Sicherheit hat viele Aspekte

Prävention sorgt für Sicherheit und schützt vor Schaden, doch Sicherheit kostet auch Geld. Vorbeugung gibt es nicht zum Nulltarif. Und weil man nie weiß, wie groß ein möglicher Schaden sein könnte, lässt sich der Nutzen von Sicherheit auch nicht genau kalkulieren. Dennoch ist Sicherheit auf vielen Gebieten für den Handel wichtig.

Produktsicherheit steht vielleicht an erster Stelle. Die Ware soll dem Käufer keinen Schaden zufügen. Wenn Produkte wegen Mängeln, fehlendem GS-Zeichen oder Unglücksfällen Schlagzeilen machen, leidet nicht nur der Hersteller. Rückrufaktionen kosten auch den Handel viel Geld und Arbeit – vom Image-Schaden ganz zu schweigen.

Sicher soll aber nicht nur das Produkt, sondern auch das Einkaufen sein. „Vorsicht Rutschgefahr!“ – das Schild warnt vor Eis und Glätte im Winter, mancherorts auch vor feuchten Böden im Markt, wenn geputzt wird. In jedem Fall schränkt es das Einkaufserlebnis ein. Dass die Raumluft frei ist von schädlichen Stoffen, können die Kunden und Mitarbeiter dagegen nur hoffen, nicht sehen.

Zum sicheren Einkaufen gehört auch der Schutz vor Überfällen. Je sicherer die Banken werden, desto gefährdeter sind Händler. Ein Ziel für Angreifer sind eher die kleinen Geschäfte mit nur ein oder zwei Mitarbeitern. Darauf weist Ralf Becker, Geschäftsführer von Draht+Schutz im Interview zu diesem Fokus-Thema hin. Besonders gefährdet sind Tankstellen-Shops mit ihren Öffnungszeiten bis spät in die Nacht. Immer öfter stellen sie die Kassen um auf geschlossene Zahlautomaten. Die Messe EuroCIS in Düsseldorf bietet zum Thema Cash Handling jedes Jahr Neues.

Für den Handel zählt auch die Gebäude-Sicherheit. Je früher ein Einbruch oder Brand entdeckt wird, desto schneller sind Polizei und Feuerwehr vor Ort, desto größer die Chance, Diebe zu stellen und auflodernde Flammen im Keim zu ersticken. Versicherungen ersetzen zwar vieles, aber die Anforderungen der Gesellschaften werden schärfer. Wer nicht in Sicherheitstechnik investiert, zahlt höhere Prämien. Dabei gibt es viele technische Möglichkeiten. Eine davon ist moderne Video-Technik. Was die neuesten Kameras können, welche Vorteile digital gegenüber analog bietet, darum geht es in unserem zweiten Interview. Gesprächspartner ist Detlef Schreiber, Vertriebsleiter DACH beim taiwanesischen Hersteller EverFocus Electronics.

September: Weltleitmesse für Sicherheit in Essen

Über den neuesten Stand in Sachen Sicherheitstechnik informiert die Security Messe vom 25. bis 28. September in Essen, dieses Jahr zum 20. Mal. Auf der Weltleitmesse für Sicherheits- und Brandschutztechnik präsentieren sich rund 1.100 Aussteller aus etwa 40 Ländern. Von mechanischer Sicherungstechnik, Brandschutz und IT-Security über Freigeländesicherungssysteme und Videoüberwachung bis hin zu Lösungen für die Meldung von Überfällen, Einbrüchen und Diebstählen können sich Fachbesucher umfassend informieren.

Wie bei vielen Messen üblich, werden in Essen „Awards“ für innovative Produkte verliehen, und es gibt ein umfangreiches Begleitprogramm mit Vorträgen. Zukunftsthemen der Branche sind der Schwerpunkt in der neuen „Research Area“ in Halle 8, wo sich erstmals forschungsorientierte Unternehmen und Institute auf einem Gemeinschaftsstand vorstellen. Aufgrund der großen Nachfrage stehen in diesem Jahr zum ersten Mal zwei Messehallen für den Bereich Brandschutz zur Verfügung (Halle 1 und 9). Die Sicherheitsdienstleister präsentieren sich in einer Sonderschau unter dem Dach des Bundesverbandes der Sicherheitswirtschaft (BDSW) und der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste (BDGW).

Oktober: Arbeitsschutz in Augsburg

Ein weiterer wichtiger Termin für Sicherheits-Experten ist Arbeitsschutz Aktuell, Fachmesse und Kongress vom 16. bis 18. Oktober in Augsburg. Die Veranstaltung findet alle zwei Jahre an wechselnden Messestandorten statt. Sicherheit am Arbeitsplatz ist nicht nur ein Thema auf Baustellen. Mit der Logistikkette ist Verkehrssicherheit für den Handel ein wichtiger Aspekt. Und Arbeitsmediziner haben ein kritisches Auge auf viele Tätigkeiten im Bereich Lager, Kasse oder Waren-Verräumung.

Beim Bau der Sportstätten für die Olympischen Spiele in London waren 46.000 Bauarbeiter beschäftigt – insgesamt 77 Millionen Arbeitsstunden. Es gab vergleichsweise wenig Unfälle und keinen einzigen Todesfall. Eine Studie der Loughborough University benennt neben großem Engagement aller Beteiligten, einem klaren Führungsstil und einem respektvollen Miteinander vor allem die vorbildlichen Kommunikationsprozesse als Erfolgsfaktoren dieser positiven Bilanz. Daraus kann auch der Handel lernen. Sicherheit am Arbeitsplatz sollte keine lästige Pflicht sein. Mitarbeiter merken, wenn sie wertgeschätzt werden, wenn man sich um ihr Wohlbefinden kümmert.

Dr.-Ing. Wolfgang Damberg, Vorsitzender des Vereins Deutscher Revisionsingenieure (VDRI) und Mitglied im Präsidium der Fachvereinigung Arbeitssicherheit (FASI) e.V., dem ideellen Träger des Kongresses und der Fachmesse in Augsburg, fordert ein stärkeres Miteinander „nach olympischem Vorbild“ auf allen betrieblichen Ebenen: „Zwar haben sich die Gesprächsstrukturen in vielen Betrieben schon verbessert, doch in der Betriebspraxis findet immer noch zu wenig Kommunikation statt. Es muss selbstverständlich sein, dass beim Kauf einer Maschine auch diejenigen in die Entscheidung miteinbezogen werden, die letztendlich an oder mit dieser Maschine arbeiten müssen.“ Warum spricht man nicht mit dem Kassenpersonal, bevor neue Scanner oder SB-Systeme eingekauft werden?

IT-Sicherheit hängt von Mitarbeitern ab

Bei alledem ist aber auch zu beachten, dass das Personal selbst zum Sicherheitsrisiko werden kann. Im Handel sollte man dabei nicht nur an „Inventurdifferenzen“ durch unehrliche Mitarbeiter denken. Ein gutes Betriebsklima wirkt vorbeugend. Sicherheits-Experten beklagen die mangelnde Sensibilität vieler Unternehmen beim Thema IT-Sicherheit. Sie beobachten, dass IT-Verantwortliche in erster Linie an Firewalls, Server-Ausfälle und Netzsicherheit denken. Mit dem vermehrten Einsatz mobiler Geräte für Beratung, Verkauf und Disposition spielt die Sicherheit von Mobilfunknetzen und WLAN eine immer größere Rolle. Die Online-Plattform www.kmu-sicherheit.de bietet kostenlose und neutrale Informationen.

Was die Experten am meisten bemängeln: In vielen Unternehmen weiß man kaum etwas über die Gefahren für die IT durch unachtsame Mitarbeiter. Diese sollen einerseits überall erreichbar sein, auch von zu Hause oder unterwegs Zugriff haben auf E-Mails, Filialdaten und Lieferprozesse. Dennoch sind deren Laptops oder Handys meist nicht geschützt gegen den Zugriff Dritter, wenn sie verloren gehen oder gestohlen werden.

Auch die Auswahl von Passwörtern oder das Versenden vertraulicher Informationen per E-Mail ohne Verschlüsselung sind Sicherheitsrisiken. Ebenso das Telefonieren mit dem Handy in der Öffentlichkeit – besonders bei sensiblen Themen. Wer im ICE unterwegs ist kann teilhaben an der Bearbeitung zahlreicher Powerpoint-Präsentationen. Durch den vermeintlich einfachen Datenaustausch mittels E-Mail, CD und USB-Stick oder durch Downloads aus dem Internet sind Viren und Trojaner schnell im Unternehmens-Netzwerk. Cloud Computing bringt neue Herausforderungen.

Sicherheit geht alle an

Sicherheits-Beauftragte können warnen und viel tun. Aber ein Dilemma bleibt: Jeden Tag, an dem sie Sicherheit – in welchem der vielen Felder auch immer – gewährleisten, wird als selbstverständlich gesehen. Wenn jedoch etwas schief geht, dann zieht man die Verantwortlichen gern zur Rechenschaft. Dabei sind viele Sicherheitsfragen Anforderungen ans ganze Unternehmen, an alle Mitarbeiter. Denn das schwächste Glied bringt eine Kette zum Zerreißen, nicht der starke Bolzen, an dem sie beginnt.

 

René Schellbach, iXtenso.com
 


 


 

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