Herr Blum, ihre Erinnerungen an den Markteintritt 1994? Wie entstand die Idee zur Angebotserweiterung mit Bezahlterminals?
Uns als EL-ME AG gab es ja schon vorher! Unser erster Geschäftszweig waren die elektronischen Messgeräte für Heizungsleser, daraus leitete sich auch unser damaliger Name „EL-ME“ ab. Auf die Paymentschiene kamen wir – wie man so schön sagt – wie die Jungfrau zum Kinde. Über den Sparkassenverlag DSV erreichte uns eine Anfrage nach Taschenkartenlesern für die damals gerade in Planung befindliche GeldKarte. Wir beteiligten uns an der Ausschreibung und erhielten, fast schon überraschend, den Zuschlag. Unser allererstes Paymentprodukt war dann der „TKL-A10“, der die ZKA Zulassungsurkunde mit der „historischen“ Nummer 1 erhielt.
Nachdem dieser Taschenkartenleser von uns in einer Stückzahl von 1,5 Millionen produziert wurde, war uns klar, dass hier zu viel Potential steckte um es bei einem Ausflug bewenden zu lassen. Der Startschuss für die Terminalproduktion war gefallen. Mit dem PT-A10 konnten wir kurze Zeit später unser erstes Terminal mit reinem Chipleser für die GeldKarte präsentieren. Damals wurde dem Magnetstreifenleser so gut wie keine Überlebenschance vorhergesagt. Knapp eineinhalb Jahre später und um die Erfahrung reicher, dass der Handel seine eigenen Gesetzt kennt, hatten wir mit dem PT-A30 das erste Lastschriftterminal mit Chip-und Magnetstreifenleser im Portfolio.
Was waren die größten Barrieren dabei?
Wir waren, gemessen an den damals großen Playern wie z.B. Giesecke & Devrient, Krone, DeLaRue oder auch TrinTec, ein kleines Start-up, das sich in einem relativ neuen Markt erst etablieren musste. Aber wir waren hoch motiviert und hatten ein klar gestecktes Ziel: Wir wollen mit neuester Technologie ein neues Preissegment eröffnen.
Wie hat sich die Paymentbranche in den letzten 20 Jahren verändert?
Auf kaufmännischer Seite fallen natürlich die drastischen Preisreduzierungen ins Gewicht, denen wir als Hersteller unterworfen sind. Technisch gesehen sind im Gegenzug die Ansprüche deutlich gestiegen, was ich aber gleichzeitig als sehr spannend wahrnehme. Ich denke, uns stehen noch viele technische Revolutionen bevor, die aktuellen Marktveränderungen Richtung M-Commerce, Nutzung von NFC und Smartphones sind erst der Anfang.
Unsere Mitbewerberlandschaft hat sich stark ausgedünnt im Zuge dieser Entwicklungen. Die Reduktion der Nutzungszeiten und die immer schneller notwendigen Modernisierungszyklen sind eines Teils wirtschaftlich sehr zu begrüßen, verschlingen aber natürlich auch sehr viele Ressourcen in Entwicklung und Planung.
Wie bewältigt man als Unternehmen diesen raschen Wandel?
Partnerschaften spielen eine unwahrscheinlich große Rolle. Wir als CCV mit Schwestergesellschaften in Holland, Belgien und der Schweiz haben das Glück die immer häufigeren, internationalen Projekte sowohl finanziell als auch personell aufteilen zu können. Auch hinsichtlich Know-How und Ideen konnten wir auf dieser Ebene schon viele Synergieeffekte nutzen. In der Materialwirtschaft können wir uns heute nur noch auf dem Weltmarkt bewegen um Systeme und Komponenten wirklich effizient einzukaufen. Ergänzt mit unseren Eigenentwicklungen konnten wir den Marktveränderungen bisher gut begegnen.
Was hat Ihrer Meinung nach den Pos im Handel in den letzten Jahrzehnten am entscheidendsten geprägt?
Früher umfasste unser Angebot zwei Terminals, ein stationäres und ein mobiles. Dies entsprach der Nachfrage. Heute gibt es im Markt eine Vielzahl an Speziallösungen, die zwar jeweils ähnliche Hardware benötigen aber auf Softwareseite verschiedenste Karten, Gutscheine und Bezahlarten akzeptieren müssen. Ich denke da alleine an die vielen verschiedenen Fankarten, die in den Fußballstadien benutzt werden oder auch an die internationalen Funktionen wie TaxFree oder DCC, die dynamische Währungsumrechnung.
Die meisten Händler – und damit meine ich nicht nur die großen Konzerne sondern auch die Einzelhändler – haben mittlerweile genaue Vorstellungen was sie ihren Kunden am Point-of-Sale bieten wollen und müssen um wettbewerbsfähig zu bleiben. Das Bezahlterminal spielt heute eine viel entscheidendere Rolle im Handel, es kann auch komplexe Kassensysteme vollständig substituieren - mit direktem Anschluss an Warenwirtschaftssystem und Webshop.
Was waren die großen Meilensteine in der Geschichte des Unternehmens? Auch jene Entscheidungen, die, vielleicht auch erst rückblickend, richtungsweisend für die Unternehmensentwicklung gewesen sind?
Einer der ersten und wichtigsten Meilensteine war sicherlich die Eigenentwicklung unseres Hybrid-PIN-Pads „MPP“ im Jahr 1999, das mit eigener Sicherheitsarchitektur erstmals den Schritt vom einfachen GeldKarte-und Lastschriftterminal hin zu den vollwertigen Secure-PIN-Pads vollzog. Unsere eigene Automatenterminalfamilie OPP, die wir seit 2001 in eigener Ingenieursleistung bauen, brachte uns dann in diesem Segment die Marktführerrolle.
Eine der wichtigsten Entscheidungen jüngeren Datums war die Eingliederung der Serverlösung „acCEPT“ in unser Portfolio. Wir haben damit den Zeitgeist getroffen, denn zentrale Steuerung und Wartung ebenso wie schnelles Updaten eines großen Terminalbestandes gehören zu den Hauptanforderungen der großen Retailer.
Was bezeichnen Sie rückblickend als Ihre beste Entscheidung?
Unsere gesamte Systemkompetenz blieb und bleibt hier an unserem Standort Au in der Hallertau, auf diese Weise bleiben wir in unserer Qualität und Preisgestaltung stimmig, sowohl für unsere Geschäftspartner als auch unsere Lieferanten. All unsere Kernkompetenzen sind bei uns im Haus eingebettet.
Ausblick für die nächsten zwei, drei Jahre? Wo liegt die größte Herausforderung? Was sind Ihre Visionen?
Für den kleinen Händler stehen noch große Herausforderungen sozusagen vor der Ladentür, die sich mit dem Trendthema M-Commerce schon heute zeigen. Der Händler muss abgeholt und mit umfassenden Komplettlösungen versorgt werden. Dies beginnt am Kassenplatz und geht über Abrechnung und Auswertung seiner Einnahmen bis hin zur Steuerung seiner Onlinegeschäfte. Diesen Wandel, der deutlich auch in Richtung NFC-basiertem Zahlungsverkehr geht, wollten wir aktiv mitgestalten und zu einem der Trendsetter in der Paymentwelt gehören. Dafür stehen auch unsere vier Kompetenzzentren in Au, Hamburg, Moers und Berlin, die kundennah in ganz Deutschland agieren.
Fällt Ihnen noch eine Geschichte oder Anekdote ein, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Unser erster, eingangs erwähnter Geschäftszweig der elektronischen Messgeräte – der mittlerweile längst verkauft ist – sorgte noch hin und wieder für Verwirrungen. Einer unserer ersten Geschäftspartner, der uns übrigens heute noch verbunden ist, fragte mal in aller Unschuld „Ihr kommt doch aus dem Heizungsbau?“. Das sorgte für einige Lacher, gerade vor dem Hintergrund dass wir damals schon ein Spitzenprodukt herstellten, das den heute gängigen Funkbetrieb für die Heizungsleser in die heimischen Wohnzimmer gebracht hat.
Interview: CCV Deutschland GmbH