FinTechs sichern sich immer mehr Anteile am deutschen Payment-Markt und stellen das klassische Bankgeschäft mit neuen digitalen Lösungen auf den Kopf. Dies zeigt eine aktuelle Studie des ECC Köln. Anbieter von Finanzdienstleistungen müssen mehr denn je die Anforderungen der Konsumenten erfüllen.
FinTechs vs. Banken: Schnelligkeit als entscheidender Faktor
Obwohl Google Pay und Apple Pay in Deutschland erst seit knapp einem Jahr verfügbar sind, haben die mobilen Zahlungslösungen bereits jetzt eine hohe Bekanntheit unter Konsumenten. Die Nutzungswerte hingegen stagnieren weiterhin, was vor allem an der fehlenden Unterstützung der Banken liegt. Denn – so weit ist klar – das traditionelle Bankengeschäft kennzeichnet sich nur bedingt durch Innovationsfreudigkeit und Schnelligkeit. Hier setzen seit Jahren vor allem FinTech-Unternehmen wie PayPal und Klarna an. Sie nehmen innovative Zahlungslösungen recht schnell in ihr Portfolio auf. Der Einsatz bei den VR-Banken wurde indes wieder verschoben.
Klassisches Bankgeschäft im Handel wird umverteilt
Dass FinTech-Unternehmen ihre Position insbesondere im deutschen Payment-Markt stärken, bestätigt auch die jüngst veröffentlichte „ECC-Payment-Studie Vol. 24“ des ECC Köln in Kooperation mit Prof. Dr. Malte Krüger von der TH Aschaffenburg. Mehr als zwei Drittel der Onlinehändler wickeln die Integration ihrer E-Payment-Lösung sowie Kundenbindungsprogramme über FinTechs ab. Dabei richtet sich das Interesse aber nicht nur auf Bezahllösungen. Laut Studie greifen Händler insbesondere bei Factoring (42%) und Scoring (40%) zu FinTech-Angeboten. Selbst gewerbliche Finanzierungsmodelle haben bereits 14 Prozent der befragten Händler genutzt.
Beweggründe, Finanzdienstleistungen von FinTechs im geschäftlichen Kontext zu nutzen, sind für die Befragten vor allem Kosten und Gebühren, die einfache Nutzbarkeit und Schnelligkeit sowie Sicherheit und der geringe Integrationsaufwand. FinTechs punkten bei Onlinehändlern vor allem durch Convenience. Die Studie zeigt, dass 47 Prozent der Onlinehändler vollkommen oder sehr zufrieden mit den angebotenen Finanzdienstleistungen sind.
„Der für uns ausschlaggebende Grund, Finanzdienstleistungen von FinTech-Unternehmen zu nutzen, ist der Kunde. Wir stellen uns die entscheidende Frage: Wird das Gesamtkundenerlebnis besser, schneller, sicherer? Im zweiten Schritt betrachten wir die Kosten und den Integrationsaufwand und nehmen eine Priorisierung zu anderen Themen vor“, erläuterte Bastian Siebers, CEO bei babymarkt.de GmbH im Rahmen der Experten-Interviews.
GAFA-Unternehmen als weitere potenzieller Anbieter im Payment- und Finanzmarkt
Zudem können sich die befragten Händler auch große Internetkonzerne wie Amazon, Google oder eBay als potenzielle Anbieter vorstellen. Mailin Schmelter, stellvertretende Bereichsleiterin Customer Insights am ECC Köln erklärt: „Amazon, Google und Co. werden ihre Relevanz im Payment- und Finanzmarkt zukünftig noch weiter ausbauen. Schon jetzt werden sie von mehr als der Hälfte der Händler als potenzieller Anbieter von Finanzdienstleistungen akzeptiert. Eine Verschiebung des Zahlungsgeschäftes von Banken zu FinTechs und den großen GAFA-Unternehmen hat bereits begonnen. Banken sollten sich an ihren neuen Wettbewerbern orientieren und die Kundenorientierung ausbauen, sonst drohen vor allem im Endkundengeschäft weiterhin massive Einbrüche.“
Aus der Nische hin zur Banking-Alternative für Endkunden
Mit Nischenprodukten erobern FinTechs wie PayPal, Klarna oder Payback aber auch den Endkundensektor. Durch innovative, technologische Lösungen bieten sie einen schnellen und digitalen Zugang zu Finanzlösungen, der weder von der Hausbank noch von einem branchenähnlichen Akteur angeboten werden. So beziehen 75 Prozent der befragten Konsumenten nicht nur Finanzdienstleistungen von FinTechs, sondern auch Bonus-Programme, Cashback und digitale Gutscheine.
Für Anbieter von Finanzdienstleistungen, egal ob Bank, FinTech oder auch Internetkonzern, gilt daher für die Zukunft: Sie müssen die Anforderungen der Konsumenten erfüllen, denn die Wechselbereitschaft ist laut Studie gegeben. Mehr als die Hälfte der Konsumenten haben schon einmal ihr Stamm-Girokonto gewechselt – rund ein Fünftel der Wechsler bereits drei Mal oder häufiger. Diese Wechselbereitschaft wirkt sich perspektivisch auch auf das Zahlungsangebot im Onlinehandel aus.