Im Einzelhandel möchten Händler mit Videoüberwachung vor allem Diebstahl verhindern und aufklären. Aber auch im Bereich Logistik kann sie dem Handel extrem große Verluste ersparen. Um diese positiven Effekte zu erzielen, muss die gesamte Videoanlage jedoch gut geplant sein. Im Interview erklärt uns Edmund Johanns vom Systemhaus Johanns, wie er solche Projekte umsetzt und wie schnell sich auch große Investitionen schon nach kürzester Zeit bezahlt machen können.
Herr Johanns, kann ich als Händler Diebstahl tatsächlich per Videoüberwachung verhindern?
Komplett verhindern kann ich ihn nicht - das muss jedem bewusst sein. Aus unserer persönlichen Erfahrung kann eine gute Videoüberwachung jedoch bis zu achtzig Prozent der Diebstähle von vornherein abwenden. Von den restlichen zwanzig Prozent kann ich die Hälfte mittels der Aufnahmen aufklären.
Der Markt an Softwarelösungen für die Videoüberwachung ist groß. Welche Lösungen bevorzugen Händler Ihrer Erfahrung nach?
Für Händler ist die Suchfunktion entscheidend. Im Shop ist immer Bewegung - also brauche ich die Möglichkeit, bestimmte Bewegungen herauszufiltern. Fällt beispielsweise abends auf, dass eine Bohrmaschine im Regal fehlt, möchte ich eingrenzen können, was dort passiert ist. Mit bestimmten Softwarelösungen kann ich ein Fenster genau in diesem Bereich im Regal auswählen und auch den Zeitraum eingrenzen. Das minimiert den Suchaufwand immens.
Wie läuft eine Beratung und Ausstattung zur Videoüberwachung ab?
Ich sehe mir das Objekt an und finde im Gespräch heraus, wo die Schwachpunkte liegen, was soll aufgenommen werden und welche Bereiche und Ecken sind besonders wichtig. Ich kläre auf, worauf der Kunde aufgrund des Datenschutzes achten muss. Mit den Grundrissplänen und Notizen beginne ich zu planen, welche Kamera an welcher Stelle gebraucht wird. Mithilfe der Höhe, Winkel und Abstände errechnet unsere Software die benötigten Produkte. Das Ergebnis der Planung demonstriere ich dann dem Kunden und unterbreite ihm ein Angebot.
Die Kameras werden entweder von einem Fachhändler oder unserem Subunternehmen angebracht. In großen Firmen kümmern sich oft auch deren eigene Elektroabteilungen um die Installation. Wir übernehmen dann die Feineinstellungen. Die Software selbst kann ich jedem innerhalb von einer halben Stunde erklären, sodass er damit umgehen kann.
Was umfasst eine komplette Videoanlage?
Natürlich die Kamera, das Aufzeichnungsgerät und die Software. Neben den Arbeitsstationen am PC, an denen sich meist der Marktleiter die Bilder ansehen und analysieren kann, wünschen sich manche Händler auch zusätzliche Monitore mit Liveübertragung in den Shops selbst. Wichtig ist, dass die Systeme gut aufeinander abgestimmt sind. Sonst kann es schnell zu Ausfällen und PC-Abstürzen kommen.
Sie haben sich vor allem auch auf den Bereich Qualitätsmanagement in der Logistik spezialisiert. Was können Sie dort mit Videoüberwachung leisten?
Händler nutzen unser Videosystem, um zu überwachen, wie ihre Waren verladen werden. Anhand der Bildanalyse kann bei Reklamationen das Bildmaterial, das in hoher Auflösung vorliegt, dazu verwendet werden, um nachzuweisen, dass beispielsweise eine Lieferung tadellos in einen LKW verladen wurde. Kommt es dann zu Schadensersatzansprüchen, weil Ware beschädigt wurde oder gar nicht ankommt, liegt das nachweislich nicht in der Verantwortung des Händlers, sondern in der des Transportunternehmens.
Was lassen sich Händler die Überwachung kosten?
Das ist ganz unterschiedlich und hängt vom Umfang des Projektes ab. Es zeichnet sich aber ab, dass im Bereich Diebstahl und Einbruch schon stark hin- und her gerechnet wird. Im Bereich Logistik dagegen ist der Nutzen derart groß, dass hier auch gerne größere Summen investiert werden, die sich aber schon nach kurzer Zeit rechnen. Einer unserer Kunden hat kürzlich 60.000 Euro für eine Videoanlage gezahlt, die sich bereits nach drei Monaten refinanziert hat. Zuvor schickte er nämlich jedesmal eine neue Palette Ware zum Endkunden, wenn dort beschädigte Ware ankam.
Wie muss das Bildmaterial beschaffen sein, damit es vor Gericht verwendet werden kann?
Die Bildqualität muss so beschaffen sein, dass ich das darauf Abgebildete gut erkennen kann. Das kann schon bei einer guten Aufnahme mit 250 Pixeln pro Meter sein. Mit 500 Pixeln/m geht es auf jeden Fall. Bei dieser Auflösung kann ich noch besser hinein zoomen.
Wie weit geht Ihre Verantwortung in Sachen Datenschutz?
Wir müssen unsere Kunden in Sachen Datenschutz aufklären. Das bezieht sich darauf, dass beispielsweise Mitarbeiterplätze, Aufenthaltsräume und öffentliche Zonen nicht gefilmt werden dürfen. Soll im Außenbereich der Parkplatz überwacht werden, muss ich darauf achten, dass keine öffentlichen Stellen mit gefilmt werden.
Hierzu kann man einfach schon bei Einstellung des Kamerabildes über die Software Bereiche schwärzen, die nicht aufgenommen werden sollen. Nachdem uns der Kunde schriftlich bestätigt hat, dass er hierüber informiert wurde, kommt ihm die alleinige Verantwortung zu. Die Bereiche, die überwacht werden, müssen außerdem mit Schildern gekennzeichnet sein.
Gibt es in diesem Bereich auch schon einmal Diskussionen?
Nicht zwischen uns und dem Kunden. Wenn allerdings ein Betriebsrat involviert ist, der ein gewisses Mitspracherecht besitzt, finden öfters Diskussionen statt darüber, welche Bereiche gefilmt werden dürfen und welche nicht. Wir sind dann eher als Mediator tätig. Das geht mal um einen Bereich, in dem ein Angestellter auch mal rauchen geht oder mit dem Gabelstapler durchfährt. Wenn der Nutzen der Videoüberwachung für das Qualitätsmanagement des Unternehmens überwiegt, kann dies der Betriebsrat allerdings nicht von der Hand weisen. Die beiden Parteien müssen sich dann einigen. Und wenn sich gar keine Einigung finden lässt, kann ein Datenschutzbeauftragter helfen. Den können wir auch vermitteln.
Interview: Natascha Mörs, iXtenso.com