die Filiale in elementaren ökologischen Leistungsbereichen abschneidet und ist gleichzeitig eine gute Grundlage, damit wir unsere Nachhaltigkeitsleistung im Ladenbau auch perspektivisch weiter verbessern können.“

Nicht aufgeben, sondern umdenken!

Was im Re:Think Store nun ein großes durchdachtes Ganzes ergibt, forderte das Team auf neue Weise: „Die Ausstattung eines Elektrofachhandels auf uns umzumünzen, war eine sehr große Herausforderung. Die Arbeit war insgesamt intensiver. Bei bisherigen Neueröffnungen wussten wir, wie groß die Filiale ist und haben mit unseren Konzeptmöbeln gearbeitet. Da ist die Planung innerhalb von zwei Wochen abgeschlossen. Alles ist Standard. Das war hier nicht der Fall – Wir mussten ständig überlegen: Wie kriegen wir die Schuhe präsentiert? Wie machen wir es mit den Rucksäcken? Was machen wir mit den Kassen? All diese Fragen wären in einem Standard-Ladenbau beantwortet gewesen“, erinnert sich Heubel. „Wir brauchten mehr Zeit, um zu überlegen, wie wir unsere Idee mit den Materialien, die uns zur Verfügung stehen, tatsächlich umsetzen.“

Doch da war noch nicht Schluss. „Wir mussten die Partner immer wieder mit ins Boot holen, aber auch unsere eigenen Kolleg*innen. Dazu gehörte beispielsweise unserem Werbemitteltechniker zu sagen: Hör mal, es darf nichts Neues sein. Auch er musste sich umstellen.“

Ladenbau: Viel gelernt, noch mehr geplant

Alle Beteiligten sind froh, sich für den ganzen Prozess neues Expertenwissen ins Haus geholt zu haben. „Die Kreativ-Agentur war sehr wertvoll. Sie haben uns geholfen Struktur in unseren Plan zu bekommen und Meilensteine für die Umsetzung zu erarbeiten. Ohne fremde Kompetenzen an gewissen Stellen wäre es wirklich schwierig geworden“, erklärt Vogler und stellt klar, dass sich Investitionen in eine (nachhaltigere) Zukunft durchaus lohnen: „Insgesamt war das Investment höher, als bei bisherigen Eröffnungen, aber wir erklären auch viel, hatten viel Unterstützung von außen. Das sind Kosten, die müssen wir für die zukünftigen Projekte so nicht mehr einkalkulieren, sondern können Erlerntes mitnehmen. Wir mussten einmal den Schritt der Investition gehen, um zu lernen und Erfahrungen zu sammeln.“ Damit möchte man auch den Branchenkolleg*innen Mut machen. „Es wäre schön eine Art Vorreiter für unsere Kolleg*innen zu sein und zeigen: Hey, es kann auch anders gehen, es muss nicht alles neu sein und man kann unbekannte Wege gehen. Das bringt Spaß mit sich und die Arbeit ist viel kreativer“, sagt Heubel. „Mittlerweile sagen wir: Wir gestalten unsere Stores nur noch so.“

Autorin: Katja Laska

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