Interview • 07.01.2011
Großes Potential für Kreditkarten – besonders in Deutschland
Interview mit Peter Antl, Country Manager Germany, SIX Pay
Die SIX Group vereint Infrastrukturleistungen des Schweizer Finanzplatzes für den internationalen Zahlungsverkehr. SIX Pay ist seit Juli 2009 die Vermarktungsorganisation für Kredit- und Debitkarten-Abwicklung außerhalb der Schweiz, tätig in 29 Ländern. Verantwortlich für Deutschland ist Peter Antl. Er hofft, dass international standardisierte Verfahren wie V Pay und Maestro so attraktiv werden, dass der Handel in Deutschland nicht länger an der Insellösung ELV festhält. Viel verspricht er sich vom Bezahlen per Handy mit den neuen Smartphones, sie bieten „einen echten Fortschritt für den Konsumenten und auch für den Handel“.
Welchen Stellenwert hat der Handel?
Bei unserer Internationalisierungsstrategie steht der Handel als eine tragende Säule im Fokus unserer Aktivitäten. Wir sehen hier noch großes Potential für die Akzeptanz von Kreditkarten – besonders in Deutschland. Gleichzeitig stellen die Anforderungen des Handels einen wichtigen Beitrag für die Entwicklung weiterer innovativer Lösungen dar. Rückblickend erstreckt sich dies von der Einführung einer international einsetzbaren Kassenlösung bis zur Ausweitung der über uns abwickelbaren Kartenprodukte. In der Schweiz pilotieren wir mit dem Handel laufend neue Dienstleistungen wie zum Beispiel Mobile Couponing unter Einsatz von POS-Terminals. Das bringt mehr Frequenz in den Verkaufsraum und somit auch mehr Umsatz. Konsumenten erhalten den Coupon direkt auf ihr Handy: Das entspricht der modernen Gesellschaft, schont die Umwelt und spart Druckkosten. Und der Händler hat so die Chance, unmittelbar auf aktuelle Gegebenheiten zu reagieren, denn er kann seine Kampagne ohne lange Vorlaufzeiten initiieren. Mobile Couponing ist somit auch ein ideales Instrument zur Kundenbindung.
Wie werden Sie in Deutschland wahrgenommen?
Durch Empfehlungen zufriedener Kunden und Partner verzeichnen wir derzeit den größten Teil unseres Wachstums. Große Unternehmen, wie Deichmann und Edeka, vertrauen uns ebenso wie Händler aus dem Mittelstand. Die unabhängigen Händler mit dem Geschäft um die Ecke erreichen wir über eine wachsende Zahl an Vertriebspartnern. In den Medien möchten wir unsere Präsenz ausbauen und so sichtbarer für alle Händler werden.
Wie wird sich der Zahlungsmarkt in Europa entwickeln? Rechnen Sie mit einer Konsolidierung bei den Abwicklern?
Die Konsolidierung der Abwickler ist bereits im Gange. Wir gehen davon aus, dass wir in den nächsten Jahren in Europa zu den Top 5 gehören und unsere Leistungspalette um weitere Dienste erweitern, die dem Handel einen attraktiven Mehrwert generieren.
In Deutschland ist die Bereitschaft der Kunden zur Kartenzahlung viel geringer als in vielen anderen Ländern? Woran liegt das und was tun Sie, um die Quote zu erhöhen?
Wir Deutschen sind, wenn es um unser Zahlungsverhalten geht, nach wie vor recht konservativ. Verhaltensweisen ändern sich eher langsam und erfordern von den Kartenherausgebern zusätzliche Anstrengungen, um dem Kunden die Vorteile des Zahlens mit Karte transparenter zu machen. Bei der „Generation Golf“ und jüngeren Jahrgängen sehen wir jedoch eine Offenheit für den Karteneinsatz und auch für den Umgang mit neuen, innovativen Zahlungsmitteln.
Unsere Aufgabe besteht primär darin, für eine Infrastruktur im Handel zu sorgen, bei der die Kunden die Karte gerne einsetzen und die Gewissheit haben, dass ihre Kartendaten sicher sind. Händlern wollen wir helfen, dass sie ihren Kunden ein größeres Spektrum für den Einsatz der Karte bieten. So kann der Kunde vor Ort entscheiden, welche Karte er benutzen möchte und spürt, dass er mit seinen Karten willkommen ist.
Kreditkartenkunden geben angeblich mehr aus als andere. Können Sie dies mit Zahlen belegen?
In Untersuchungen, die Visa und MasterCard als unsere Lizenzgeber durchgeführt haben, hat sich herausgestellt, dass der Kaufbetrag bei Zahlung mit Kreditkarte bis zu 30 Prozent höher ist als mit Bargeld. Für mich ist das ein Zeichen dafür, dass die Konsumenten ihre Einkäufe auch an ihre aktuelle finanzielle Situation anpassen.
Der deutsche Handel bevorzugt das Elektronische Lastschriftverfahren (ELV) wegen der geringeren Kosten. Hat ELV trotz Sepa noch eine Zukunft?
Die Anläufe der Banken, das ELV aus dem Markt zu drängen, lassen sich über die letzten zehn Jahre verfolgen. Dem Handel ist es, in Verbindung mit ideenreichen und innovativen Anbietern bislang gelungen, daran festzuhalten. Sepa und das damit verbundene Mandat für die Einführung anderer Lastschriftverfahren betreffen neben der Kartenzahlung im Handel auch andere Branchen, die dem neuen Sepa-Lastschriftverfahren skeptisch gegenüber stehen. Inwieweit sich hier neue Konstellationen ergeben können, die das ELV am Leben erhalten, ist derzeit schwer abschätzbar. Wir bei SIX Pay setzen auf die international standardisierten Verfahren wie V Pay und Maestro. Wir bauen darauf, dass auch die Kartenherausgeber ein Interesse daran haben, diese Verfahren für den Handel als Alternative zu ELV zu positionieren.
Wie kann der Handel die Transaktionskosten bei Kartenzahlung drücken?
Die Transaktionskosten werden zu einem großen Teil von internen Abläufen beim Händler beeinflusst. Wir sehen Optimierungspotenzial beim direkten Datenabgleich zwischen unserer Gutschrift und den Kassenbelegen. Des weiteren bei der Integration der Bezahlabläufe zwischen Kasse, Terminal und Karte. Die Bundesbank verändert 2011 ihre Gebührenstruktur für die Bargeldver- und entsorgung. Damit sollten Händler auch diese Kosten den Kartenzahlungskosten gegenüberstellen. Kartenzahlungen werden in aller Regel unmittelbar zu Buchgeld, mit dem Händler direkt wieder wirtschaften können.
Welche Lösung bietet sich speziell für kleinere Händler an?
Kleinere Händler brauchen aus unserer Sicht eine bedarfsgerechte Terminallösung und einen stabilen Partner, der für reibungslose Abläufe sorgt. Desweiteren sollten kleinere Händler sich für Lösungen mit einfachen Preismodellen und fairen Vertragsbedingungen entscheiden. Nicht immer ist der auf den ersten Eindruck niedrige Preis auch der Günstigste. Wir betreiben in Deutschland kein Hardware-Geschäft, sondern fokussieren unsere Dienstleistungen auf die Zahlungsabwicklung als Acquirer.
Was erwarten Sie vom kontaktlosen Bezahlen mit der Karte?
Wir erwarten hier den Einzug des bargeldlosen Bezahlens in weitere Branchen. Gleichzeitig werden sich die Durchlaufzeiten an der Kasse beschleunigen, wenn die Suche nach Kleingeld, das Unterschreiben des Terminalbelegs oder das Eintippen der PIN entfällt. Nach ersten Umfragen in Fokus-Gruppen sind die Kunden dem kontaktlosen Bezahlen gegenüber aufgeschlossen. Durch die enge Zusammenarbeit mit Kartenherausgebern und Terminalherstellern kann die Sicherheit dieser Zahllösung garantiert werden.
Bezahlen mit dem Handy – das ist zurzeit ein Trendthema. Wann wird aus dem vagen Trend ein handfestes Geschäft? Was muss der Handel investieren?
Beim Zahlen mit dem Handy sehen wir zwei grundsätzliche Bewegungen: Zum einen das Handy als Träger der kontaktlosen Kredit- oder Debitkarte am POS. Hier kann der Handel die Infrastruktur für das kontaktlose Bezahlen mit den neuen kontaktlosen Karten ebenfalls benutzen und braucht so keine weiteren Investitionen tätigen.
Bei den Varianten, welche eine Registrierung vorsehen und dann via SMS oder andere Autorisierungswege eine Interaktion zwischen Handy und Kasse sowie möglicherweise noch einem weiteren System erfordern, sehe ich noch Entwicklungsbedarf für tragfähige Geschäftsmodelle. Smartphones wie etwa das iPhone bieten hier einen echten Fortschritt für den Konsumenten und auch für den Handel, indem sie die Zeiten des Bezahlablaufs und auch den Komfort verbessern. Tests, die vom Handel unterstützt werden, können uns zeigen, wie wir diese Zahlart weiter an den Bedarf der Konsumenten anpassen können.
Ist das Handy-Geld eine wirklich sichere Lösung für den Händler und für seine Kunden?
Die Sicherheit von Geld hängt vom Vertrauen des Händlers oder Kunden in den Herausgeber bzw. Verwalter des Geldes ab. Bei den etablierten Kartenzahlungen können sich Händler und Kunden immer auf die dahinterstehenden Banken verlassen.
Sie wickeln auch Internet-Zahlungen ab. Ist daran der Niedergang des stationären Handels ablesbar?
Der Handel im Internet wird weiter zunehmen. Wir registrieren in den letzten Monaten verstärkt, dass sich der stationäre Handel Gedanken macht und Initiativen entwickelt, um das Internet als zusätzlichen Kommunikationskanal und als Vertriebskanal zu nutzen.
Daher sehen wir es eher als ein Indiz, dass das Internet den Kinderschuhen entwachsen ist und jetzt auch bei konservativeren Häusern einen neuen Stellenwert gewinnt. Darauf sind wir vorbereitet und bieten mit unseren Partnern in Deutschland für das stationäre und Internet-Geschäft hybride Lösungen an.
Was können die EuroCIS-Besucher von Ihrem Messe-Auftritt in Düsseldorf erwarten?
Wir nutzen die EuroCIS, um mit dem Handel und unseren handelsnahen Vertriebspartnern noch enger in Kontakt zu treten. Wir zeigen aktuelle Bezahllösungen für moderne Kassensysteme und informieren darüber, wie international tätige Händler die Anzahl der Abwickler reduzieren können. Und ganz wichtig: Wir nehmen uns Zeit für die Menschen, die den Handel am Leben erhalten. Wir wollen ihre Bedürfnisse genau verstehen und stehen auch im hektischen Messegeschehen jederzeit für ein persönliches Gespräch zur Verfügung.
Interview: René Schellbach, iXtenso.com
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