Das Smartphone ist zu einem unerlässlichen Begleiter im Alltag des Konsumenten geworden. Ein Umstand, den Einzelhändler aktuell noch zu wenig für sich nutzen. Dabei kann die Indoor-Positionsbestimmung über Smartphones nicht nur wertvolle Informationen über das Käuferverhalten liefern, sondern gleichzeitig auch dem Kunden Mehrwerte in Form von Angeboten oder Navigationshilfen bieten.
Beacons haben seit 2013 einen wahren Boom erlebt. In diesem Jahr führte Apple seinen Standard iBeacon ein. Im Jahr 2015 zog Google mit Eddystone nach. Seither wurden bereits viele Einsatzszenarien im Bereich Indoor-Navigation und Location-based-Services erprobt. Das Nutzenpotenzial im Vergleich zu GPS-Lösungen ist nachgewiesenermaßen hoch, dennoch leidet die Technologie weiterhin unter den altbekannten Kinderkrankheiten: Installation, Reichweite und Batterielaufzeit. Einzelhändler, die die Vorteile von Beacons nutzen wollten, mussten sich bisher für Systeme entscheiden, für die zusätzliche, oft batteriebetriebene Geräte benötigt wurden und zudem mühsam zu installieren und zu warten waren. Hier kommt seit Neustem die Instore-Beleuchtung ins Spiel.
In Leuchtmitteln installierte Beacons verbessern Location-based-Services
Im Idealfall erreicht eine gute Beleuchtung jeden Winkel eines Stores. Einzelhändler können diese vorhandene Infrastruktur nutzen, um Lokalisierungsraster zu schaffen. Die Beacons werden dann direkt in der Lichtquelle installiert. So wird eine stetige Stromversorgung gewährleistet und die Technologie ist dann so gut wie wartungsfrei.
Die Beacons sind in der Lage, Google- oder Apple-konforme Signale zu senden. Sie selbst speichern keine personenbezogenen Daten. Dies geschieht in einer entsprechenden Shopping-App, die in den AGBs offenlegt, welche Nutzerdaten gespeichert werden und welche nicht. Diese löst dann auch entsprechende Angebote oder Informationen auf dem Smartphone des Kunden aus.
Die Bollag-Guggenheim AG konnte bereits in ihren Marc O‘Polo Stores in der Schweiz durch den Einsatz von in Leuchtmitteln installierten Beacons einen betriebswirtschaftlichen Mehrwert auf der Fläche erzielen. Beim Betreten der stationären Ladengeschäfte werden Kunden über die Smartphone-App, mit personalisierten Willkommensbotschaften und Angeboten belohnt. Bollag-Guggenheim profitiert wiederum von umfassenden Informationen zum Einkaufsverhalten seiner Kunden. Durch die Verknüpfung mit den bestehenden POS/CRM-Systemen kann Bollag-Guggenheim die Daten aus allen Verkaufskanälen übersichtlich und transparent verwalten.
Je mehr Beacons im Store installiert werden, desto genauer ist das digitale Ortungsnetz. Daher kann die Technologie auch zur Indoor-Navigation genutzt werden. Da jeder Beacon über eine eigene Identität (Location-ID) verfügt, stören sie sich untereinander nicht. Ein mit einer entsprechenden App ausgestattetes Smartphone kann die Signale anhand ihrer Stärke auswerten und mit Hilfe der hinterlegten topographischen Informationen die Position des Nutzers bestimmen. Aus der Position lässt sich eine Route zu einem beliebigen Point of Interest errechnen und anzeigen.
Visible Light Communication erleichtert Indoor-Navigation
Neben Beacons gibt es noch weitere Ortungslösungen, die ebenfalls über das Beleuchtungssystem integriert wird, so die Visible Light Communication (VLC). Jede Leuchte sendet hier einen digitalen Datenstrom über VLC in eine Richtung. Dieser Datenstrom ist für das menschliche Auge nicht sichtbar, wird aber von der Smartphone-Kamera erfasst. Da VLC direkt in LED-Leuchten eingebettet ist, erfordert es keine zusätzliche Installation, Wartung oder Stromversorgung. Die Leuchten stellen wie auch bei der Beacon-Technologie die Infrastruktur für den Indoor Positioning-Dienst bereit. Über ein iOS oder Android Software Development Kit sowie einen Cloud-Service können Einzelhändler die Ortungsfunktionen in ihre eigenen mobilen Anwendungen einbetten.
Der Media Markt Flagship-Store im Zentrum von Eindhoven nutzt diese Technologie bereits. Mithilfe der sogenannten „Store Guide“-App können Kunden nicht nur nach konkreten Produkten im Store suchen, sondern auch über entsprechende Oberbegriffe die jeweilige Abteilung finden. Die App zeigt die aktuelle Position an und ändert bei Bewegung den Standort in Echtzeit.
Auch hier werden keine personenbezogenen Daten angefordert, gesammelt oder gespeichert. Der Standort des Mobilgeräts wird anonym protokolliert. Das System speichert keine Verknüpfung mit Benutzer-IDs oder Namen. Die codierten Ortsinformationen werden lediglich von der App verwendet, um standortbasierte Dienste zur Verfügung zu stellen. Die Kunden können die App jederzeit deaktivieren.
Um die Kunden in eine Interaktion einzubeziehen, können die Einzelhändler sie ebenfalls auf ortsbasierte Werbeaktionen aufmerksam machen, ihnen relevante Informationen und Benachrichtigungen übermitteln. Denn ähnlich wie bei der Beacon-Technologie sendet jede Leuchte einen eindeutigen Code, den die Software der App erkennt.
Für oder Wider – Beacons vs. Visual Light Communication
Der Vorteil des Visual Light-Systems liegt in der Genauigkeit. Der Standort des Kunden-Smartphones kann in der Regel bis auf 30 Zentimeter genau ermittelt werden. Bei Beacons liegt die Reichweite zwischen 30 und 100 Metern, was die Bestimmung einzelner Produkte schwierig macht. Die Genauigkeiten auf Regalebene liegt hier bei etwa 50 Zentimeter, abhängig von der Beacon-Dichte im Store.
Ein Nachteil der VLC-Technologie: Sie funktioniert nur dann, wenn das Licht in die Kamera fällt. Dazu muss das Smartphone außerdem in einer waagerechten Position gehalten werden, damit der Lichteinfall optimal ist. Nur dann können entsprechende Daten generiert werden, die dann vom Retailer ausgewertet werden können. Der Service zielt also letztendlich auf die aktive Navigation ab. Aufgrund der hohen Positionierungsgenauigkeit lässt sich mit VLC eine produktgenaue Bestimmung verwirklichen.
Beacons haben im Bereich der Location-based-Services die Nase vorn. Die Technologie funktioniert immerhin auch, wenn sich das Smartphone in der Handtasche befindet. Der Einsatz von Beacons hat den weiteren Vorteil, dass diese nachträglich in die entsprechende Lichtinfrastruktur implementiert werden können. Die VLC-Technologie erfordert hingegen den kompletten Austausch der Leuchtmittel.
Letztendlich kommt es aber nicht auf die Hardware an. Es geht um das Kundenerlebnis, das sie bietet. Hier muss jeder Einzelhändler für sich entscheiden, welche Erlebnisse er schaffen möchte. Dabei gilt immer: Kunden sollten nur mit ausgewählten, sinnvollen Informationen oder Angeboten versorgt werden. Zu viele Push-Nachrichten stören das Einkaufserlebnis immens.