„Shoppingcenter-Architektur muss Service- und Wohlfühlfaktor sein“

Interview mit Dr. Karl Reinitzhuber, Co-CEO der mfi Management für Immobilien AG

Dr. Karl Reinitzhuber: Das Leitmotiv ist, dass Kunden sich zu Hause fühlen und...
Dr. Karl Reinitzhuber: 'Das Leitmotiv ist, dass Kunden sich zu Hause fühlen und inspiriert werden sollen.'
Quelle: mfi Management für Immobilien AG

Shopping Center-Betreiber stehen heute genau wie alle anderen Händler vor der Herausforderung, dem Kunden ein besonderes Einkaufserlebnis zu bieten, um sich gegen die wachsende Konkurrenz des Online-Handels durchzusetzen. Daher muss auch die Architektur entsprechend gestaltet sein, um den Wohlfühlfaktor und damit die Verweildauer der Kunden im Center zu erhöhen. Im Interview spricht Dr. Karl Reinitzhuber, Co-CEO der mfi AG über die Rolle der Architektur für den Erfolg eines Shopping-Centers sowie ganzheitliche Serviceangebote für die Kunden.

Herr Dr. Reinitzhuber, wie hat sich die Architektur von Shopping Centern in den vergangenen Jahren verändert?

Reinitzhuber: Die Architektur von Shoppingcentern folgt Trends, wie im Übrigen die Architektur generell. Dabei lassen sich die von uns beauftragten Architekten gerne von Museumsfassaden inspirieren. Diese spiegeln oft den aktuellen Zeitgeist wider, besonders was die Auswahl an Materialien angeht. Seit einiger Zeit sind zum Beispiel Fassaden aus Glas und Blech en vogue. Ein prominentes Beispiel aus jüngerer Zeit ist das Porsche Museum in Stuttgart.

Allerdings unterliegen wir dabei natürlich mehr Restriktionen. So müssen wir zum Beispiel Rücksicht nehmen auf das innerstädtische Umfeld. Und wir müssen so bauen, dass unsere Mieter optimale Bedingungen vorfinden. Auch hier haben sich die Vorstellungen geändert. Früher waren zum Beispiel die Fassaden der Läden einer Ladenstrasse alle in einer Reihe. In neueren Centern wie in den Pasing Arcaden können die Mieter sie flexibel gestalten, zum Beispiel etwa anderthalb Meter in die Mall hineinbauen. So entsteht mehr Abwechslung. Das Center wird für Besucher interessanter.

Viele Kunden finden Shoppingcenter weniger interessant als Online-Shopping. Wie reagieren Sie als Betreiber konkret, damit sie nicht noch mehr auf den Online-Handel ausweichen?

Reinitzhuber: Der Onlinehandel ist Realität und er wird noch zunehmen. Aber Fernbeziehungen sind doch selten optimal – weder privat noch geschäftlich. Wer am Computer sitzt und bestellt, erlebt nichts. Wir müssen dafür sorgen, dass die Kunden unserer Mieter sich in den Centern wohlfühlen, dass der Aufenthalt dort ein Erlebnis wird, das über das reine Shopping hinausgeht. Früher war das Ziel, dass die Besucher möglichst schnell die einzelnen Läden aufsuchten und dann das Center wieder verließen.

Heute ist das Ziel von Centerbetreibern und ihren Mietern, dem auch die Architektur folgt, dass sich die Besucher möglichst lange im Center aufhalten. Es soll als eine Einheit betrachtet werden, wo man verschiedene Freizeitaktivitäten betreiben kann. Und vor allem muss der Service in den Centern stimmen – von den Händlern und Gastronomen ebenso wie von mfi als Centerbetreiber.

Hierfür haben wir unser 4-Sterne-Service-Konzept entwickelt, das sich an den Qualitätsparametern der Hospitalitybranche, konkret an dem Serviceanspruch von Viersternehotels, misst. Jedes Center, das diesen Anspruch erfüllen will, muss einen umfangreichen Katalog an Voraussetzungen erfüllen, was von einem externen Institut überprüft wird. Das ist ein bislang in unserer Branche einzigartiges Konzept. Zusammenfassend kann man sagen: Die Architektur muss einer der Service- und Wohlfühlfaktoren im Center sein.

Können Sie hierfür Beispiele nennen?

Reinitzhuber: Neuerungen sind zum Beispiel Lounge-Bereiche mit bequemen Sitzmöglichkeiten. Wir veranstalten Events, auch auf diese Möglichkeit muss die Architektur eingehen. Und die Gastronomie spielt eine immer größere Rolle. In einigen unserer Center gibt es Foodcourts, die auf unserem Konzept „Dining Plaza“ beruhen. Es bietet eine Auswahl mehrerer Restaurants, die ebenfalls eine Einheit bilden und deren Gäste innerhalb der Plaza schön gestaltete Sitzmöglichkeiten vorfinden.

Eine wichtige Rolle spielen zudem die Beleuchtung und das Farbkonzept des gesamten Centers. Die Beleuchtung sollte sich dem jeweiligen Tageslicht anpassen können. Planung und Programmierung derartiger Lichtkonzepte sind sehr aufwendig, aber auch wirkungsvoll. Bei der Farbe sehen wir aktuell eine Vorliebe für schwarz, weiß und Holz – vor zwei Jahren waren die Favoriten noch metallic, kaffee und beige. Farbvorlieben ändern sich schnell, doch darauf können wir auch schnell reagieren. Und schließlich noch ein wichtiger Punkt: Unsere Center haben verschiedene Hauptzielgruppen – teils jünger, teils älter. Zu der jeweils wichtigsten Zielgruppe müssen alle genannten Maßnahmen passen.

Welche weiteren Trends sehen Sie für Ihre Branche in den kommenden Jahren?

Reinitzhuber: Der Trend geht immer mehr zu einem Shopping- beziehungsweise Erlebnisangebot, das alle Sinne anspricht. In unseren neuen Centern „Palais Vest” in Recklinghausen und „Minto” in Mönchengladbach werden wir daher unser Konzept „Shopping mit allen Sinnen” realisieren. Es arbeitet mit der sogenannten Synästhesie, dem Ineinandergreifen verschiedenster Sinneseindrücke mithilfe von Multisensorik. Dabei werden Düfte eingesetzt, Klang, bestimmte Beleuchtungen und Bodenbeläge – eine facettenreiche Gesamtinszenierung. Das ist absolut innovativ.

Das Leitmotiv ist, dass Kunden sich zu Hause fühlen und inspiriert werden sollen beziehungsweise an ein Ambiente erinnert werden, in dem sie sich wohlfühlen. So wird zum Beispiel in den Pasing Arcaden heute schon Vogelgezwitscher eingespielt. Es ist tatsächlich so, dass man sich dabei wie im Wald fühlt und entspannt.

Interview: Daniel Stöter, iXtenso.com

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