Interview • 02.08.2010

Ideen für bessere Schaufenster Bei der Inszenierung markant und unverwechselbar

Interview mit Wolfram Liebhardt, Deco-Woerner

Schaufenster sind die Visitenkarte des Ladens. Wie gefallen Ihnen unsere Fußgängerzonen?

Leider sterben immer mehr kleine und individuelle Läden aus und werden durch große Ketten ersetzt. Das finde ich schade, da es das Gesicht einer Fußgängerzone einschneidend verändert und eine Art „Monokultur“ entstehen lässt. Für private Läden oder kleine Designerlabel sind oft die Ladenmieten in den Innenstädten viel zu teuer geworden. Viele Einkaufsstraßen haben deutlich an Attraktivität verloren, somit also auch an Kaufkraft. Viele große Ketten bemühen sich um Individualität und kopieren quasi die Unverwechselbarkeit unterschiedlicher Läden, welche es noch vor 20 Jahren in unseren Einkaufsstraßen gegeben hat. Städte mit intakter Ladenvielfalt, wie zum Beispiel Ludwigsburg beweisen, dass eine attraktive Schaufenstergestaltung auch in Zukunft seine Berechtigung hat.


Halbjährlich machen Sie Kataloge mit der neuen Kollektion fürs Dekorieren. Was sind die aktuellen Trends im Schaufenster?

Es muss sich im Schaufenster das Gesicht des Unternehmens spiegeln. Immer mehr unserer Kunden suchen das Besondere zu moderaten Preisen. Da sich das Angebot oft nicht wesentlich von der Konkurrenz unterscheidet, ist es besonders wichtig, bei der Inszenierung markant und unverwechselbar zu sein. Man beobachtet, dass das Thema der „Nachhaltigkeit und Wiederverwendbarkeit“, aber auch die Frage der Lagerung eine immer größere Rolle für die Kaufentscheidung von Deko-Artikeln beim Kunden geworden ist. Je flexibler der Einsatz, desto mehr ist der Kunde bereit auch hochwertige und teure Dekorationen zu kaufen.


Dauerbrenner sind Prozent-Zeichen und der Schriftzug „Sale“. Ist das überhaupt noch ein Hingucker? Und ärgern sich die Verbraucher nicht bereits über Anglizismen?

Nein, so sehe ich das nicht, denn „Sale“-Verkäufe sind für den Kunden immer wichtiger, um preisbewusst einzukaufen und trotzdem hochwertige Produkte zu fairen Preisen zu erhalten. Die Präsentation von preisreduzierter Ware ist also ein wichtiger Bestandteil im Visual Merchandising und wird es auch immer bleiben.


Wohin mit den großen Deko-Elementen nach dem Ende einer Aktion? Kann man Schaufensterfiguren, Weihnachtsmänner oder Palme und Liegestuhl auch mieten oder einlagern lassen?

Die Möglichkeit Dekoration zu mieten, gibt es, lohnt sich aber für den Kunden eher nicht, da sich der Mietpreis nach einiger Zeit vom Kaufpreis kaum noch unterscheidet. Wenn, dann eher für Messen und kurzfristige Deko-Aktionen. In der Regel kauft man die Ware und lagert sie ein, da die meisten Artikel wieder verwendet werden können. In Zukunft achten wir auch verstärkt darauf, dass dieses möglich ist. Die meisten Artikel, wie zum Beispiel eine Palme oder ein Weihnachtsmann lassen sich problemlos einlagern. Bei einigen Artikeln ist es jedoch ein Platzproblem. Dies sollte man beim Kauf in jedem Fall bedenken. Es gibt Artikel, welche sich möglichst platzsparend lagern lassen.


Deko aus dem Versandhaus ist billiger als Einzelanfertigung. Wie groß ist jedoch das Risiko, dass der Laden nebenan die gleichen Sachen bestellt und ins Fenster stellt? Kann ich bei Ihnen auch exklusiv für ein bestimmtes Gebiet bestellen?

Wir haben einen Hauptkatalog, in welchen sich alle Basics befinden und einen Exclusivkatalog. Diesen erhalten unsere ausgewählten Kunden schon deutlich früher von unseren Außendienstmitarbeitern persönlich oder mit der Post zuschickt. Soll heißen, in diesem sind große, hochwertige und exklusive Dekoartikel sowie Deko-Vorschläge, aber auch Farb -und Materialtrends. Wenn der Kunde eigene Ideen hat und noch nicht fündig wird, sind wir auch in der Lage, individuelle Wünsche mit unserem Kreativteam und dem Einkauf zu realisieren.


Abkupfern bei der Konkurrenz – das ist kein guter Weg für trendige Schaufenstergestaltung. Wo bekommt man gute Ideen?

Meine Kollegen und ich reisen in die Metropolen dieser Welt, wie New York, London oder Paris. Hier sind die Trends schon früh zu erkennen, welche in der kommenden Saison im Visual Merchandising sich durchsetzten werden. Architektur, Kunst oder Produktdesign inspirieren uns, neue Deko-Artikel zu entwerfen.


Man muss nicht alles selber machen. Wie findet man einen guten externen Schaufenstergestalter und was kostet das?

Wir haben einen Pool aus freien Gestaltern. Fragen Sie einfach bei uns an, wir nennen Ihnen gerne einen qualifizierten Ansprechpartner in Ihrer Umgebung. Die Preise variieren so stark, je nach Größe und Art der Dekoration, dass man das mit einem Satz nicht beantworten kann. Das sollte man im persönlichen Kontakt erarbeiten.


Technik kommt ins Schaufenster. Werden große Flachbildschirme und Projektionen auf die Scheibe die ständig neue Dekoration im Fenster irgendwann ablösen?

Sicher ist Licht und Projektion in der Veranstaltungstechnik ein großes Thema, aber die Dekoration werden sie nicht ablösen, denn es werden nach wie vor – besonders in der Textilbranche – Gestalter benötigt, welche die Produkte auf Figuren, Büsten oder in Vitrinen individuell und professionell dekorieren können. Das geht eben in der Regel am besten in einem Schaufenster. Gerade in der Weihnachtszeit ist eine emotionale und hochwertige Inszenierung unverzichtbar. Eine Projektion kann da nur unterstützend wirken, diese aber in keinem Fall ersetzen.


Welchen Laden oder welche Location würden Sie gern mal dekorieren? Und wie würde das aussehen?

Ich könnte mir vorstellen, für Top Shop in London ein Konzept für Weihnachten zu erstellen. Ich mag die Philosophie des Store-Konzeptes, Jung und Alt – Neu und Second Hand, in einem Haus zu vereinen. Das ist modern, unkonventionell und spannend. Die Realisation würde sicher Trash, Tradition und Glamour vereinen. Also ein Cross-Over von allem. Sie wäre aber in jedem Fall ungewöhnlich und individuell, so wie es sich für das Haus gehört.
 

Zur Person

Wolfram Liebhardt
ist gelernter Schauwerbegestalter, arbeitete als Bühnendekorateur am Alten Schauspielhaus in Stuttgart, absolvierte eine Weiterbildung zum staatlich geprüften Werbegestalter für Visual Merchandising. Nach Abschluss der Fachhochschule Weiterbildung zum Diplom-Multimediadesigner. Verschiedene Stationen in der Werbung, seit 2005 Assistant Art Director bei Woerner in Leingarten bei Stuttgart.

 

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