Der Markt für grenzübergreifenden Onlinehandel wächst derzeit jährlich mit 25 Prozent. Im Jahr 2020 wird mit "cross-border e-commerce" voraussichtlich eine Billion US-Dollar weltweit umgesetzt. Konsumenten aus Deutschland bestellen vor allem dann im Ausland, wenn ein Produkt besser verfügbar ist, der Preis niedriger oder die Auswahl größer. Das sind Ergebnisse einer neuen Marktanalyse von McKinsey & Company. Hierfür wurden mehr als 1.800 Händler und Hersteller in Deutschland, China, USA, Großbritannien, Brasilien und Singapur befragt.
Onlinehändler machen mit ihrem Auslandsgeschäft bereits heute signifikanten Umsatz: Bei großen Onlinehändlern liegt der Anteil bei 15 Prozent, kleine und mittlere Onlinehändler sowie Multichannel-Händler kommen auf einen Anteil von durchschnittlich rund 10 Prozent. Der grenzübergreifende Handel im Internet wird vor allem durch den Versand von Kosmetika, Elektronikartikeln und Mode bestimmt. "Aber auch Anbieter von Haushaltswaren, Büroartikeln oder Lebensmitteln profitieren erheblich vom Onlineeinkauf im Ausland", erklärt Thomas Netzer, Seniorpartner und Experte für Postdienste und Logistik bei McKinsey. 71 Prozent der Onlinehändler erwarten, dass sie in Zukunft noch mehr Umsatz mit dem Verkauf ins Ausland machen werden. Neben Onlinehändlern bemerken insbesondere Hersteller in ihren eigenen Webshops eine stark steigende Nachfrage aus anderen Ländern: Der internationale Umsatzanteil wächst bei ihnen um 30 Prozent schneller als bei Händlern. "Grenzüberschreitender Online-Verkauf ermöglicht es den Herstellern, von nur einem Produktionsstandort aus ihre Markenprodukte direkt an Verbraucher in aller Welt zu vermarkten, ohne auf lokale Zwischenhändler angewiesen zu sein", sagt Experte Netzer.
Markt für Express-Lieferungen blüht international
Ein Profiteur des internationalen Online-Handels ist neben dem klassischen Paketmarkt auch der für Express-Sendungen. Bereits 120 Millionen Express-Lieferungen, also Sendungen mit garantierter Zustellung am nächsten Tag, werden weltweit pro Jahr an Privatpersonen ins Ausland verschickt. Das Wachstumspotenzial ist enorm, große E-Commerce-Spieler haben ihren Umsatz von 2013 auf 2016 verdoppelt. Auch kleinere Neueinsteiger auf dem Markt haben ihren Umsatz innerhalb weniger Jahre vervielfacht und sind teilweise zu signifikanter Größe aufgestiegen. "Expressanbieter müssen ihre Sendungsgrößen, ihre Preise, ihren Vertrieb und ihre Verträge an die neuen Onlinehändler und Hersteller anpassen", erklärt Ludwig Hausmann, Experte für Postdienste und Logistik bei McKinsey.
Der grenzübergreifende Onlinehandel und die damit einhergehende Verlagerung von B2B (Geschäftskundengeschäft) zu B2C (Lieferungen an Privatpersonen) bietet einerseits viel Potenzial für Wachstum, andererseits verändert er den Markt massiv: Start-ups und neue Spieler wie Mittelsmänner (Paketsammelstellen) bedrohen das Geschäft der großen Logistikunternehmen, erhöhen den Preisdruck und verwässern die Wahrnehmung der Logistik-Marken.
Netzer: "Das E-Commerce-Geschäft erfordert einen Spagat von den Express-Dienstleistern. Auf der einen Seite müssen sie mit einem, verglichen zu traditionellem B2B-Geschäft, erheblichen Preisdruck zurechtkommen. Auf der anderen Seite treiben auch die Verbraucher die Kosten - gerade bei geringeren Zustelldichten auf dem Land sowie steigendenden Qualitätsanforderungen und Serviceerwartungen." Die Kunden erwarteten heute einfache Rücksendeoptionen, wählbare Zustellzeitfenster und einen rund um die Uhr erreichbaren Kundendienst.