Jeder muss mal ... zum stillen Örtchen. Gerade bei einer längeren Shopping-Tour durch die Stadt. Doch viele Einzelhändler haben keine Kundentoilette, die sie zur Verfügung stellen können. Verständlich, aber in Zukunft vielleicht ein Servicemanko, das sich auf die Zufriedenheit der Kunden auswirken könnte. Doch was sind die Alternativen?
"Wir sind angehalten, unsere Kunden nicht die Mitarbeitertoiletten nutzen zu lassen. Außerdem befinden diese sich im Keller - und wir können die Kunden nicht einfach durch das Lager laufen lassen, wenn wir gerade allein für den Laden verantwortlich sind", erklärt eine Verkäuferin bei Ernsting's Familiy in einer Bonner Fußgängerzone.Auf die Frage, was sie Kunden rät, die sich in ihrem eiligen Anliegen an sie wenden, hat sie zumindest zwei Vorschläge: Zum einen gebe es eine tatsächlich nutzbare, weil ordentliche, öffentliche Toilette am anderen Ende der Straße, zum anderen direkt um die Ecke einen dm, der seinen Kunden den Weg zur Toilette als Service zur Verfügung stellt. Wer einmal mit Kindern einkaufen war oder selbst in Nöte geraten ist, weiß solche Angebote zu schätzen.
Es ist doch entspannter, zu wissen, dass ein stilles Örtchen erreichbar ist, und beispielsweise die dreijährige Tochter nicht die Blumen auf dem Grünstreifen des Kundenparkplatzes neben einem Schuhladen (Reno in Bonn) wässern muss, weil die Alternative "Toilette an der Tankstelle" wenig reizvoll erscheint.
Eines ist zu merken: Ganz angenehm ist den Verkäuferinnen nicht, dass sie ihren Kunden die Möglichkeit einer Toilette nicht anbieten können. Die häufige Frage danach beantworten sie aber geduldig und freundlich.
Alternativen in der Nähe anbieten
Wie ihnen geht es vielen Einzelhändlern. Während bei größeren Läden Toiletten einfach nicht vorgesehen sind, was ja noch eventuell zu kritisieren wäre, fehlen den meisten kleinen Händlern dagegen schlichtweg der Platz oder die finanziellen und personellen Kapazitäten, um neben den Mitarbeitertoiletten auch noch Kunden-WCs einzurichten. Mal ganz abgesehen vom Mehraufwand der Reinigung, der hierdurch entsteht. Und der scheint für viele, die mit dem Gedanken dennoch spielen, das größte Hindernis darzustellen. Denn jeder weiß, dass öffentlich genutzte Toiletten häufig ein ekelerregendes Ausmaß an Verunreinigung bieten können.
Sind denn Händler ohne dieses Angebot in Zukunft beim Kunden unten durch? Das hängt wohl von den Alternativen ab. Vorschläge für schnell erreichbare, öffentlich nutzbare Toiletten sind da schon hilfreich. Genau zu diesem Zweck gibt es bereits Projekte, die sie dabei unterstützen können. Wie beispielsweise das Angebot der "Happy Toilets" in Köln.
Die Stadt Köln nahm sich den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) und die Industrie- und Handelskammer (IHK) mit ins Boot, um mehr öffentlich zugängliche Toiletten in der Stadt zur Verfügung zu stellen. Hierzu stellen Gastronomie, private Unternehmen und Einrichtungen ihre Toiletten während der Öffnungszeiten der Allgemeinheit ohne Kauf- oder Verzehrzwang zur Verfügung. Dafür erhalten sie von der Stadt Köln eine Entschädigung für den erhöhten Reinigungsaufwand und können zudem für die Nutzung eine Gebühr von bis zu einem Euro erheben. Via App kann der Nutzer so die nächste Toilette finden.
"Ich halte das für eine sehr gute Idee", erklärt Michael Zygojannis von der IHK, "denn viele Kunden werden diese Toiletten lieber aufsuchen als andere öffentliche. Uns wird ganz häufig zugetragen, dass in dieser Hinsicht Verbesserungspotenzial besteht."
Mit Service glückliche Kunden gewinnen
Für die Stadt Köln und den Einzelhandel sei dies ein wichtiger Servicefaktor. Zygojannis unterstreicht: "Der Handel ist abhängig davon, dass sich der Kunde wohlfühlt. Er befindet sich in einer großen Veränderungsphase und ist deshalb stark darauf aus, ein Einkaufserlebnis möglich zu machen. Service ist dabei wesentlich. Die Toilettennutzung gehört dazu, liegt bei den meisten aber noch in weiter Ferne."
Anders sehe es da bereits bei neuen Shopping-Center-Konzepten aus: "Shopping-Center haben bereits gut erkannt, dass Service der wesentliche Zukunftsvorteil des Handels ist. Von diesen Ansätzen kann der stationäre Handel in den Innenstädten noch viel lernen."
Dies betont Andrea Becker von der mfi Shopping Center Management GmbH: "Jeder Kunde nutzt Toiletten. Wir haben in unseren Konzepten die sanitären Anlagen deshalb nach vorne geholt und besser kenntlich gemacht."
Erste Ansätze zu Pflichttoiletten im Einzelhandel
Bislang sind Einzelhändler nicht dazu verpflichtet, WCs anzubieten. Für Berliner Supermärkte allerdings soll es in Zukunft zur Pflicht werden, kostenlose Orte für die Notdurft anzubieten. Dafür setzt sich der Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel ein. Zunächst betreffe dies Neubauten, später müssten aber auch Supermärkte ab einer gewissen Größe nachrüsten. Seine Begründung liegt in der immer älter werdenden Gesellschaft. Tja, und betrifft uns das nicht alle einmal?
Autor: Natascha Mörs; iXtenso