Die Unternehmen in Deutschland empfinden fehlende Fachkräfte immer mehr als Problem und Wachstumsbremse. Jedes dritte Unternehmen sieht nach einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) in fehlenden Fachkräften die größte Gefahr für die eigene wirtschaftliche Entwicklung in der nahen Zukunft. Vor allem technikorientierte Branchen wie Fahrzeugbau und Elektrotechnik sind laut Studie betroffen, aber auch die Gesundheitswirtschaft.
Prof. Dr. Rainer von Kiparski, Vorsitzender des Verbands Deutscher Sicherheitsingenieure e.V. (VDSI), sieht in einer nachhaltigen Umsetzung der DGUV Vorschrift 2 (der Unfallverhütungsvorschrift, die arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Betreuung der Unternehmen regelt) immenses Potenzial, das Unternehmen für sich positiv nutzen können – gerade im Hinblick auf die Folgen des demographischen Wandels.
„Fachkräfte suchen sich heute ihren Arbeitgeber sehr genau aus. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen, die den Willen zur Exzellenz auch im betrieblichen Arbeitsschutz haben, signalisieren ganz klar, dass ihnen ihre Mitarbeiter wichtig sind. Im hart umkämpften Wettbewerb können Unternehmen hier punkten“, ist sich von Kiparski sicher.
Die DGUV Vorschrift 2, vereinheitlicht die bisher unterschiedlichen Regelungen von Berufsgenossenschaften und Unfallkassen und ist stärker auf die individuellen Bedingungen der Betriebe ausgerichtet. Unternehmern gibt die DGUV Vorschrift 2 einen größeren Gestaltungsspielraum, denn individuelle betriebliche Gefährdungen und Verhältnisse werden durch den 20seitigen Aufgaben- und Leistungskatalog der Vorschrift viel detaillierter berücksichtigt.
Einen weiteren großen Vorteil der Umsetzung der DGUV Vorschrift 2 sieht Rainer von Kiparski darin, dass es in den Betrieben zu einer deutlichen Verbesserung der Kommunikation kommt. Daran habe es in der Vergangenheit oft gemangelt. „Sicherheitsfachkraft und Betriebsarzt müssen dem Unternehmer jetzt gemeinsam ein Konzept unterbreiten. Im Rahmen eines Zielgesprächs für Arbeits- und Gesundheitsschutz vereinbaren und verabschieden sie in Abstimmung mit der Mitarbeitervertretung gemeinsam mit dem Unternehmer die durchzuführenden Maßnahmen für das ganze Jahr. Das führt zu einer enormen Qualitätsverbesserung im Arbeits- und Gesundheitsschutz in den Betrieben.“
Die Umsetzung der DGUV Vorschrift 2 zahlt nicht nur auf Image und Arbeitsklima ein. Laut einer in diesem Jahr veröffentlichten Studie*2 rechnet sich die Investition in Arbeits- und Gesundheitsschutz auch unternehmerisch: Für jeden Euro, den ein Unternehmer in den Arbeitsschutz investiert, bekommt er einen Return on Invest von 2,20 Euro.
Ein starker Fokus des Kongresses liegt auch in diesem Jahr auf den Ausprägungen der „Vision Zero“ im Arbeits- und Gesundheitsschutz. Der aus Schweden stammende und ursprünglich auf die Verkehrssicherheit abzielende Begriff, beinhaltet das Bekenntnis, alle Maßnahmen zu ergreifen, dass tödliche und schwere Unfälle vermieden werden. In diesem Zusammenhang wird der Kongress u.a. neben Themen zur Präventionskultur, anschaulichen Beispielen der Umsetzung der „Vision Zero“ auch das aktuelle Thema „Resiliente Organisation“ aufgreifen, einem völlig neuen Ansatz zur Verbesserung der Betriebssicherheit, der auf das Schaffen widerstandsfähiger Systeme in Betrieben abzielt. Arbeitsteams sollen sich bspw. so untereinander unterstützen können, dass sie auf unerwartete Situationen sicher reagieren, Störungen kompensieren und nach erfolgtem Notfall schnell wieder in einen sicheren Zustand kommen.