Lieferdienst • 29.06.2016

Wenn die Wohnungstür den Bierkasten bewacht

Wenn der Getränkelieferant „Trinkkiste“ aus Berlin seine Waren ausfährt, ist er nicht an feste Zeiten gebunden

Der Getränkehändler liefert Durstlöscher ohne Termindruck: Ein patentiertes Schließsystem, das Kisten an Türen ketten kann, macht es möglich. Der Online Pure Player hat zudem eine Software für den Webshop entwickelt, die flexible Abonnements ermöglicht. Bei den Kunden kommt dieser Service gut an.

Wenn die Kunden der „Trinkkiste“ nach Hause kommen, wartet dort schon ihre Getränkebestellung vor der Tür auf sie. Möglich wird das durch ein System, das verhindert, dass sich durstige Nachbarn womöglich am frischen Bier bedienen. Thomas Kraker von Schwarzenfeld, Gründer und Inhaber des Unternehmens, hat hierzu die „Lockbox“ entwickelt und patentieren lassen.

So funktioniert das System: Ein kleiner Anker wird unterhalb der Tür eingeklemmt. An ihm ist ein Draht befestigt, der die Getränkekisten verschließt, die zu diesem Zweck einen Deckel erhalten. Der Kunde befestigt den Anker, indem er die Tür schließt. Der Lieferdienst kann dann jederzeit die Lieferung am Draht befestigen. „Das System funktioniert einwandfrei“, sagt von Schwarzenfeld, „bisher wurde noch keine Lieferung gestohlen.“

Tür zu - Anker fest; ein einfaches Prinzip zur Sicherung der  gelieferten Ware...
Tür zu - Anker fest; ein einfaches Prinzip zur Sicherung der gelieferten Ware
Quelle: Trinkkiste

Die Waren tagsüber auch zu Wohnungen in Mehrfamilienhäusern zu liefern, die 95 Prozent der Kunden des Unternehmens ausmachen, sei kein Problem. „In unseren Testläufen haben wir herausgefunden, dass in beinah allen Fällen irgendjemand im Haus die Tür öffnet“, berichtet der Berliner. Schlimmstenfalls werde der Kunde am nächsten Tag noch einmal angefahren.

Lediglich bei der ersten Bestellung wird ein Termin vereinbart, um dem Kunden den Anker zu übergeben und die Funktion zu erklären. Überwiegend Haushalte mit mehr als einer Person in der Altersgruppe zwischen 30 bis 40 Jahren nutzen den Service.

Die Terminfreiheit bietet nicht nur dem Kunden einen angenehmen Service. Auch für den Händler selbst liegt darin ein immenser Vorteil, da die Routen sich hierdurch optimal planen lassen. „Wir bieten kein Same-Day-Delivery an. Das macht unserer Erfahrung nach keinen Sinn für diese Warengruppe“, so von Schwarzenfeld.

Hausgemachte Software – damit der Kunde flexibel bestellen kann

Als reiner Online-Dienst grenzt sich das Berliner Unternehmen mit Absicht von den zahlreichen stationären Getränkehändlern ab. Auch Bestellungen werden nur online angenommen. Hierbei können Kunden sehr flexibel zwischen unterschiedlichen Lieferungsintervallen wählen (meist gewählt: der 14-Tage Rhythmus).

Dafür musste ein besonderes Tool für den Online-Shop her. Dieses macht es nun möglich, Kundenwünsche sehr kurzfristig zu berücksichtigen. „Alle herkömmlichen Shopsysteme waren für unser flexibles Abo-Angebot nicht ausreichend“, beschreibt der Unternehmer, „also haben wir unser eigenes entwickelt.“

Ohne Termindruck lassen sich Lieferrouten zeiteffizienter und kostengünstiger...
Ohne Termindruck lassen sich Lieferrouten zeiteffizienter und kostengünstiger planen
Quelle: Trinkkiste

Dabei stieß das Team allerdings auf ein weit verbreitetes Problem. Von Schwarzenfeld kritisiert: „Bei der Entwicklung war die Anbindung der Bezahlsysteme über Plug-Ins die größte Herausforderung. Das hatte ich unterschätzt. Man könnte ja glauben, dass so große Unternehmen ihre Schnittstellen sauber halten, aber diese sind häufig fehlerhaft. Es passiert häufiger, dass Kunden an dieser Stelle nicht weiterkommen und mit den Bezahlarten überfordert sind.“

Seine Hoffnung liege in apple pay, das nun in der Schweiz eingeführt wird: „Ein Button, den Finger auf den Sensor halten und fertig - großartig. Gerade für unsere vielen blinden Kunden, die wir bislang am Telefon durch die Bezahlsysteme lotsen, könnte das eine unheimliche Erleichterung sein. Wenn dieses System in Deutschland genutzt werden kann, wird es sich sicherlich im e-Commerce durchsetzen.“

Er hats erfunden: Thomas Kraker von Schwarzenfeld war es selbst leid, schwere...
Er hat's erfunden: Thomas Kraker von Schwarzenfeld war es selbst leid, schwere Getränkekisten in seine Wohnung im vierten OG zu schleppen.
Quelle: Trinkkiste

Die Kunden online am Ball halten

Nicht nur der Shop, sondern auch das Marketing findet online statt. „Klassische Printwerbung ist viel zu teuer“, erklärt von Schwarzenfeld. Das Marketing-Team des Start-up-Unternehmens nutze gängige Kanäle wie Google Advertising, SEA und Social Media, um Kunden zu binden und Neukunden zu gewinnen. Aktuelle Aufhänger wie die EM bieten Tipps für die gelungene Grillparty. Auch ein Online-Magazin soll künftig die Bindung stärken.

Seit Anfang dieses Jahres ist der Getränkelieferant auf dem Markt. Doch nicht nur die Waren der Trinkkiste werden mit der Lockbox ausgeliefert, das System wird außerdem von verschiedenen Lebensmittelhändlern im Raum Berlin genutzt. Die Nachfrage steigt stetig und das Liefergebiet wird immens ausgeweitet. Bei dem Tempo galt es auch kürzlich, den Hersteller für die Lockbox zu wechseln, da der bisherige Hersteller die Menge nicht mehr in der benötigten Zeit herstellen konnte. „Bisher liefern wir mit der Trinkkiste in zehn Städten aus. Bis zu 40 Städte sollen es in diesem Jahr noch werden“, erklärt der Gründer unternehmungslustig.

Autor: Natascha Mörs; iXtenso

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