Der Markt für Digital Signage verdoppelt sich jedes Jahr. Hohen Investitionskosten stehen Skepsis, unrealistische Erwartungen und unerwartete technische Probleme gegenüber. Vorreiter sind Korea und Japan. In Deutschland steht der Boom erst noch bevor. Im LEH wird die TK-Abteilung sicher keine Vorreiterrolle spielen.
Solange die Technik noch neu ist, fällt sie den Verbrauchern auf. Entsprechend verzeichnet der Handel bei Tests oft Umsatzsteigerungen deutlich über zehn Prozent. Wie jedoch geht es weiter? Werden sich die Konsumenten daran gewöhnen? Werden sie die Technik akzeptieren oder die Reizüberflutung beklagen? Die Anbieter der Technik und der möglichen Inhalte verbreiten Optimismus.
Digital Signage entwickelt sich zu einem neuartiges Out-of-Home-Informationsmedium mit vielen Einsatzgebieten. Funktechnik und Batterien ermöglichen die kabellose Anbindung an einen zentralen Server. Die Inhalte werden mittels Redaktionssystemen und Abspiellisten gesteuert. Die Nutzer sehen in der Regel nur das Public Display, den speziellen Monitor.
Plakate und Preisschilder
Der Handel hat bereits Erfahrung mit visueller Werbung. Plakate und Preisschilder sind seit Jahrzehnten ein gängiges Informationsmittel für die Kunden. Geändert hat sich die Technik. Selbst Plakate können heute in den Filialen farbig gedruckt werden. Auch die Darstellung von Produktfotos ist möglich. Besonders im LEH mit seinen rasch wechselnden Angeboten kommt es darauf an, dass die Preise auf Plakaten und Regaletiketten mit den Summen an der Kasse übereinstimmen. Während in der Gemüse-Abteilung in der letzten Stunde vor Geschäftsschluss Preise reduziert werden, um Abschreibungen zu vermeiden, herrscht in der TK-Abteilung mehr Kontinuität.
Damit entfällt für die eisgekühlten Produkte ein wichtiges Argument für die Einführung von Digital Signage. Denn mit Bildschirmen lassen sich Preise per Knopfdruck im gesamten Markt ändern. Ein weiteres Argument besticht jedoch auch bei Pizza & Co. Die Monitore können mit emotionalen Bildern oder Action-Szenen beim Kunden Wünsche wecken und Kaufanreize geben.
Instore TV: Edeka Nordbayern startet Projekt
Im LEH steht der großflächige Durchbruch von Digital Signage noch aus. Hierzulande gibt es einige Pilotprojekte und ein paar Vorreiter. So baut Viewento die Partnerschaft mit Edeka in Sachen Digital Signage aus. Im Mai hat Edeka Nordbayern mit der 40-Mann-Firma aus Hamburg einen Rahmenvertrag für die selbständigen Edeka-Kaufleute abgeschlossen, die ihren Kunden Ladenfernsehen bieten wollen. Viewento übernimmt Beratung, Projektierung, Systemintegration, Content-Produktion sowie Betrieb, Supporting und Reporting. Für die Werbe-Vermarktung ist exklusiv die Agentur Poscomm verantwortlich, die von zwei ehemaligen Spar-Managern geleitet wird. Schon in den bisherigen Märkten habe man mit der Nielsen-Marktforschung Umsatzsteigerungen von durchschnittlich 15 Prozent nachgewiesen.
Der Einstieg in Digital Signage will gut überlegt sein. Die Technik ist aufwändig, die Kosten müssen sich irgendwann rechnen. Gut gerüstet ist, wer sich vor dem Start die entscheidenden Fragen stellt. Wer ist die Zielgruppe? Wie reagiert sie auf die neue Technik. Welche Produkte werden verkauft? Lassen sich die Angebote gut in Bildern darstellen?
„Content is King“, lautet das Motto bei Digital Signage. Egal ob große Bildschirme über der Truhe oder kleine Displays an der Bedientheke – notwendig sind Inhalte für viele Programmstunden. Notwendig ist eine Datenbank mit Produktbildern, Imagefotos, Präsentationen und Videos. Diese können von den Produktherstellern, Verbundgruppen oder Bilddatenbanken kommen. Wer News, Wetterberichte, Börsenkurse oder Sportergebnisse einblenden will, braucht einen Nachrichtenlieferanten.
TK-Hersteller warten ab
Wir haben die Hersteller von Tiefkühlprodukten nach Digital Signage gefragt. „POS-TV ist ein zukunftsträchtiges Tool, das in anderen Branchen, insbesondere der Unterhaltungselektronik, bereits weiter verbreitet ist“, sagt Martina Sandrock, Vorsitzende der Geschäftsführung von Iglo in Deutschland. „Für den TK-Bereich gilt es noch zu erforschen, wie wir den interessierten Shopper vor Ort mit relevanten Informationen über die Warengruppe und unser Angebot einfach, schnell und verbrauchergerecht informieren können.“ Ähnlich sieht man es auch bei Dr. Oetker. Auf Anfrage erklärt Birgit Kopera, Leiterin Marken- und Produkt PR: „In unserer derzeitigen Kundenansprache am POS wird dieses Instrument nicht eingesetzt. Wir schließen jedoch den Einsatz von Bewegtbildern am POS für die Zukunft nicht aus. Wenn konkretere Ergebnisse über die Effizienz und Wirksamkeit vorliegen, werden wir dieses Tool in unserer Planung auch stärker in Betracht ziehen.“ Ähnlich ist das Meinungsbild auch bei Frosta, jenem TK-Hersteller der vor fünf Jahren mit der Einführung eines Firmenblogs Vorreiter bei der Internet-Kommunikation war. Dieses Bild vervollständigt das Deutsche Tiefkühlinstitut als Vertreter der Tiefkühlwirtschaft. „Jetzt ist erst einmal der Handel am Zuge. Er muss entscheiden, ob er die neue Technik will“, meint Pressesprecherin Carola Herckelrath.
Vorerst keine Werbe-Einnahmen
Nicht nur im TK-Segment warten die Hersteller ab. Viele Hoffnungen auf Werbeeinnahmen haben sich für den Handel bislang nicht erfüllt. Werbeagenturen vermissen noch immer verlässliche Zahlen zur Reichweite. Realistischer ist bislang der Ansatz, die Kosten durch vermehrten Abverkauf zu decken. Allerdings kann auch ein Imagegewinn ins Kalkül einbezogen werden. Die Anfangsinvestitionen sind jedoch sehr hoch. Wenn der Handel anfragt, werden die Hersteller gern Produktbilder liefern, einige haben auch Video-Material, das über die jeweils aktuelle Fernsehwerbung hinaus geht.
René Schellbach, InterCool.de