Ladendiebstähle fordern den Einzelhandel, heute mehr denn je. Seit 2014 steigt die Zahl der polizeilich erfassten Fälle. Zusätzlich zeigen die Täter eine immer höhere Gewaltbereitschaft. Eine negative Entwicklung, sank die Zahl der Ladendiebstähle in den vorangegangenen Jahren doch kontinuierlich. Sicherheitsdienstleister im Einzelhandel stellt die aktuelle Zunahme der Delikte vor neue Herausforderungen.
Ein Blick in die Kriminalstatistik belegt: Für 2015 verzeichnete das Bundeskriminalamt eine Zunahme der Ladendiebstähle um 7,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr – bei gleichzeitig leicht verringerter Aufklärungsquote. Das EHI Retail Institute in Köln beziffert in seiner aktuellen Studie die durch Diebstahl bedingten Inventurdifferenzen im deutschen Einzelhandel. Für 2015 ergeben sich so Verluste im Wert von rund vier Milliarden Euro. Laut Schätzung der Studie ist dies eine Steigerung von 100 Millionen Euro im Vergleich zu 2014, im Vergleich zum Jahr 2011 sogar um 200 Millionen Euro. Mehr als die Hälfte der Inventurdifferenzen, ca. 2,2 Milliarden Euro, lassen sich den typischen Ladendiebstählen zurechnen, bei denen die Täter vergleichsweise kleine, aber teure Handelswaren entwenden. Obwohl der Einzelhandel jährlich ca. 1,3 Milliarden Euro in die Bereiche Sicherheit und Prävention steckt, geht die EHI-Studie davon aus, dass in Zukunft mit einem weiteren Anstieg dieser Delikte zu rechnen ist.
Professioneller und gewaltbereiter
Zur rein zahlenmäßigen Kriminalitätszunahme kommt eine neue Intensität der Taten: Ladendiebe treten immer gewaltbereiter auf. Die Täter verhalten sich professioneller und verüben zunehmend auch schwere Diebstähle sowie organisierte Bandenüberfälle mit massiver, körperlicher Gewalt. Der Einsatz von Pfefferspray oder Stichwaffen gegenüber Sicherheits- und Verkaufspersonal sowie Polizei ist bei weitem keine Seltenheit. Diese Entwicklungen stellen neue Anforderungen an Sicherheitsdienstleister im Einzelhandel. Zwar helfen technische Maßnahmen wie Videoüberwachung oder elektronische Sicherungen, Ladendiebstähle zu verhindern oder diese zu entdecken. Doch obwohl sich die Sicherheitstechnik stetig weiterentwickelt und in immer mehr und immer kleineren Geschäften zum Einsatz kommt, scheint sie allein nicht auszureichen. Den jährlich hohen Investitionen der Handelsbranche steht bisher Jahr um Jahr ein weiterer Anstieg der Ladendiebstähle gegenüber.
Mitarbeiterqualifikation als Schlüssel
Parallel zum Einsatz von Videoüberwachungssystemen und Co. ist es darum sinnvoll, die eigenen Mitarbeiter regelmäßig zu schulen und zu sensibilisieren. Insbesondere im Hinblick auf die steigende Gewaltbereitschaft der Täter können derartige Präventivmaßnahmen dazu beitragen, die Sicherheit insgesamt zu fördern. Empfehlenswert, aber mit zusätzlichen Kosten verbunden, ist die Einführung eines Sicherheitskonzeptes, welches auf die jeweiligen Umstände des Einzelhandelsgeschäftes abgestimmt sein muss.
Erkennbar ist, dass nicht mehr nur große Einzelhandelsmärkte oder Warenhäuser verstärkt auf den Einsatz privater Sicherheitsdienstleister setzen. Bereits kleine Einzelhandelsgeschäfte wählen mittlerweile diesen Weg, der sowohl präventiv als auch repressiv Wirkung entfaltet. Dabei ist es ratsam, auf erweiterte Qualifikationen der privaten Sicherheitsdienstleister zu achten bzw. diese sogar zu fordern. Bislang ist es für eine Tätigkeit als Einzelhandelsdetektiv gesetzlich ausreichend, eine sogenannte Sachkundeprüfung gem. § 34a GewO zu bestehen. Zusätzliche Qualifikationen beziehungswiese spezielle Weiterbildungen sind nicht erforderlich, jedoch wünschenswert.
Gezielte Weiterbildung
Auf Initiative des Einzelhandels haben der Branchenverband BDSW (Bundesverband der Sicherheitswirtschaft e.V.) sowie die Weiterbildungsgesellschaft der IHK Bonn/Rhein-Sieg mbH mit Unterstützung des EHI Retail Institute bereits 2014 die Weiterbildung zur „Sicherheitskraft im Handel“ (IHK) entwickelt. Diese zusätzliche Qualifikation zielt als IHK-Zertifikatslehrgang darauf ab, ausführlich auf die besonderen Situationen in der Tätigkeit als Warenhausdetektiv einzugehen und vor allem sicherheitsspezifische Aspekte praxistauglich zu vermitteln. Unabhängig von diesem speziellen, derzeit nicht vorgeschriebenen Zertifikatslehrgang, ist es sinnvoll, einen privaten Sicherheitsdienstleister zu beschäftigen, dessen Mitarbeiter zusätzliche Qualifikationen im Bereich Deeskalation, interkulturelle Kompetenz und Kommunikation besitzen. In den beiden letztgenannten Bereichen ist es derzeit mit relativ geringem tatsächlichen und finanziellen Aufwand möglich, eine zweckmäßige berufliche Weiterbildung und damit eine höhere eigene Qualifizierung zu erlangen. Alternativ kann für den Aufgabenbereich des Einzelhandelsdetektivs auch eine Fachkraft für Schutz und Sicherheit zum Einsatz kommen. Darüber hinaus sollte der gewählte Sicherheitsdienstleister einen Qualitätsstandard, zum Beispiel in Form der ISO 9001, DIN 77200 oder anderer Zertifizierungen, nachweisen können. Eine Kooperation mit Organisationen wie den Industrie- und Handelskammern, der Vereinigung für die Sicherheit der Wirtschaft e.V. (VSW), dem BDSW oder anderen Sicherheitsverbänden ist zusätzlich begrüßenswert.