Instant Payment-Lösungen mit großem Potenzial
Für den Kunden wird das Bezahlen so einfach, wie das Versenden einer E-Mail
Bis vor kurzem war Instant Payment nur Fachleuten ein Begriff und wurde zudem mit verschiedensten Definitionen belegt. Es folgt der Versuch, ein wenig Ordnung zu schaffen und einen Überblick zu geben.
Worum geht es?
Eine gute Definition liefert die van den Berg AG: Danach ist Instant Payment eine elektronische multikanalfähige Zahlungsverkehrslösung, die ständig (24/7) zur Verfügung steht. Sofort oder annähernd sofort, also innerhalb von Sekunden nach Auslösung der Zahlung, wird die Zahlungsnachricht an die Bank des Zahlungsempfängers übermittelt, die Ausführung dem Zahler bestätigt, die Zahlung auf dem Konto des Zahlungsempfängers gutgeschrieben und der gutgeschriebene Betrag verfügbar gemacht. Im Unterschied zu klassischen Alternativen, die die Ausführung der Zahlung lediglich ankündigen, steht der Betrag bei einer Instant-Zahlung innerhalb von Sekunden final auf dem Empfängerkonto zur Verfügung.
Inzwischen wurde auf europäischer Ebene und basierend auf der SEPA-Überweisung ein Rulebook (SCTInst) geschaffen, das die Prozesse zwischen den beteiligten Banken vom Eingang der Überweisung bei der Bank des Zahlers bis zur Buchung bei der Bank des Zahlungsempfängers beschreibt. Die Umsetzung des Regelwerkes ist für die Banken nicht verpflichtend. Aus Nutzersicht ist von Bedeutung, dass entsprechende Instant-Zahlungen innerhalb von 10 Sekunden (beginnend mit der Übergabe der Zahlerbank an die Infrastruktur) abgewickelt werden müssen und auf maximal 15.000 Euro begrenzt sind.
Mit Instant Payment müssen auf Bankenseite neue Infrastrukturen geschaffen werden, weg von der „Batch-Struktur“ (Sammlung von Datensätzen und Verarbeitung „in einem Rutsch“), hin zur Instant-Struktur (Just in Time-Verarbeitung).
Bedeutung aus Handelssicht
Instant Payment-Prozesse sind geeignet, den Zahlungsverkehr von heute neu zu gestalten. Mit einer sofortigen finalen Abwicklung wird den Ansprüchen heutiger Geschäfte Rechnung getragen. Die Vorteile des Zug-um-Zug-Tausches bei Bargeschäften werden auf eine digitale Ebene gehoben. Sogenannte Cashless-Cash-Geschäfte werden ermöglicht und bieten (nicht nur) dem Handel neue Möglichkeiten der Geschäftsabwicklung, ohne auf die Zahlungsgarantien eines Zahlungssystems angewiesen zu sein.
Mit dem geschaffenen europäischen Regelwerk ist allerdings nur der Anfang gemacht, da bislang lediglich die Interbankenprozesse betrachtet werden. Wichtig ist, eine Ende-zu-Ende-Betrachtung, vom Zahler bis zum Zahlungsempfänger zu wählen. Es müssen entsprechende Produkte entwickelt werden, die die neu zu schaffende Banken-Infrastruktur nutzen. Banken sollten motiviert werden, Instant-Payment Überweisungen anzunehmen und abzuwickeln, auch um die Zukunft des Girokontomodells zu sichern.
Was ist zu tun?
Der Handel arbeitet an der Standardisierung notwendiger Schnittstellen, die erforderlich sind, um Zahlungsinformationen zur Abwicklung bereitzustellen und erhaltene Zahlungseingänge auf dem Händlerkonto an der Kasse sichtbar zu machen. Dazu werden derzeit unter Federführung von GS1-Germany, einer weltweit tätigen Standardisierungsorganisation, die Schnittstellen des Handels zu Instant Payment-Prozessen europaweit standardisiert. Im Einzelnen werden die Übergabestellen „Kasse zur Banking-App“, „Händlerkonto zur Kasse“ und „Händler-App zur Banking-App“ definiert. Es geht darum, die notwendigen Daten in standardisierter Form bereitzustellen bzw. aufnehmen zu können. Damit können Anbieter neuer Zahlungsdienste an die Systeme des Handels andocken.
Die Banken sollten SCTInst aktiv anbieten und akzeptieren. Notwendige Infrastrukturen sollten aufgebaut werden, um Instant-Produkte abwickeln zu können. Dabei können die Banken auch eigene Produkte kreieren bzw. vorhandene Zahlarten zu Instant-Produkten weiterentwickeln.
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Vorteile von Instant Payment
Der Handel kann sich von den bisherigen Zwängen der Zahlarten lösen und wieder selbst bestimmen, wie er seine unternehmensinternen Prozesse aufstellt. Die entsprechenden Schnittstellen werden bereitgestellt, interne Prozesse eigenverantwortlich entwickelt. Die Prozesse auf Kundenseite werden den Banken bzw. den Produktanbietern überlassen.
Banken wiederum haben die Gewissheit, dass alle Zahlungen über das Bankkonto abgewickelt werden, die Gefahr der disruptiven Tätigkeit internationaler Zahlverfahren wird gemindert.
Dienstleister können eigene Produkte unter Nutzung der Bankeninfrastruktur entwickeln und betreiben. Wettbewerb kann entstehen, zusätzliche Dienstleistungen können Mehrwerte schaffen.
Die Bundesregierung sollte das Thema positiv begleiten. Zwischen den Wirtschaftsakteuren ist das Bezahlen ein wesentlicher Punkt und gehört zum Abschluss jedes Geschäfts. Eine mögliche Effizienzsteigerung durch Instant Payment kommt allen Akteuren zugute und mindert Reibungsverluste. Insbesondere im Onlinehandel ist die Unsicherheit bei der Wahl des Zahlverfahrens oft mit Kaufabbrüchen verbunden. Eine europaweite und für den Handel standardisierte Zahlungslösung, die für jeden Verbraucher durch individuelle Produktgestaltung angepasst werden kann, kann hier einen Beitrag zur Lösung leisten.
Instant Payment hat Potenzial. Vorhandene Zahlarten könnten auf die neu zu schaffende Infrastruktur umgebaut werden. Neue Produkte könnten durch Dritte Dienstleister entstehen. Das Girokontomodell bleibt Dreh- und Angelpunkt der Zahlarten. Etablierte Banken könnten sich gegenüber Zahlungsplattformen abgrenzen.
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