Mehr Umsatz mit mehr Datenschutz
Der Einzelhandel arbeitet fieberhaft daran, seine Systeme anzupassen
Ab dem 25. Mai 2018 gilt EU-weit die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die die Verarbeitung personenbezogener Daten neu regelt. In Deutschland wird dies bis zum Stichtag nach eigenem Bekunden allerdings nur 58 Prozent der Anbieter vollumfänglich gelingen. Davon unabhängig sind den Verantwortlichen die Chancen und Risiken der neuen Vorschriften durchaus bewusst. Sie hoffen auch auf einen Umsatzeffekt durch eine weitere Personalisierung ihrer Angebote.
Daten sind längst nicht mehr nur im Silicon Valley das Lebenselixier: Vielmehr sehen sie 78 Prozent der Einzelhändler ebenfalls als wichtige oder sogar entscheidende Einflussgröße für ihr Geschäft. Dies ergab eine Umfrage der Strategieberatung Oliver Wyman unter mehr als 220 Händlern in Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Die Datenschutz-Grundverordnung genießt schon daher ihre besondere Aufmerksamkeit.
Allerdings haben viele Unternehmen die Komplexität der Umsetzung der neuen Regeln offenkundig unterschätzt: Ab dem Stichtag laufen nach eigener Einschätzung erst bei 52 Prozent der befragten Unternehmen sämtliche Prozesse vollkommen regelkonform; in Deutschland sind es immerhin 58 Prozent. Viele Einzelhändler nähern sich aber mehr oder weniger der Zielgerade; in Deutschland hinken lediglich 15 Prozent hinterher.
Ein neues Kapitel in der Beziehung zwischen Handel und Verbraucher
Die neuen Vorschriften sieht die Mehrzahl gleichermaßen als Chance und als Risiko; in Deutschland stimmten 68 Prozent dieser Aussage zu. Neuen Hürden wie der Anforderung, dass Verbraucher einer Nutzung ihrer Daten zustimmen müssen, stehen Chancen aus deren Verarbeitung gegenüber. Oliver Wyman-Partner Rainer Münch erklärt: "Die DSGVO löst ein Nachdenken über die Beziehung zwischen Händlern und Verbrauchern aus. Wenn es Unternehmen richtig anpacken, können sie das Vertrauensverhältnis zu ihren Kunden stärken und wesentlich besser als bislang auf ihre individuellen Bedürfnisse eingehen."
Die Mehrzahl der Einzelhändler weiß um diese Chancen: Das gilt allen voran für die bessere Personalisierung von Produkten und Services, aber auch für eine denkbare neue Rolle als unternehmensübergreifender "Broker" oder Aussteller von "Datenpässen". 69 Prozent der befragten deutschen Händler haben bereits eine Strategie, wie sie die Chancen der regulatorischen Veränderung nutzen werden. Alle Befragten eint die Hoffnung auf steigende Umsätze, die im Zuge der geplanten Veränderungen realisiert werden können. Lediglich 12 Prozent der deutschen Händler sehen dagegen keinerlei positive Umsatzauswirkungen.
Wer Daten bei seinem Einzelhändler belässt, wird belohnt
Die entscheidende Voraussetzung für den erhofften Umsatzschub ist das Einverständnis der Verbraucher. Und genau hier liegt das zentrale Risiko: Knapp zwei Drittel der Befragten in Deutschland sehen die Möglichkeit von Verbrauchern, ihre Daten an Wettbewerber zu übertragen, als erhebliche oder sogar große Bedrohung. Stand heute gehen sie aber davon aus, dass nur wenige Verbraucher tatsächlich Daten transferieren, ihre Löschung verlangen oder Einsicht fordern werden. Damit sich daran nichts ändert, haben nahezu alle Einzelhändler ihre Datenstrategie überarbeitet. Im Mittelpunkt stehen strenge Vorschriften zum Schutz der Kundendaten sowie deren Anonymisierung.
Münch erklärt:
"Der Einzelhandel hat die Zeichen der Zeit verstanden. Wer die Daten von Kunden nutzen will, muss sie wie seinen Augapfel schützen."
Jede Nachlässigkeit könnte verheerende Folgen haben; die aktuelle Diskussion um Facebook ist ein warnendes Beispiel. Nach dem Motto "Tue Gutes und rede darüber" planen nahezu alle Handelsunternehmen, ihre Kunden über die neuen Vorschriften im Umgang mit Kundendaten aufzuklären; noch haben damit in Deutschland allerdings erst 42 Prozent begonnen.
Münch empfiehlt mehr Aktivitäten: "Je transparenter Einzelhändler mit diesem Thema umgehen, desto gelassener dürften Verbraucher auf eine stärkere Nutzung von Daten zur Personalisierung der Angebote reagieren." Und dies sei nicht nur der Schlüssel für die erhofften Umsatzzuwächse. "Ein reibungsloser Datenfluss entscheidet genauso wie ein reibungsloser Warenfluss über den Erfolg von Einzelhändlern im 21. Jahrhundert."
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