Um gegen die immer mächtigere Konkurrenz der Online-Händler zu bestehen, muss der stationäre Handel den Einkauf für den Kunden wieder zum Erlebnis machen – so lautet das Mantra, an dem sich sowohl Ladenbetreiber als auch Ladenbauer derzeit verstärkt orientieren. Das stimmt auch, wenn es um Luxusartikel oder neue technische Gadgets geht. Daneben gibt es in diesen hektischen Zeiten jedoch noch einen weiteren Trend: Die Kunden wollen so wenig Zeit wie möglich mit der Erledigung grundlegender Versorgungskäufe verbringen. Daher probieren sich seit Jahren immer mehr Händler an einem neuen Shop-Konzept und eröffnen „abgespeckte“ Filialen – die sogenannten Convenience Stores.
Die Anpassung an Gesellschaftstrends ist für den Handel immer schon überlebensnotwendig gewesen. Um heute konkurrenzfähig zu bleiben, wird die Convenience immer wichtiger. Denn die zunehmende Mobilität, eine älter werdende Bevölkerung, mehr berufstätige Frauen, längere Arbeitszeiten und der deutliche Anstieg von Single-Haushalten sind unumkehrbare Entwicklungen, auf die sich der Handel einstellen muss.
Große Händler werden aktiv
Da der Bedarf an diesen Angeboten weiter wächst, probieren sich in immer größerem Maße auch die Großen der Branche wie REWE (REWE to go) oder der Niederländische Lebensmittelhändler Albert Heijn, der seit dem vergangenen Jahr ebenfalls mit speziellen „to go“-Filialen in Deutschland aktiv ist. Auch Valora Retail betreibt unter der Marke avec bereits seit 2009 spezielle Convenience-Stores in Deutschland.
Der Fokus liegt bei den Convenience-Angeboten meist auf dem Bereich Lebensmittel. Im Sinne der schnellen Versorgung bieten die meisten Shops jedoch auch kleinere Sortimente an Non-Food-Artikeln an. So reicht das Angebot inzwischen von frischem Obst und Gemüse über Tiefkühlkost, Molkereiprodukte, frische Backwaren sowie Getränke bis zu Kosmetikartikeln und Schreibwaren. Darüber hinaus lädt in vielen Shops auch ein Bistro-Bereich zum sofortigen Konsumieren ein.
Neue Standorte, neue Zielgruppen
Die Händler erschließen mit den Convenience-Shops neue, zentraler gelegene Standorte und bieten den Kunden eine Alternative zur Fahrt in den „großen“ Supermarkt. Die Unterwegsversorgung funktioniert damit schnell und unkompliziert zwischendurch, egal ob beim Shopping, in der Mittagspause oder auf dem Weg nach Hause. Das Prinzip der Läden spiegelt sich daher auch in der Standortwahl wieder: So hat REWE eine der ersten Filialen seiner Convenience-Tochter am Kölner Hauptbahnhof eröffnet, einem der am stärksten frequentierten Verkehrsknotenpunkte in Deutschland, durch den täglich Zehntausende Reisende und Pendler strömen. Viele nutzen hier zum Beispiel die Wartezeit auf den Anschlusszug, um noch schnell Besorgungen zu erledigen.
Es geht auch noch bequemer – Lieferdienste wachsen deutlich
Der Hauptgrund für den Erfolg der Convenience-Shops ist die schnelle und unkomplizierte Versorgung mit Lebensmitteln und Fertigprodukten. Und dieser Erfolg spiegelt sich auch in den Marktzahlen wieder. So realisiert der Markt für gastronomische Dienstleistungen nach Angaben des Instituts für Handelsforschung (IfH) in Köln aktuell insgesamt ein Marktvolumen von 86,3 Mrd. Euro (2012) und ist mit einem nominalen Wachstum von 1,6 Prozent pro Jahr zwischen 2000 und 2012 deutlich gewachsen.
Dabei gibt es jedoch starke Unterschiede zwischen den Segmenten. Die Alltagsversorgung mit dem Convenience-Aspekt ist die eine Seite und wird zunehmend ausdifferenziert, wobei die klassischen Anbieter der Convenience-Gastronomie ihr Marktwachstum deutlich verlangsamt haben. Besonders hohe Wachstumsraten realisieren derzeit Pizza- und andere Bringdienste, getrieben durch die Lieferplattformen. Insbesondere die schnelle Bestellung per Smartphone-App erweist sich hier als Treiber – den nichts ist bequemer, als zum Essen bestellen nicht einmal vom heimischen Sofa aufstehen zu müssen.
Besonders Jüngere schätzen den Komfort-Aspekt
Im Convenience-Segment gibt es derzeit in Deutschland knapp 50.000 Betriebe, davon sind ca. 2.550 Restaurants mit Selbstbedienung bzw. mit Fast Food (5,1 Prozent), auf die ein Anteil am Marktvolumen der Convenience-Gastronomie von 21 Porzent entfällt. Die anhaltende Beliebtheit von Fast Food-Restaurants resultiert vor allem aus funktionalen Aspekten wie der Schnelligkeit (86 Prozent) und der Kalkulierbarkeit (”man weiß, was man bekommt”; 70 Prozent). Den meisten Konsumenten schmeckt Fast Food aber auch einfach gut (70 Prozent; Jüngere: 82 Prozent). Zwei von drei Deutschen sind zudem überzeugt, dass die Qualität des Fast Food-Essens nicht schlechter ist als in der Gastronomie insgesamt.
Der Preis steht nicht im Vordergrund
Lange Öffnungszeiten und die Möglichkeit, schnell und spontan das gewünschte einzukaufen, sind die Grundvoraussetzungen für den erfolgreichen Betrieb eines Convenience-Shops. Für den schnellen Einkauf ist es besonders wichtig, dass sich der Kunde im Shop schnell orientieren kann und auch das Bezahlen schnell und unkompliziert von statten geht. Das stark begrenzte Angebot kommt diesem Anspruch entgegen, da die Kunden nicht erst aus einer Vielzahl von ähnlichen Produkten aussuchen müssen.
Ungeduldige Kunden bringen dem Handel Gewinne
Für die schnelle Versorgung sind die Kunden in der Regel bereit mehr zu bezahlen. Die durchschnittliche Verweildauer in Convenience-Stores ist kurz. Diese Zeitersparnis empfindet der Convenience-Kunde als so elementar, dass er ein deutlich höheres Preisniveau akzeptiert. Anders als beim Großeinkauf, wo Vielfalt und Preis wichtige Einkaufskriterien darstellen, sind Convenience-Kunden deutlich weniger preissensibel — und bescheren den Händlern damit profitable Margen. Eine Lekkerland-Studie bestätigte das bereits im Jahr 2007. Schon damals akzeptierten Convenience-Shopper einen Preisaufschlag von 22 Prozent gegenüber dem klassischen Supermarkt.
Vorteile für beide Seiten
In jedem Fall ist Convenience einer der wichtigsten Trends im Handel. Nicht ausser Acht gelassen werden sollte hierbei auch die Tatsache, dass das, was Kunden als Convenience empfinden, oft tatsächlich auch eine Erhöhung der Convenience für den Händler bedeutet. Obst und Gemüse müssen selbst abgewogen werden –was bedeutet, dass hierfür kein Mitarbeiter abgestellt werden muss. Auch der Trend zum Self-Checkout hilft den Händlern, Personalkosten und Zeit zu sparen. Der Kunde dagegen hat das gute Gefühl, sich die Zeit seines Besuchs im Laden komplett selbst einteilen zu können und nicht von langen Schlangen oder langsamen Kassierern abhängig zu sein. Eindeutig ist also, dass der Convenience-Trend die Händler auch in Zukunft stark herausfordern wird – mit dem richtigen Shopkonzept können aber sowohl Händler als auch Kunden von diesem gesellschaftlichen Trend profitieren.
Daniel Stöter; iXtenso.com