Interview • 31.01.2012

NFC-Handy: Zahlen ohne Kontodaten

Interview mit Martin Schurig, Leiter Financial Services Products, Telefónica Germany

Martin Schurig: 90 Prozent der Kunden wählen inzwischen ein Smartphone. ©...
Martin Schurig: 90 Prozent der Kunden wählen inzwischen ein Smartphone. © Telefonica

Ihr Mobiltelefon haben viele Verbraucher genauso selbstverständlich in der Tasche wie ihre Geldbörse. Geht es nach den Mobilfunk-Anbieten, dann soll das Handy die Geldbörse sogar verdrängen. Die Deutsche Telekom, Vodafone aus Großbritannien und die spanische Telefónica mit ihrer Marke O2 bieten bereits ein gemeinsames Bezahlverfahren für den Online-Handel an. Es heißt „mpass“ und soll jetzt auch in den stationären Handel.


Bislang werden bei Handy-Zahlungen SMS verschickt. Das kostet Gebühren, wenn man keine Flatrate hat. Wie geht es weiter?

Noch in diesem Jahr wird die Bestätigungs-SMS durch eine mTAN ersetzt. Der Kunde erhält dann eine SMS mit einer TAN, die er im Internet eingibt, um die Zahlung zu autorisieren. Diese Nutzung im Rahmen von „mpass“ ist für den Kunden kostenlos.

Jetzt wollen Sie mit „mpass“ auch in die Geschäfte. Sie setzen auf NFC. Warum nicht Barcode, den der Händler einfach vom Telefondisplay scannt?

Aus unserer Sicht ist die NFC-Technik eine bessere Lösung. Sie stellt eine deutlich einfachere, unkompliziertere, komfortablere und weniger fehleranfällige Methode dar.

Welches Potenzial sehen Sie für kontaktloses Bezahlen mit NFC-Handys?

Wir sehen für das Bezahlen mit NFC-Geräten ein großes Potenzial. Seit der Einführung des Bezahlservice „mpass“ nimmt die Zahl unserer Nutzer, die das mobile Bezahlen schätzen, kontinuierlich zu. Hierbei bauen nicht nur unsere Smartphone-affinen Kunden – 90 Prozent unserer vermarkteten Geräte sind Smartphones – auf die mobile Bezahlmöglichkeit. Im Jahr 2012 wird das mobile Bezahlen auch im stationären Handel möglich sein. Aktuell gibt es herstellerseitig noch wenige Handygeräte im Markt, die NFC-fähig sind. Aus diesem Grunde haben wir eine Zwischenlösung erarbeitet, die es unseren Kunden schon heute ermöglicht im Handel „mpass“ zu nutzen. Entwickelt wurde ein NFC-Sticker, der auf jedes Mobiltelefon aufgebracht werden kann. Der für unsere Kunden kostenlose Sticker macht die Handys NFC-tauglich.

NFC-Handys kommen erst 2012. Soll der Handel jetzt schon in NFC-Lesegeräte investieren?

Viele der heute im Markt befindlichen Zahlungsterminals sind schon jetzt mit NFC-Technik ausgestattet. Diese Geräte können also für das mobile Bezahlen mit dem Handy via NFC direkt eingesetzt werden. Alle anderen Geräte, die normalerweise in regelmäßigen Abständen erneuert werden, werden die NFC-Technik inkludiert haben.


Kunden haben Angst um ihre Zahlungsdaten. Wie sicher ist das Bezahlen per Handy?

Das Bezahlen per Handy ist ein sehr sicheres Bezahlverfahren, da keine Bank- oder Kreditkartendaten an den Händler weitergegeben werden. Somit ist „mpass“ auch sicher gegen das „Fischen von Daten“. Die Zahlungsbestätigung mittels SMS trägt ebenfalls zu der Sicherheit des Verfahrens bei, da der Kunde nicht nur über seine Zugangsdaten verfügen, sondern auch Zugriff auf sein Mobiltelefon haben muss.

Wie hoch ist der Umsatz über die Handy-Rechnung in Deutschland?

Zu konkreten Zahlen können wir leider keine Auskunft geben.

NFC-Handys können alle Funktionen von Kredit- oder Bonuskarten abbilden. Will der Handel das?

Unsere Gespräche mit dem Handel zeigen sehr deutlich, dass der Markt für innovative Bezahllösungen, die die Prozesse nachhaltig optimieren und beschleunigen, sehr aufgeschlossen ist. Das Interesse zur Einführung des Bezahlsystems ist sehr groß. Unsere Kunden sind für die neue, komfortable und sichere Art des mobilen Bezahlens sehr aufgeschlossen. Dies schließt auch Funktionen ein, wie sie heute schon bei der Bezahlung von Kredit- oder Bonuskarten bekannt sind.

Was ist bei Verlust?

Bei Verlust kann der Kunde sofort seine Mobilfunknummer sperren lassen. Zusätzlichen Schutz bietet die Sperrung seines Bank- und/oder „mpass“-Kontos. Da für die Zahlung auch eine PIN angegeben werden muss, ist eine missbräuchliche Zahlung eher unwahrscheinlich.

Kann man mit dem deutschen Handy auch im Ausland bezahlen und was kostet das?

Aktuell bieten wir die mobile Bezahlmöglichkeit für unsere Kunden in Deutschland an.

Für den Handel entscheidend sind die Transaktionsgebühren. Wie hoch sind sie beim Mobiltelefon?

Die Transaktionsgebühren bewegen sich auf konkurrenzfähigem Niveau im Vergleich zu anderen Bezahlmethoden.

Lohnt es sich beispielsweise für Bäckereien und Kioske, für ihre kleinen Beträge das Bezahlen per Handy anzubieten?

Gerade für solche Geschäfte, die heute noch kein bargeldloses Bezahlen anbieten, ist „mpass“ eine interessante Zahlungsmethode. Neben Faktoren wie Hygiene und kürzeren Kassenzeiten reduziert „mpass“ die Kosten für das Bargeld-Handling und senkt somit die Transaktionskosten.


René Schellbach, Erstveröffentlichung: EuroCIS.com

18.01.2012

 


 

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