Unproblematische Ausnahmegenehmigungen von Fahrverboten könnten Möglichkeit sein Für große Irritationen sorgt im stationären Einzelhandel die Ankündigung von Verkehrsministerium, Landeshauptstadt und Regierungspräsidium, am 6. Mai die beabsichtigten Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität in Stuttgart bei einer Großveranstaltung öffentlich vorzustellen. Dabei geht es auch um die Einführung von Fahrverboten für Dieselfahrzeuge. Als besonders enttäuschend empfindet die Branche, dass die Politik an die große Öffentlichkeit geht, ohne, wie zunächst versprochen, der Wirtschaft und dem besonders betroffenen Handel zuvor die Möglichkeit zu geben, sich zu den Überlegungen zu äußern und Stellung zu nehmen. Insbesondere die gleichzeitige Mitteilung des Verkehrsministeriums, dass der Handel als am stärksten vom Fahrverbot betroffene Wirtschaftsbranche nicht mit Ausnahmegenehmigungen vom Fahrverbot ab 1.1.2018 rechnen darf, ärgert die Branche massiv.
„Die Politik ignoriert, dass sich der Handel momentan mitten in einem historischen Veränderungsprozess befindet, in dem es für das Überleben darauf ankommt, dass die von der Politik gesetzten Rahmenbedingungen optimal sind. Keinesfalls kann es ein Handelsunternehmen in diesen Zeiten gebrauchen, aus politischem Kalkül auch noch Planungsunsicherheiten ausgesetzt zu sein“ so Sven Maier, stellvertretender Präsident des Handelsverbandes und Inhaber von 3 Bettengeschäften, eines davon im Herzen Stuttgarts. Dass auf den Handel keine Rücksicht genommen wird, zeige die Entscheidung des Verkehrsministeriums zu den Ausnahmegenehmigungen bereits hinreichend, so Maier weiter: „Man setzt hier ganz offensichtlich auf die Kraft des Faktischen. Wenn der Plan erst einmal öffentlich vorgestellt ist, wird der auch so umgesetzt“, vermutet Maier. Als betroffener Händler stellt sich Maier ebenso wie viele seiner Kollegen die Frage, ob der Stadt klar ist, dass nicht nur Händler, sondern auch Kommunen im Wettlauf um den Kunden stehen. „Man kann doch nicht die Stadt abriegeln und sich gleichzeitig eine belebte Innenstadt wünschen. Das funktioniert nicht. Und was mit den Mitarbeitern im Handel geschehen soll, ist auch ein Rätsel“.
Derlei mit den Betroffenen undiskutierte Schnellschüsse der Politik lenken auch von nicht erledigten Aufgaben in Stuttgart ab: so sollte zunächst der Fokus auf einen engmaschigen, funktionierenden ÖPNV sowie auf moderne Verkehrs- und Parkleitsysteme gelegt werden, bevor Fahrverbote ausgesprochen werden. Das Szenario ist für den Unternehmer klar: Kunden, die schwere Waren in der Innenstadt besorgen wollen, wie (z.B. Bettwaren, Fernseher oder Geschirr), werden in der Innenstadt nicht mehr einkaufen, Mitarbeiter im Handel oder auch in anderen Gewerken, die mit ihrem Auto zur Arbeit fahren müssen aber nicht mehr können, werden sich nach einer anderen Arbeit umschauen, Kunden werden sich andere Einkaufsdestinationen suchen, kleine und mittlere Handelsgeschäfte werden schließen müssen, Firmen, die Planungssicherheit haben wollen, werden die Innenstadt verlassen, die Innenstadt wird leerer, unattraktiver und Stuttgart wird in jeder Hinsicht an Anziehungskraft verlieren. Daher fordert der Verband aus existentiellen Gründen, unbürokratische Ausnahmegenehmigungen für die Händler, seine Mitarbeiter und Kunden.
„Da ein Zukunftsmasterplan vom Land fehlt, ist bei all dem zu befürchten, dass die Hauptstadt Stuttgart als Blaupause für andere Städte stehen wird und eine Art Dammbruch bedeutet“, so Hermann Hutter, Präsident des Handelsverbandes Baden-Württemberg. „Auch der Handel wünscht sich saubere Luft und ist auch bereit, etwas dafür zu tun. Aus unserer Sicht müssen die Maßnahmen und die Ausnahmeregelungen aber so angelegt sein, dass der gesamte Wirtschaftsverkehr gerecht behandelt wird und die Interessen der Branchen fair gegeneinander abgewogen sowie drohende Einschränkungen beim Betrieb der in Stuttgart ansässigen kleinen, mittleren und großen Unternehmen in allen Branchen gering gehalten werden. Die momentan bekannten Regelungen deuten aus Sicht des Handelsverbandes jedenfalls auf eine erkennbare Ungleichbehandlung einzelner Branchen hin und bergen erhebliches Konfliktpotenzial. Natürlich wird es Ausnahmegenehmigungen geben, für Kleinbetriebe oder im „Notfall“, so viel könne man jetzt schon ahnen, auch ohne eine Glaskugel zu haben. Doch auch hier sind die Unsicherheiten groß und noch gibt es dazu keine Antworten, wie der bürokratische Aufwand für alle handelbar bleibe“.
Aus Sicht des Handelsverbandes wäre es sehr zu begrüßen, wenn, wie von der IHK Stuttgart bereits gefordert, die zur Luftreinhaltung erforderlichen Maßnahmen zur Reduzierung des Verkehrs für die Betroffenen nach nachvollziehbaren und als fair empfundenen Regeln erfolgen und die Entscheidungen transparent getroffen werden. Insofern regt der Verband dringend den sofortigen Dialog der Politik mit der Wirtschaft und insbesondere dem Einzelhandel auf Augenhöhe an.
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