Der Mittelstand ist mit seiner derzeitigen geschäftlichen Situation zufrieden. Allerdings zeigen insbesondere die skeptischen Einschätzungen der kleinen und mittleren Unternehmen zur Wirtschaftspolitik, dass Wachstum kein Selbstläufer ist, sondern vertrauensbildende Maßnahmen erfordert.
Mittelstand sieht derzeit keine Krise, …
45 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitern (KMU) bewerten ihre Lage mit „gut“, lediglich 9 Prozent mit „schlecht“, 46 Prozent berichten von einer „befriedigenden“ Situation. Damit schätzt der Mittelstand im aktuellen DIHK-Report seine Lage so gut ein wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Der hohe Beschäftigungsstand, die gestiegene Arbeitsplatzsicherheit und höhere Einkommen stärken die private Kaufkraft. Das spüren z. B. Lebensmittel- und Möbelhersteller, Konzertveranstalter und Fitnessclubs, Saunen und Solarien.
… aber Risiken
Jedes zweite KMU sieht jedoch in hohen Energie- und Rohstoffpreisen ein ernsthaftes Geschäftsrisiko. In energieintensiven Branchen wie der Chemie sind es deutlich mehr (80 Prozent). Speditionen und Taxiunternehmen leiden besonders unter den hohen Kraftstoffpreisen (86 bzw. 77 Prozent). 44 Prozent der KMU betrachten die aktuelle Wirtschaftspolitik als kritisch; vor einem Jahr waren es noch 37 Prozent. Seit der Zuspitzung der Staatsschuldenkrise in Europa ist diese Verunsicherung nicht mehr nur ein Problem einzelner Branchen.
Optimismus überwiegt knapp
Insgesamt ist die Zuversicht für die kommenden Monate gebremst. 22 Prozent erwarten bessere Geschäfte in den nächsten Monaten, 17 Prozent rechnen mit Einbußen. Immerhin: Die Optimisten behalten die Oberhand. Das gilt unter dem Strich auch für das weltweite Exportgeschäft. In Europa dämpfen allerdings vielerorts die notwendigen Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung vorübergehend Konsum und Investitionen. Dadurch hat die Nachfrage nach deutschen Produkten etwas nachgelassen.
Investitionen – vorsichtiger Start ins Jahr
Angesichts der unsicheren Rahmenbedingungen rechnen KMU ihre Investitionsprojekte mit spitzem Stift durch. Insgesamt will der Mittelstand zwar auch im Jahr 2012 seine Investitionen erhöhen, jedoch nicht mehr in solchem Ausmaß wie 2011. Eine robuste Binnennachfrage, niedrige Kapitalmarktzinsen, höhere Eigenkapitalpolster, bessere Innenfinanzierungsmöglichkeiten und eine gute Kapazitätsauslastung kompensieren die politischen Unwägbarkeiten. Expansiv bleiben vor allem Maschinenbau, Chemie und Metallerzeugung ebenso wie die Gesundheitswirtschaft.
Mittelstand einstellungsbereit
18 Prozent der KMU wollen zusätzliches Personal einstellen, nur 10 Prozent ihre Mannschaften verringern. Der DIHK rechnet damit, dass KMU im laufenden Jahr rund 200.000 Arbeitsplätze schaffen. Insbesondere IT-, Forschungs- und Entwicklungsdienstleister sowie Unternehmensberatungen suchen händeringend qualifizierte Mitarbeiter. Aufgrund zunehmenden Fachkräftemangels drohen viele Stellen unbesetzt zu bleiben.
Vertrauensbildende Maßnahmen gefragt
Zur Fachkräftesicherung müssen Politik und Wirtschaft an einem Strang ziehen, um alle Beschäftigungspotenziale (z. B. Frauen, Ältere, Zuwanderer) zu heben. Zu wachstumsförderlichen Rahmenbedingungen gehört zudem ein besseres und einfacheres Steuersystem mit Wiedereinführung der degressiven Abschreibung und Verzicht auf Substanzbesteuerung. Das Gelingen der Energiewende erfordert eine stärkere öffentliche Akzeptanz des Netzausbaus sowie professionelles und hocheffizientes Projektmanagement innerhalb der Bundesregierung.