Grüne Renaissance: dena hilft Einzelhändlern bei der Sanierung von Gebäuden
Interview mit Andreas Tiemann, Projektleiter „Energieeffiziente Gebäude“ bei der Deutschen Energie-Agentur (dena)
Energieeffiziente Gebäude im Einzelhandel sind nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für das Geschäft. Die Deutsche Energie-Agentur, kurz dena, gab deshalb Anfang des Jahres den Startschuss für ein Projekt mit Vorbildfunktion. Hierdurch soll die Bereitschaft zum energetischen Modernisieren in Deutschland gesteigert werden. Andreas Tiemann berichtet über das ökonomische und ökologische Sanierungsprojekt.
Herr Tiemann, wie sieht es denn momentan mit dem Modernisierungsgrad der vom Handel genutzten Gebäude in Deutschland aus?
Andreas Tiemann: Aktuell steht die energetische Gebäudemodernisierung bei Nichtwohngebäuden nicht genug im Rampenlicht. Hinzu kommt, dass es hier eine geringere Datenlage als bei Wohngebäuden gibt und deshalb die energetische Situation nur unzureichend bekannt ist.
Das Modellvorhaben der dena „Energieeffizient Handeln – Energetische Modernisierung von Gebäuden des Einzelhandels“ soll das ändern. Es dient unter anderem zur Verbesserung der Informationslage und soll Sanierungsprojekte im Handel sichtbar machen, die sich zur Nachahmung eignen und so dazu beitragen, die Sanierungsrate im Handel zu steigern. Auf der diesjährigen EuroShop gab es einen Vortrag zum Modellvorhaben und Händler zeigten reges Interesse an möglichen Modernisierungsmaßnahmen.
Welche Ziele hat eine Gebäudemodernisierung und was genau wird verändert?
Das Ziel ist eine 30- bis 40-prozentige Energieeinsparung. Im Modellvorhaben liegt der Schwerpunkt auf der Planung eines Sanierungsvorhabens. Der Teilnehmer erhält beim Erstellen des Konzeptes individuelle Unterstützung durch uns. Hierzu gehören: eine Energieberatung, die Erarbeitung des Sanierungskonzeptes, die Ausführung der Planung selbst und ein finaler Bericht.
Wen sprechen Sie hiermit genau an?
Das Modellvorhaben ist Anfang 2017 mit den ersten 19 Teilnehmern angelaufen und endet im Dezember 2018. Anfang April fand das erste Treffen von Teilnehmern und Partnern statt, in dessen Mittelpunkt die Vernetzung und der Erfahrungsaustausch stand. Weitere Treffen werden folgen.
Zugleich können sich weitere Handelsunternehmen, Mieter und Vermieter von Einzelhandelsgebäuden noch bis zum 28. April 2017 bei uns bewerben. Adressiert werden sowohl größere Handelsketten als auch kleinere Filialisten deutschlandweit. Hierbei wollen wir Mieter und Vermieter ins Boot holen, denn im Handel befindet sich ein großer Teil der Flächen in einem Mietverhältnis. Um energetische Sanierungen erfolgreich umsetzen zu können, müssen Immobilieneigentümer und Händler stärker zusammengeführt werden. Für uns ist es ein essenzielles Anliegen, dass beide Gruppen einen energetischen Effekt und wirtschaftlichen Erfolg erzielen.
Sie legen auf enge Zusammenarbeit zwischen Händler und Immobilienvermieter viel Wert und fördern diese.
Ja, wir haben die Projektanforderungen so gestellt, dass sich die Aufgabengebiete der Gruppen überschneiden und sie folglich miteinander in den Austausch gehen müssen. Um am Projekt teilnehmen zu können, muss der Händler mindestens eine hochbauliche Maßnahme und eine Maßnahme in der Gebäudetechnik durchführen. Hier müssen Händler und Eigentümer die Maßnahmen gemeinsam auswählen. Beim Hochbau können dies beispielsweise die Gebäudehülle, Fenster oder Türanlagen sein. Zu den wählbaren Technikmaßnahmen zählen in der Regel: die Kälteversorgung im Foodhandel, Beleuchtungs- oder Lüftungsanlagen sowie Wärmeversorgungsanlagen.
Was macht eine Teilnahme am Sanierungsprojekt für Händler attraktiv?
Ein besonderer Anreiz zur Teilnahme ist die Möglichkeit, sich in von uns organisierten Fachworkshops untereinander und mit unseren Projektpartnern auszutauschen. Das Modellvorhaben wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert. Daneben zählen der Handelsverband Deutschland, das EHI Retail Institute, der Zentrale Immobilien Ausschuss und der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen sowie Hottgenroth Software, krumedia, Hörburger Control Systems und MultiCross Wärmerückgewinnungstechnik zu unseren Projektpartnern. Spannend für die Teilnehmer ist beispielsweise die Chance, in den direkten Dialog mit dem BMWi zu gehen und über die Rahmenbedingungen zu diskutieren.
Und darüber hinaus?
Zusätzlich kann durch eine neutrale Darstellung des Teilnehmers in der Öffentlichkeit eine hohe Aufmerksamkeit generiert werden. Wahlweise ist das in Fachmagazinen, nationalen oder regionalen Zeitschriften möglich. Nicht zuletzt bietet sich die Gelegenheit, eine Vorbildfunktion im Bereich Energieeffizienz einzunehmen und Interesse innerhalb der Branche, aber auch bei den Kunden zu erregen.
Können neben den „Big Playern“ auch kleinstrukturierte Einzelhändler teilnehmen und warum sollten diese trotz engerem Budget nicht zurückscheuen?
Kleinere Einzelhändler können und nehmen auch bereits teil. Neben größeren Ketten und Fachhändlern aus dem Modebereich macht sogar ein Dorfladen mit. Meist sind die Effizienzmaßnahmen noch nicht so weit vorangeschritten. Daher ist das Einsparpotenzial groß – gerade bei den ersten Schritten. Kleinstrukturierte Einzelhändler sind auch oft die Gebäudeeigentümer, was eine Entscheidungsfindung schneller möglich macht und zeitlichen Aufwand und Kosten sparen kann. Hinzu kommt, dass gerade bei dieser Gruppe die Möglichkeit der Förderung noch nicht vollständig ausgeschöpft wird. Beispielsweise übernimmt das BMWi bis zu 80 Prozent der Kosten für eine Energieberatung in einem mittelständischen Unternehmen. Die Zuschüsse können beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) beantragt werden. Wir unterstützen hier und informieren. Zusätzlich gibt von uns eine Bonusförderung von 5.000 Euro, die alle Teilnehmer bei erfolgreichem Abschluss des Modellvorhabens erhalten.
Wie sehen die nächsten Schritte nach dem Projektabschluss aus?
Die Umsetzung der Modernisierungsmaßnahmen innerhalb des Modellzeitraums ist keine Pflicht, eher ein Wunsch von unserer Seite. Wir würden gerne einige Betriebe mit einer Anschlussmaßnahme begleiten und im Optimierungsprozess weiter unterstützen. Dies könnte durch anschließendes Energiemonitoring erfolgen.
Mehr Informationen zum Projekt gibt es hier.
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