Bericht • 07.01.2011
Handy und Karte statt Scheine und Münzen
Neues aus der Kassenwelt – das ist alljährlich ein wichtiges Thema auf der EuroCIS. Was sich in den letzten Jahren abzeichnete, wird sich im Februar noch verstärken: Neben dem Umgang mit Bargeld rückt das bargeldlose Zahlen immer mehr in den Mittelpunkt. Dabei schaut der Handel nicht nur auf seine Hardware, sondern auch auf die Ausstattung seiner Kunden. Wann haben sie die neuen EC- und Kreditkarten mit Chip im Geldbeutel? Wann möchten sie mit dem Handy bezahlen? Und was bringt das beim Bezahlvorgang an der Kasse?
Letztes Jahr hat Easycash M-Pass in einer Testumgebung vorgestellt. Dieses Jahr will Itellium in Düsseldorf mit einem Fußball-Fanshop für Furore sorgen. M-Pass ist ein mobilfunkgestütztes Online-Bezahlsystem, bei dem Easycash seit Dezember 2009 als strategischer Zahlungsabwickler fungiert. Partner waren zunächst Vodafone und Telefonicá O2, inzwischen ist T-Mobile mit an Bord. Easycash möchte M-Pass gern auch fürs Handy-Bezahlen im Handel anbieten. Die Zahlung erfolgt über die Kredit- oder EC-Karte.
Der IT-Dienstleister Itellium steigt ins bargeldlose Bezahlen per Smartphone ein. Dem Handel bietet sich damit eine technische Alternative zu existierenden Bezahlsystemen. Dabei bleibt Itellium im Hintergrund. Geboten wird eine Plattform als Schnittstelle zwischen den Providern und dem Handel. Die ehemalige Karstadt-Tochter will dem Handel den quadratischen QR-Code schmackhaft machen. Gedruckt auf den Kassenbon oder angezeigt auf einem Display, fotografiert ihn der Kunde mit seinem Mobiltelefon und gibt mit seiner PIN die Überweisung von seinem Konto frei. Vorteil: Der Handel muss nicht in die Nahfeldkommunikation (NFC) am POS investieren, die Kunden brauchen kein NFC-fähiges Handy und sie müssen auch keine Kontodaten preisgeben. Sie benötigen auf ihrem Smartphone nur ein kleines Zusatzprogramm, eine Scan & Buy-App; die Zahlung erfolgt dann über das bereits vorgestellte System Itellipay.
Anfang 2011 will Itellium sein Verfahren bei einer großen Supermarkt-Kette testen. Über ein einfaches Software-Update soll es auf bestehende Kassen gespielt werden und so auch für kleine Händler attraktiv sein. Zudem könnte es in Online-Shops oder sogar auf Plakaten zum Einsatz kommen. Die Codes können dem Nutzer auch Zusatzinformationen aufs Handy bringen. Dem Handel eröffnen sie neue Wege zu mobilen Kundenbindungskonzepten oder Gewinnspielen.
Neue Karten mit Funkchips
Auch beim Bezahlen mit der Karte tut sich einiges. Im Dezember konnte der Kreditkartenanbieter Visa einen großen Erfolg melden: Die Postbank wechselt mit ihren 6,4 Millionen Bankkarten vom dominierenden Anbieter Mastercard und seinem System „Maestro“ bis Mitte des kommenden Jahres komplett zum Visa-System „V-Pay“. Bisher hatte Visa Europa nur einige Volks- und Raiffeisenbanken, die LBBW-Tochter BW-Bank und die Landesbank Berlin auf ihrer Seite. Von den rund 92 Millionen in Deutschland ausgegebenen Plastikkarten entfallen nach Angaben von Visa nun zehn Millionen auf V-Pay.
Die Postbank begründete den Wechsel vor allem mit einem besseren Schutz gegen Skimming, das illegale Abgreifen von Karteninformationen bei der Auszahlung am Geldautomaten. In Deutschland arbeiten Maestro und V-Pay beim Abheben und an der Kasse im Handel mit dem Girocard-Standard, hinter dem die drei deutschen Bankenverbände stehen. Allerdings können die Kunden die V-Pay-Karte nur in Europa einsetzen, für Reisen etwa in die USA brauchen sie eine Kreditkarte.
Große Erwartungen hat der Handel an das kontaktlose Bezahlen mittels Funkchips, weil damit das Einführen der Karten in die Terminals entfällt. Immer mehr Bankkunden haben Kreditkarten mit den NFC-Funkchips im Geldbeutel. Auch immer mehr EC-Karten, etwa von Payback, sind mit der Technik ausgestattet. Bis zu 25 Euro dürfen die Kunden kontaktlos ohne PIN-Eingabe bezahlen. Der Betrag wird einfach vom Chip abgebucht – wie seinerzeit bei der gescheiterten Geldkarte.
Kosten für Kartenzahlung und Bargeld
Bislang schrecken den Handel vielfach die hohen Transaktionsgebühren davon ab, Kreditkarten zu akzeptieren. Mit der kontaktlosen Lösung für Kleinbeträge wollen Abwickler wie Easycash, Intercard oder Telecash besonders bei Verkehrsbetrieben, Kiosken, Metzgereien oder Bäckereien werben, denn dafür würden sie geringere Gebühren berechnen. Bei Bäckern und Metzgern käme noch ein weiteres Argument hinzu: die Hygiene. Der gleichzeitige Umgang mit Bargeld und frischen Lebensmitteln ist umständlich – und ein Ärgernis für kritische Kunden.
Quelle: Toshiba Bislang kalkulieren gerade kleinere Händler kaum die Kosten, die ihnen der Umgang mit Bargeld verursacht. Cash Handling heißt das bei den großen Handelsunternehmen. Und sie wissen recht genau, was sie das kostet: Wechselgeld bei der Bank besorgen, Einnahmen zählen und zur Bank bringen – von der Gefahr durch Diebstahl, Überfall oder Falschgeld ganz zu schweigen. Den Umgang mit Bargeld an der Kasse erleichtern Automaten für Wechselgeld und Scheine, sie übernehmen auch das so genannte Cash Recycling, die erneute Ausgabe eingenommener Scheine und Münzen.
Auch das bargeldlose Bezahlen kostet Geld. Der Handel in Deutschland kämpft lautstark für die Erhaltung des kostengünstigen Elektronischen Lastschriftverfahrens (ELV). Doch dieses Bezahlen einfach mit der Unterschrift auf dem Kassenbon ist eine nationale deutsche Insellösung im einheitlichen europäischen Zahlungsraum Sepa. Die Zukunft von ELV ist ungewiss.
Die Kosten spielen auch bei den Terminals eine wichtige Rolle, Der Handel wurde in den letzten Jahren von technischen Neuerungen getroffen, die zu Neuinvestitionen zwangen. Jetzt, mit der Funktechnik, stehen wieder neue Terminals an den Messeständen der Anbieter. Die Verfechter des QR-Codes fürs Handy sehen genau hier ihre Chance. Aber sie müssen den Handel von ihrer Alternative erst noch überzeugen. Vielleicht etablieren sich auch beide Verfahren parallel.
René Schellbach, iXtenso.com
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