iXtenso hat mit Andreas Löw, Marketingleiter bei Feig Electronic, gesprochen. Das Unternehmen entwickelt RFID-Komponenten für eine Vielzahl von Anwendungsbereichen, darunter Shop Floor- und Supply Chain-Management.
Herr Löw, welche konkreten Vorteile ergeben sich für Einzelhändler durch den Einsatz der RFID-Technologie am Point of Sale?
Hier würde ich die Vorteile für den Einzelhandel allgemein und speziell am PoS unterscheiden. Das Kennzeichnen von Produkten mit RFID-Transpondern ermöglicht eine permanente Inventur und daraus resultierend eine optimale Verfügbarkeit aller Produkte im Shop. Der Diebstahlschutz erhöht sich durch die Tatsache, dass man nicht nur weiß, dass etwas gestohlen wird sondern ganz exakt was – dies erleichtert die Feststellung eines Diebstahls und die Suche danach. Schließlich erhöht der Einsatz von RFID den Schutz vor Plagiaten durch deren frühzeitige Identifikation bereits bei der Wareneingangskontrolle.
Direkt am PoS, also an der Kasse, sorgt RFID für schnellere Bezahlvorgänge und dadurch einen höheren Umsatz vor allem in Stoßzeiten. Ermöglicht wird dies durch die Nutzung kontaktloser Kredit- oder Geldkarten – hier sei mit girogo die kontaktlose Bezahlfunktion der Deutschen Kreditwirtschaft genannt. Bis zu einem definierten Betrag (i.d.R. um die 30 Euro) kann hier ohne PIN-Eingabe oder Unterschrift „im Vorbeigehen“ bezahlt werden. Das sorgt bei den Kunden für einen schnelleren Einkauf und für den Händler für höhere Umsätze sowie geringere Kosten durch geringeres Bargeld-Handling.
Wie wird RFID in der Logistik eingesetzt?
RFID wird innerhalb der gesamten logistischen Kette, der Supply Chain, an zahlreichen Orten eingesetzt – von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung. Als populärste Anwendungen innerhalb der Logistik gelten die Funktionsbereiche Transport, Umschlag, Kommissionierung, Verpackung sowie die Steuerung von Produktionsabläufen.
Welche Vorteile bietet die RFID-Technologie gegenüber der Kennzeichnung mit Barcodes?
In den genannten Funktionsbereichen der Logistik kommen die Vorteile der RFID-Technologie gegenüber der Kennzeichnung mit Barcodes besonders zur Geltung. Diese Vorteile sind vor allem die Unempfindlichkeit von Transpondern gegenüber Umgebungsbedingungen wie Schmutz oder Nässe sowie die Pulkfähigkeit von Transpondern. Während Barcodes einzeln ausgelesen werden und zudem direkte „Sichtverbindung“ zum Scanner haben müssen können RFID-Transponder in großer Stückzahl (je nach verwendeter Frequenz bis zu mehreren Hundert Stück) auf einmal identifiziert werden, selbst durch Verpackungen hindurch.
Gibt es Händler, die bereits in großem Maße auf RFID setzen?
Hier hat das Gerry Weber-Projekt dafür gesorgt, dass vor allem im Textil-Einzelhandel zahlreiche RFID-Anwendungen im Betrieb sind. Grundsätzlich fällt es uns als Komponenten-Lieferant jedoch schwer, konkrete Einsatzbeispiele zu nennen. Feig Electronic vertreibt ausschließlich an Systemintegratoren und Wiederverkäufer, nicht jedoch an Endanwender.
In der Debatte um die flächendeckende Einführung von RFID im Handel stehen besonders auf Kundenseite immer noch Bedenken in Bezug auf den Datenschutz im Vordergrund. Wie kann sichergestellt werden, dass keine sensiblen Daten der Kunden gesammelt und genutzt werden?
Datenschutz ist wichtig! Überall im Leben möchte man als Individuum nur so viele Daten und Informationen von sich preisgeben wie sie für den jeweiligen Vorgang auch nötig sind. Unberechtigte Datensammler kennen wir alle vor allem im Bereich der Social Media. Im Rahmen des seriösen Einsatzes von RFID-Technologie haben Datenklau und unberechtigtes Anlegen persönlicher Profile nichts zu suchen! In diesem Zusammenhang möchte ich auf das PIA-Framework hinweisen. PIA steht für „Privacy Impact Assessment“ und erläutert die grundsätzliche Vorgehensweise für die Erstellung einer Datenschutzfolgeabschätzung bei Unternehmen, die RFID-Anwendungen in Betrieb nehmen wollen. Diese Überprüfung der Auswirkungen des RFID-Einsatzes auf den Datenschutz wird von der EU dringend empfohlen. In Deutschland haben sich das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sowie der AutoID-Industrieverband AIM dieser Empfehlung angenommen und fünf verschiedene Detailschemata für die anwendungsspezifische Überprüfung erarbeitet. Seit 2011 hat AIM-Deutschland seinen derzeit mehr als 120 Mitgliedern zahlreiche Workshops zu diesem Thema mit sehr ansprechender Resonanz angeboten. Dies belegt das eindeutige Interesse der RFID-Industrie am Datenschutz.
Nicht nur für die Kennzeichnung ist RFID nützlich, auch das kontaktlose Bezahlen ist eine mögliche Anwendung. Wie kann hier die Sicherheit der Übertragung gewährleistet werden?
Kontaktloses Bezahlen wird in den nächsten Jahren Normalität sein. Nachdem die Anbieter von Kreditkarten bereits seit Jahren kontaktloses Bezahlen ermöglichen, erfährt die Anwendung in Deutschland durch das girogo-Projekt eine besondere Dynamik. Bis Ende 2013 sollen mehr als 40 Millionen solcher girogo-Karten im Umlauf sein. Bei dem girogo-Verfahren ist die Sicherheit der Übertragung besonders gewährleistet, da es auf einer sogenannten Public-Key-Infrastruktur (PKI) basiert.
Wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung in Bezug auf den Einsatz von RFID im Handel ein?
Die Entwicklung des kontaktlosen Bezahlens sehen wir sehr positiv. Neuer Personalausweis (nPA), ePassport, eTicketing, eMobility, ePayment – das „e“ ist aus unserer heutigen modernen Welt nicht mehr wegzudenken. Überall dort, wo die RFID-Technologie spürbaren Nutzen stiftet und die aktuellen Sicherheitsstandards umgesetzt werden, wird sich RFID durchsetzen oder hat sich bereits durchgesetzt.
Der RFID-Einsatz im Handel allgemein wird derzeit vor allem vom Textilsektor geprägt. Welche Bereiche des Handels diesem Beispiel folgen werden können wir natürlich auch nicht sagen. Die Nutzung von RFID im Hintergrund, also der Einsatz der Technologie in Warenverteilzentren, bei der Kommissionierung oder der Fertigung an sich ist mittlerweile Standard geworden.
Interview: Daniel Stöter, iXtenso.com