Bericht • 06.01.2013

RFID: Nachteile gegenüber dem eCommerce aufholen

Wie die Technik die Retail-Industrie verändert

Nicht zuletzt durch den  Aufstieg des Online-Handels hat sich der Wettbewerb in der Handelsbranche in den letzten Jahren deutlich verschärft: Immer mehr Kunden nutzen die Gelegenheit, vor dem  Kauf online zu gehen, um sich über Produkte zu informieren oder Preisvergleiche anzustellen.  Auch eine direkte Bestellung per Smartphone ist heute oft schon bequem, mobil und schnell möglich.

Oft sind die Artikel im Internet sogar noch günstiger, da für Onlinehändler keine Ladenmieten und geringere Personalkosten anfallen. Diese Einsparungen können sie direkt an die Kunden weitergeben.  Um mit diesem Angebot mithalten zu können, müssen die stationären Händler sich und ihr Sortiment besonders  gut präsentieren. Denn Fehlbestände und leere oder unsortierte Regale vermitteln aus Kundensicht einen unprofessionellen Eindruck.

Einfache Bestandsaufnahme mit RFID-Etiketten

Abhilfe schafft hier die AutoID-Technologie mit einer Identifikation, die auf RFID basiert. Die Bestandserfassung ist  durch automatische Identifikation jedes einzelnen Produkts einfach und schnell durchzuführen. Außerdem wird die Neubestückung der Regale beschleunigt: Denn wenn jederzeit ersichtlich ist, wie viele Posten einer Ware sich noch im Regal befinden, muss der Mitarbeiter auch nur die fehlende Menge ersetzen und nicht unnötig viel und lange Ware durch die Filiale transportieren, da auch das ein vermeidbarer Kundenstörfaktor ist. „ Das Kennzeichnen von Produkten mit RFID-Transpondern ermöglicht eine permanente Inventur und daraus resultierend eine optimale Verfügbarkeit aller Produkte im Shop“, betont auch Andreas Löw, Marketingleiter beim RFID-Spezialisten Feig Electronics, in unserem Interview zum Fokusthema.

Mitarbeiter sind besser informiert

Durch den so gewonnenen Informationsvorsprung steigt die Produktivität im Laden spürbar an: Dank der beschleunigten Warenerfassung haben die Mitarbeiter mehr Zeit  für die Kundenberatung und den Verkauf. So fühlen die Konsumenten sich gut und kompetent beraten und empfinden den Einkauf als ein angenehmes Erlebnis.

Ralf Sander, Sales Director EMEA Central von Motorola Enterprise Mobility Business, betont in einem Fachartikel zum Thema: „Unternehmen, die RFID-Lösungen einsetzen, profitieren von deutlich effizienteren Arbeitsprozessen und abteilungsübergreifend von mehr Produktivität. Die Verfügbarkeit von Waren lässt sich erhöhen und Lieferzeiten optimieren. Einzelhändler können Konsumentenwünschen schneller gerecht werden und Kunden durch optimalen Service sowie ein breites Warenangebot langfristig an sich binden.“

RFID und die Datenschutzproblematik

Nicht nur auf Seiten der Kunden, sondern auch bei den Beschäftigten in Produktion, Handel und Logistik gibt es immer noch datenschutzrechtliche Bedenken, denn mit RFID sind die Mitarbeiter  leichter zu überwachen. Auch wenn die Unternehmen größtenteils „nur“ artikelbezogene Daten erfassen, kann doch jedes Auslesen eines RFID-Transponders  mit Datum und Uhrzeit sowie dem Standort des Lesegeräts verknüpft werden. So lässt sich leicht ein Verhaltensmuster des einzelnen Mitarbeiters rekonstruieren.  Viele Mitarbeiter sind vor diesem Hintergrund zu Recht besorgt. Bereits vor einigen Jahren hatte das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) darauf hingewiesen, dass mit den gewonnenen Daten die grundgesetzlich garantierte „freie Entfaltung der Persönlichkeit“ stark eingeschränkt werden kann.

Der „gläserne Kunde“

Die Nutzung von RFID ermöglicht also eine lückenlose Überwachung der Personen, die einen RFID-Chip bei sich tragen. Während Angestellte ihre Mitarbeiterausweise und andere Chip-Trägermedien und Transponder bewusst einsetzen, sieht dies auf Seiten der Shop-Kunden schon anders aus. Denn fast jedes beliebige gekaufte Produkt kann mit einem RFID-Chip ausgestattet werden – dies muss dem Kunden hierbei jedoch nicht bewusst sein. Eine  noch detailliertere Überwachung lässt sich mit einer personalisierten Kundenkarte erreichen. Und das gilt nicht nur für die Geschäfte selbst: Überall, wo sich RFID-Scanner befinden, wird der Träger registriert. Wird ein gekennzeichnetes Produkt weitergegeben oder verschenkt, lässt sich sogar nachvollziehen, mit welchen Personen der Kunde in Kontakt steht.

Ob der Kunde tatsächlich auf Schritt und Tritt verfolgt wird oder nicht spielt dann beinahe keine Rolle mehr. Allein die Möglichkeit sorgt angesichts der jüngsten Datenschutzdiskussionen bereits für Verunsicherung. Diese Tatsache ist es auch, die einem flächendeckenden Einsatz von RFID im Handel - trotz der vielen Vorteile - immer noch im Wege steht.

Die Reaktion des Handels

Wirtschafts- und Handelsunternehmen müssen die Vorteile von RFID nutzen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Damit die Technologie von den Kunden aber auch angenommen wird müssen die Vorteile entsprechend kommuniziert und die Nachteile beseitigt, oder zumindest reduziert werden.

Im Handel werden daher üblicherweise die an den gekauften Waren befestigten RFID-Tags deaktiviert, damit die Handlungen der Menschen nicht mehr anhand der Informationsträger nachverfolgt werden können. Allerdings werden die Tags hierbei nicht wirklich unbrauchbar gemacht, die wichtigen Informationen (insbesondere die weltweit eindeutige EPC-Nummer) können nach der Deaktivierung weiterhin ausgelesen werden. Hierbei hilft es, die RFID-Etiketten gut sichtbar zu positionieren, so dass der Kunde sie nach dem Kauf durch Abscheiden einfach selbst entfernen kann.

Technologie wird langsam akzeptiert

Trotz der offensichtlichen Nachteile setzt sich die RFID-Technologie langsam aber sicher durch. Bequemlichkeit und Zeitersparnis, zum Beispiel durch die Nutzung von Selbstzahlerkassen im Supermarkt, sind die Hauptargumente, die die Sorgen um den Datenschutz in den Hintergrund treten lassen. Die Akzeptanz der neuen Technologie kann aber nur dann noch weiter gesteigert werden, wenn der Nutzen der Technologie eindeutig ist und es entsprechend hohe Sicherheitsmaßnahmen gibt.

Der Schlüssel liegt in der Kommunikation

Retailer müssen auf diese Bedenken aus der Bevölkerung reagieren und alle Vor- und Nachteile der Technologie kommunizieren. Eine Möglichkeit zur umfassenden Aufklärung der Kunden wären zum Beispiel Informationsbroschüren und Informationsstände in den Filialen.  Diesen Weg geht auch die Metro Group: „Wir haben uns freiwillig dazu verpflichtet, unsere Kunden umfassend darüber zu informieren, wo und weshalb RFID eingesetzt wird. Auf Wunsch erhalten die Kunden nach dem Kauf die Möglichkeit, die Transponder dauerhaft unbrauchbar zu machen oder entfernen zu lassen“, erklärt Dr. Gerd Wolfram, Geschäftsführer MGI METRO Group Information Technology real,- future-store, in unserem zweiten Interview zum Thema RFID im Handel.

Entscheidend ist also in jedem Fall die Transparenz. Jeder Kunde sollte jederzeit nachvollziehen können, welche seiner Daten gespeichert und verarbeitet werden. Außerdem muss der Händler ihm auch die Möglichkeit geben, dem Sammeln und Nutzen seiner Daten zu wiedersprechen. Hat der Kunde trotzdem noch Datenschutzbedenken, muss die Möglichkeit einer tatsächlichen Deaktivierung der RFID-Tags gegeben sein – denn ein zu lascher Umgang mit sensiblen Kundendaten führt, wie frühere Fälle gezeigt haben, zu einem schwer korrigierbaren Vertrauensverlust auf Kundenseite. Tritt das Unternehmen allerdings in einen offenen und ehrlichen Dialog mit den Kunden, können beide von den deutlichen Vorteilen, die der Einsatz von RFID mit sich bringt, profitieren.

Daniel Stöter, iXtenso.com

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