Nachstehend lesen Sie einen Auszug aus einem Interview mit Sami Hero, Chief Customer Experience Officer im Hauptsitz von HappyOrNot in Tampere, Finnland. Hier sprach er mit dem freischaffenden Autor Tom Hagy aus Philadelphia.
Lesen Sie hier einige interessante Überlegungen und erfahren Sie mehr über Best Practices, wie Sie den Kundenfokus zum Bestandteil Ihrer Unternehmens-DNA werden lassen können und wie sich die Kundenzufriedenheit auf Ihre Wettbewerbsfähigkeit und Ihren Gewinn auswirkt. Für eine optimale Customer Experience (CX) fördern erfolgreiche Unternehmen die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit und binden wichtige Aspekte der CX in ihre Unternehmenskultur ein. Mit unserer Beitragsreihe möchten wir Unternehmen dabei unterstützen, CX richtig zu verstehen.
Was ist CX genau und was ist es nicht? Wie erkenne ich, ob mein Unternehmen eine positive CX bietet? Viele Unternehmen verstehen das Konzept falsch, weil sie denken, es reicht, ein System dafür zu haben. Allerdings kann ein solches System die Customer Experience sogar negativ beeinträchtigen. Denn oftmals führt es zu dem kontraproduktivem Verhalten, dass sich Angestellte nur vor schlechten Bewertungen schützen wollen, anstatt sich effektiv für die Verbesserung der Customer Experience einzusetzen. Vielen Unternehmen ist noch nicht bewusst, dass die permanente Nachverfolgung der CX dazu beiträgt, informierte Entscheidungen zu treffen, die die Gewinne steigern. Lesen Sie, was Sami über seine Erfahrungen im B2C und B2B berichtet.
Sami, was verstehen Sie unter Customer Experience?
Sami Hero: Das kann unterschiedliche Bedeutungen haben, je nach Kundentyp. Aber allgemein formuliert geht es dabei um die emotionale Assoziation, die Kunden mit einem Anbieter oder Dienstleister verbinden.
Fällt Ihnen eine Beispielsituation aus dem B2B-Bereich ein, in der eine negative Assoziation entstanden ist?
Bei meiner Arbeit für ein großes Marktforschungsunternehmen habe ich einmal für ein E-Commerce-Projekt einen externen Anbieter beauftragt, der uns bei den technischen Aspekten unterstützen sollte. Der Preis des Auftragnehmers lag weit über unserem Budget. Genauer gesagt, fast 1 Mio. Dollar über dem Budget. Und dann funktionierte das Produkt nicht! Auf unsere Nachfrage bestätigte der Anbieter, dass ein Problem aufgetreten war und bot an, es zu lösen, aber wir sollten dafür bezahlen.
Obwohl sie ihre eigene Arbeit nicht richtig gemacht hatten?
Sie hatten es komplett vermasselt.
Okay … Wie sieht es mit Ihrer Erfahrung als Verbraucher aus? Hatten Sie da mehr Glück?
Das erste, was mir dabei aus Verbrauchersicht einfällt, ist eine Erfahrung mit einer Autowerkstatt. Ich habe ein 20 Jahre altes BMW-Cabrio, das natürlich von Zeit zu Zeit repariert werden muss. Einmal stellte ich nach einem Werkstattbesuch fest, dass der Wagen zwar fuhr, aber ein Rückstrahler in der Stoßstange zerbrochen war. Ich schickte der Werkstatt ein Foto und sie versprachen, sich darum zu kümmern. Die Zeit verstrich und es passierte nichts. Ich rief wieder an. Letztendlich behaupteten sie, sie könnten das Ersatzteil nicht finden. Ein Jahr später meldeten sie sich bei mir. Sie fragten, warum sie mich so lange nicht mehr gesehen hatten, und wiesen darauf hin, wie wichtig die Wartung des Autos ist.
Ich vermute, sie hatten vorher keinen Blick auf ihre Aufzeichnungen geworfen.
Ich stelle bei der Autoreparatur wirklich nur minimale Ansprüche, aber nicht einmal die haben sie erfüllt.
Würden Sie also sagen, dass die Erwartungen an die Customer Experience (Kundenerfahrung), die ein Unternehmen bietet, Teil seiner Marke sind?
Auf jeden Fall. Gute Unternehmen definieren die Erwartungen der Kunden vorab und übertreffen sie dann. Wenn Sie nicht erst konkrete Erwartungen definieren, ist die Kundenzufriedenheit ein bewegliches Ziel (Moving Target). Denn niemand kann den Erwartungen aller entsprechen. Das Spektrum ist viel zu groß.
Manchmal geben die Angestellten wirklich ihr Bestes, aber das System ist falsch aufgebaut. Können Sie ein Beispiel für solche systematischen Fehler nennen?
Ich bin auf meinem Karriereweg viel gereist. Ich komme aus Finnland und arbeite jetzt hier, aber früher habe ich in Amerika gearbeitet und war oft in den USA und in Europa unterwegs.
Bei einer Fluggesellschaft hatte ich Vielflieger-Status. Daher bekam ich ziemlich oft Upgrade-Coupons. Einmal war die Frist zum Einlösen schon abgelaufen, aber sie machten eine Ausnahme und akzeptierten den Coupon. Ich bekam ein Upgrade auf die Business Class für einen langen Flug von Newark nach Scottsdale. Ich freute mich auf meinen bequemen Sitz mit viel Beinfreiheit … ungefähr 10 Minuten lang. Dann kam ein Mitarbeiter der Fluggesellschaft zum Gate und stufte mein Ticket wieder auf die Economy Class zurück. Der Grund: angeblich sei dieser Platz nicht für Upgrades zugelassen.
Was für eine Enttäuschung.
Ja, und obendrein war mein ursprünglicher Platz in der Premium Economy mittlerweile an einen anderen Passagier vergeben worden. Ich verlor also nicht nur den Platz in der Business Class, sondern musste auch noch ganz hinten im Flugzeug sitzen.
Hat die Fluggesellschaft versucht, ihren Fehler auszubügeln?
Sie versprachen mir Extraservice und stellten mich sogar dem Chefsteward persönlich vor, der mich während des Flugs mit besonderer Aufmerksamkeit betreuen sollte.
Okay, das ist nett.
Ich habe den Chefsteward nie wieder gesehen.
Oh!
Ich leite selbst ein ziemlich großes Team im Bereich Kundenservice und Marketing, daher finde ich ein solches Verhalten absolut unangemessen. Die Coupons klingen zunächst verlockend. Aber wenn sie zu schnell verfallen oder wenn sie nur für kurze Flüge oder Flüge mit mehreren Umstiegen genutzt werden können, stimmt mit dem System des Unternehmens etwas nicht. Was nützt mir ein Programm, mit dem ich meine Kunden regelmäßig enttäusche? Versprechen zu geben, die dann nicht gehalten werden, ist natürlich billiger für das Unternehmen – wie Gutscheine, von denen man weiß, dass sie niemals eingelöst werden – bringt aber dem Kunden nichts. Außer Frustration.
Betrachten wir kurz den Return-on-Investment. Steigern Unternehmen, die Echtzeitfeedback nutzen, ihre Gewinne?
CX-Feedback kann beispielsweise sehr gut zur Gewinnsteigerung beitragen, wenn das Unternehmen damit bislang unbekannte Präferenzen für Produkte entdeckt. Ein Bistro in einem Bürogebäude könnte zum Beispiel feststellen, dass seine Kunden besonders gern den Hackbraten mögen, der kostengünstiger ist als der weniger beliebte Rosenkohl, aber gleichzeitig für die Kunden offenbar einen höheren Wert hat. Anhand dieses konstanten Mikro-Feedbacks können Sie Tendenzen erkennen, die Unternehmen dabei unterstützen, mit nur geringfügigen Anpassungen ihre Kapitalrendite zu steigern.