Firmennachricht • 11.11.2009

Studie: In der Krise schlagen Langfinger häufiger zu

Wirtschaftskrise und verringerte Ausgaben in Anti-Diebstahl-Lösungen lassen Warenschwund auf neues Rekordniveau steigen: Handel zahlt in Deutschland 5,2 Mrd. Euro (1,17 % vom Umsatz). 

Für manche ist Ladendiebstahl ein Kavaliersdelikt, dem Einzelhandel bringt er jedes Jahr Milliardenverluste. Von Juli 2008 bis Juni 2009 zahlte der deutsche Einzelhandel rund 5,2 Mrd. Euro für Warenschwund. Gemessen am Umsatz machte Warenschwund damit rund 1,17 % des Handelsumsatzes (+3,5 % zum Vorjahr) in Deutschland aus – der höchste Wert seit 2002.
Weltweit kostete Warenschwund den Einzelhandel rund 84,165 Mrd. Euro. Dies entspricht einem Umsatzanteil von 1,43 % (+5,9 % zum Vorjahr), so die Ergebnisse des 3. Globalen Diebstahlbarometers, einer Studie zu den Kosten und Ursachen von Warenschwund und Kriminalität im weltweiten Einzelhandel. Bereits seit 2001 ermittelt die jährlich von Warensicherungsspezialist Checkpoint Systems unterstützte Studie Daten für den europäischen und deutschen Handel. Hauptgrund für die Zunahme liegt laut Studie in der weltweiten Wirtschaftskrise. „Ein Drittel des Anstiegs beim Ladendiebstahl führen die befragten Einzelhändler auf die wirtschaftliche Situation zurück“, erklärt Prof. Joshua Bamfield, Direktor des Centre for Retail Research (Nottigham) und Autor der Studie. Nicht nur weltweit, sondern auch in Deutschland und Europa stieg die Zuwachsrate beim Warenschwund damit auf ein neues Rekordniveau seit Studienbeginn.

Aus kriminologischer Sicht gibt es einige Hinweise, wonach mit steigenden Arbeitslosenzahlen auch die Kriminalität zunimmt. „Einige Kriminelle würden ansonsten harten Zeiten gegenüberstehen. Für Menschen, deren Familieneinkommen wegen Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit gesunken ist, könnte Diebstahl eine Möglichkeit sein, ihren bisherigen Lebensstil zu halten. Das Scheitern des Finanzsystems und der Politik in vielen Ländern hat viele Menschen ernüchtert. Sie könnten nun der Meinung sein, sich selbst um ihre eigenen Interessen kümmern zu müssen – auch mit illegalen Methoden –, da kein Vertrauen mehr in andere besteht, die Situation zu verändern“, so Prof. Bamfield weiter.

Verringerte Ausgaben in Diebstahlprävention
Den größten Anteil am Warenschwund hat der Ladendiebstahl: 53,6 % (2,8 Mrd. Euro) gehen auf das Konto von Kunden, 25,7 % (1,3 Mrd. Euro) verschwinden durch unehrliche Mitarbeiter. Den Rest verschulden Lieferanten (5,4 %; 0,3 Mrd. Euro) sowie interne Fehler (15,3 %, 0,8 Mrd. Euro). Durch Einzelhandelskriminalität wurde der deutsche Handel damit insgesamt mit rund 5,6 Mrd. Euro belastet. Neben den diebstahlbedingten Verlusten sind darin auch sicherheitsbezogene Kosten in Höhe von knapp 1,2 Mrd. Euro enthalten.

Während der Schaden für den deutschen Handel zugenommen hat, waren die Sicherheitsausgaben rückläufig. Betrugen sie 2008 noch 0,29 % des Umsatzes, fielen sie in diesem Berichtsjahr um rund 10 % auf 0,26 % des Umsatzes. Laut Diebstahlbarometer haben auch in Europa sowie weltweit viele Einzelhändler krisenbedingt ihre Sicherheitsausgaben gekürzt. Hier wurden 0,29 % bzw. 0,31 % in Sicherheit investiert (-14,7 % bzw. -6,1 % zum Vorjahr). „Die meisten Unternehmen haben unter den Folgen der Rezession zu leiden, nur wenige hat es aber wohl so hart getroffen wie den Einzelhandel”, erklärt Rob van der Merwe, Aufsichtsratsvorsitzender und Vorstandsvorsitzender von Checkpoint Systems, Inc. „Der Handel musste sein Budget in vielen Bereichen reduzieren. Die diesjährige Studie zeigt aber auch, was passiert, wenn bei der Diebstahlprävention zu sehr gespart wird. Weitsichtige Investitionen in Warensicherung können dagegen einen positiven Effekt auf den Gewinn haben – vor allem wenn Budgets für Training und Sicherheitspersonal gekürzt werden.“

Einzelhandelskriminalität kostet jede Familie 152 Euro
Gestohlen werden vor allem kleine und leicht zu verbergende sowie teure Markenartikel, die besonders begehrt sind und einfach veräußert werden können. Klaurenner sind laut Diebstahlbarometer elektronische Spiele, DVDs, iPods und MP3-Player, Bekleidung, Kosmetik und Parfum, Alkohol, Frischfleisch und Feinkost. Besonders diebstahlgefährdet sind zudem Rasierklingen, Mobiltelefone und Uhren. Im europäischen Vergleich wiesen die Bekleidungsbranche mit einer Schwundrate von 1,85 % (gemessen am Umsatz) sowie Lebensmittel- und Feinkostgeschäfte mit 1,8 % Spitzenwerte auf. Besonders häufig wurden dabei Accessoires (3,62 %) und Markenbekleidung (3,94 %) sowie Fleischfeinkost (3,1 %) gestohlen. „Wenn Einzelhandelskriminalität immer wieder als ein harmloses soziales Phänomen oder einfach als ‚Zusatzkosten’ betrachtet wird, ignoriert dies die Auswirkungen für die breite Öffentlichkeit. In 2009 kostete Warenschwund 553 Mio. Familien in den 41 untersuchten Ländern eine Steuer von 152 Euro auf ihrer Einkaufsrechnung“, so Prof. Bamfield weiter.

Nur Drittel der Klaurenner werden speziell gesichert
Tatenlos nahm der Handel aber auch im letzten Jahr das Treiben von Langfingern nicht hin. So stieg die Zahl der durch Einzelhändler gefassten Diebe in Europa um 262.000 auf insgesamt über 3,1 Mio. Diebe. Bei 96,7 % handelte es sich um Kunden, 3,3 % waren unehrliche Mitarbeiter. Während das Diebesgut bei Kunden durchschnittlich einen Wert von 94 Euro aufwies, schlug der Schaden durch unehrliche Mitarbeiter pro Delikt mit durchschnittlich 1.858 Euro fast 20 Mal so hoch zu Buche.
Am häufigsten eingesetzt wurden dabei Systeme zur elektronischen Artikelsicherung. Dabei werden Waren mit speziellen Sicherungselementen versehen. Sobald diese die Sicherungsantennen am Ladenausgang passieren, lösen sie einen Alarm aus.

Auffallend ist jedoch der hohe Anteil an Produkten, die nicht speziell gegen Diebstahl gesichert werden. „Knapp ein Drittel der 50 am häufigsten gestohlenen Produktgruppen erfahren keinen besonderen Schutz. Hier bietet sich dem Einzelhandel ein großes Potenzial, seine geringen Margen weiter zu schützen“, so Dirk Endlich, Deutschland-Chef von Checkpoint Systems. „Moderne Lösungen bieten dabei einen effektiven Schutz – von einfachen Antennensystemen bis zu umfassenden Warenschwund-Management-Systemen. Im Rahmen einer ganzheitlichen Strategie können sie den Einzelhändlern nicht nur helfen, ihre Gewinne zu sichern, sondern auch den Umsatz durch ein verbessertes Einkaufserlebnis für den Konsumenten ankurbeln.“
 
Über das Globale Diebstahlbarometer
Das Diebstahlbarometer ist seit 2001 eine jährliche Studie des Centre for Retail Research in Nottingham (Großbritannien) und wird von Checkpoint Systems unterstützt. Die diesjährige Studie weist Ergebnisse über Warenschwund und Kriminalität im Einzelhandel in 41 Ländern von fünf Kontinenten aus. Die Studie basiert auf Daten einer anonymen Befragung von 1.069 Einzelhändlern, die zusammen einen Umsatz von 603,112 Mrd. Euro erwirtschafteten und 121.741 Standorte haben. Alle Angaben des Berichts beziehen sich auf den Zeitraum Juli 2008 bis einschließlich Juni 2009. An der Studie beteiligten sich in Nordamerika 201 Unternehmen (213,889 Mrd. Euro Gesamtumsatz), in Europa 567 Unternehmen (331,316 Mrd. Euro), im asiatisch-pazifischen Raum 196 Unternehmen (43,247 Mrd. Euro), in Lateinamerika 67 Unternehmen (11,140 Mrd. Euro) und in Afrika 38 Unternehmen (2,932 Mrd. Euro). Erstmals untersucht wurden China (Shanghai, Peking, Guangdong und Hongkong), Marokko, Taiwan und die Türkei. Die Rücklaufquote beträgt 25,4 Prozent.
Verwendeter Wechselkurs: $1= € 0,773 (Durchschnittsrate zwischen Juli 2008 und Juni 2009)

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