Interview • 26.09.2011

Revitalisierung ist nicht einfach – Beispiel Wutzky-Center in Berlin

16 Millionen Euro investiert die Berliner Wohnungsbaugesellschaft degewo in Umbau und Erweiterung des Wutzky-Centers in der Gropiusstadt. Das alte Einkaufszentrum für die Ende der sechziger Jahre gebaute Hochhaussiedlung war in die Jahre gekommen. Aus dem zugigen Gebäude soll eine moderne Einkaufsmall werden. Doch nicht alle Händler sind glücklich darüber. Einige mussten ausziehen, weil der Discounter Aldi kommen soll. Die Kaufkraft der Mieter geht zurück. Wir fragten die degewo, den Architekten und einen Händler, der nicht nur hinter vorgehaltener Hand Klartext redet.

„Das Wutzky“, wie die Einheimischen sagen, erhält einen direkten Zugang zum U-Bahnhof Wutzkyallee. Die rund 6.000 Quadratmeter große Nutzfläche wird deutlich erweitert und misst nach der Fertigstellung, die für Januar 2012 vorgesehen ist, mehr als 9.100 Quadratmeter. Die Zahl der Geschäfte und Arztpraxen steigt von 34 auf 41. Die degewo führt den gesamten Um- und Ausbau bei laufendem Betrieb durch. Für den Handel bedeutet das erhebliche Einschränkungen.


War die Revitalisierung des Wutzky-Centers nicht längst überfällig?

Lutz Ackermann, degewo-Pressesprecher: Als das Einkaufszentrum 1968 öffnete, setzte es neue Maßstäbe. Es war seinerzeit das größte Einkaufszentrum Berlins in geschlossener Wohnsiedlung. Mit dem Umbau 1991 erhielt es ein Glasdach. Keine Frage, das Wutzky-Center war in die Jahre gekommen und die Revitalisierung überfällig.

Welche Standortfaktoren sprechen für „das Wutzky“? Sind die neuen Läden schon vermietet?

Lutz Ackermann: Das ist an erster Stelle die attraktive Lage der südlichen Gropiusstadt selbst. Hier zu leben heißt, inmitten einer Parklandschaft zu wohnen, mit kurzen Wegen zum Einkaufen, zu Ärzten und Dienstleistern und zu den zahlreichen Bildungs-, Sport- und Freizeitangeboten. Das neue Wutzky liegt außerdem an einem Knotenpunkt im Quartier, direkt am U-Bahnhof Wutzkyallee, dessen Eingang baulich in das neue Wutzky integriert wird.

Die degewo ist ein Wohnungsunternehmen. Warum betreiben Sie eine Shopping-Mall? Soziales Anliegen für die Mieter im Umkreis oder Gewinnabsicht mit Gewerbeflächen?

Lutz Ackermann: Als Vermieter der Gewerbeflächen verfolgen wir selbstverständlich wirtschaftliche Interessen. Das neue Wutzky ist zugleich ein zentraler Baustein unseres Quartierskonzeptes. Im näheren Umfeld leben rund 12.000 Mieter der degewo. Sie alle brauchen ein gutes Nahversorgungsangebot. Wirtschaftliches und soziales Engagement hängen also eng miteinander zusammen.

 

Wird mit der Revitalisierung des Wutzky-Centers auch die für die Gropiusstadt charakteristische Architektur der Sechziger Jahre wieder hergestellt?

Joachim Zecher, Granz & Zecher Architekten: Die Gropiusstadt steht als Großsiedlung der Sechziger und Siebziger Jahre in der Traditionslinie der Moderne, die ihren Anfang im von Walter Gropius gegründeten Bauhaus in Weimar hatte. Das neue Wutzky stellt sich als zeitgemäße Neuinterpretation der klassischen, weißen Moderne bewusst in diese Traditionslinie. Es ist das Zentrum einer modernen Gartenstadt im Grünen.

Welche modernen Bedürfnisse haben Sie bei der Planung berücksichtigt?

Joachim Zecher: Auch wenn „Shoppen“ heute bereits ein Teil unserer Kultur ist: das Wutzky ist in aller erster Linie ein Nahversorgungszentrum für die Menschen, die in der Gropiusstadt wohnen und leben. Das neue Wutzky wird im Gegensatz zum alten Wutzky-Center mit allen Annehmlichkeiten aufwarten, die moderne Shopping-Center auszeichnen. Die Kunden werden vor Wind und Wetter geschützt ihre Einkäufe erledigen können.

Was kann Architektur leisten, damit die Kunden ein Shopping-Center akzeptieren?

Joachim Zecher: Ein angenehmes Ambiente und eine gute Architektur sind die beiden Faktoren, die eine viel größere Rolle in der Akzeptanz von Shopping-Centern spielen, als allgemein angenommen. Laut einer Studie der GfK aus dem Jahre 2010 wurden bei schlecht laufenden Shopping-Centern am häufigsten Fehler beim Layout und Zuschnitt gemacht.

Das neue Wutzky leistet aber noch viel mehr, denn es ist nicht nur ein reines Shopping-Center. Es beherbergt unter anderem auch ein Ärztehaus, das Kundenzentrum der degewo und den U-Bahnhof Wutzkyallee. Im Gegensatz zu den meisten Shopping-Centern öffnet es sich außerdem bewusst mit Gastronomie-Flächen zum Platz. Das neue Wutzky ist mehr als nur ein Nahversorgungszentrum, es wird ein vitales Stadteilzentrum sein.


Herr Kupsch, Sie sind im Center umgezogen. Warum?

Nikolai Kupsch, Apotheke Wutzky-Center: Wir waren seit der Eröffnung 1968 im Center auf  einer Fläche mit Keller ca. 240 qm. Der Mietvertrag lief nur noch ein paar Jahre. Es wurde versucht, mit einem Trick die Restlaufzeit nach Belieben des Vermieters zu kürzen. Nachdem dieser Versuch der degewo gescheitert war, wurde ernsthaft über eine Umsetzung meiner Apotheke im Center verhandelt. Das war 2009. Es war klar, dass eine Verlängerung des alten Vertrags für die degewo nicht zur Debatte stand. Die Apotheke wurde genötigt, Platz für einen Lebensmittel-Discounter zu schaffen. Im Vorfeld wurde das Center sukzessive entmietet und bewusst in einem verwahrlosten Zustand belassen. Tatsächlich haben wir jetzt eine Mieteinheit bezogen in der wir angemessene Arbeitsbedingungen vorfinden, was vorher eigentlich nie der Fall war. Dort gab es kein Tageslicht, keine Wärmdämmung.

Was versprechen Sie sich vom Umbau für Ihre Apotheke?

Nikolai Kupsch: Da das Wutzky-Center bisher keine Kunden von außerhalb angezogen hat, erhoffen wir uns durch den Zuzug von Aldi einen Zulauf von Neukunden und eine Erhöhung der Kundenfrequenz auch in der Apotheke. Wir haben uns in den vergangenen 43 Jahren ein Stammpublikum erarbeitet. Der Standort profitiert nach wie von der hohen Bevölkerungsdichte im Kiez. Leider haben wir eine Abwanderung von Ärzten zu verzeichnen.

Wie ist die Stimmung unter den Händlern während des Umbaus?

Nikolai Kupsch: Schlecht. Die Zusammenarbeit von Eigentümer, Bauleitung, Generalunternehmer und Gewerken ist als solche nicht zu erkennen. Die Gewerbemieter werden vor vollendete Tatsachen gestellt oder nur kurzfristig in Kenntnis gesetzt. Die Belastung durch Baulärm und Staub ist teilweise unerträglich.

René Schellbach, iXtenso.com

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