Logistik setzt auf Exoskelette: Tests bei DB Schenker
Exoskelette entlasten beim Heben
Beschäftigte in der Logistikbranche sind extremen körperlichen Belastungen ausgesetzt. In Paketverteilzentren werden pro MitarbeiterIn wöchentlich etwa 180.000 Kilogramm gehoben – das Gewicht einer kompletten Boeing 747. Die Folgen: schmerzender Rücken, überdurchschnittlich viele Krankentage, Personalmangel. Deshalb suchen Logistikunternehmen nach kurzfristigen Lösungen, die MitarbeiterInnen gesund halten.
„Nach wie vor gibt es viele manuelle Arbeiten, wie beispielsweise das Entladen von See-Containern, die sich noch nicht vollständig automatisieren lassen. Deshalb brauchen wir Systeme, die unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter körperlich – quasi ‚auf dem letzten Meter zur Ware‘ – unterstützen“, sagt Gerald Müller, Leiter Industrial Engineering bei DB Schenker in Frankfurt. Das Unternehmen testet seit einigen Monaten verschiedene Exoskelette in unterschiedlichen Anwendungsbereichen der Logistik. Gerald Müller berichtete auf Ottobocks virtueller Fachkonferenz ExoMeet Logistics über die dabei gemachten Erfahrungen. Am 25. Februar diskutierten Experten vor rund 800 TeilnehmerInnen zu Exoskeletten in der Logistik. In diesem Rahmen stellte Ottobock eine neue Studie vor. Diese belegt eine signifikante Entlastung des unteren Rückens bei Paketen bis 25 Kilogramm durch das Exoskelett Paexo Back.
Das Paexo Back ist ein Assistenzsystem, das speziell für den Einsatz im Logistikalltag entwickelt wurde. „Das Exoskelett funktioniert nach einem biomechanischen Prinzip: Die Last wird wie bei einem Rucksack an der Schulter abgenommen und mit Hilfe einer Stützstruktur in die Oberschenkel umgeleitet“, sagt Dr. Sönke Rössing, Leiter von Ottobock Industrials. „Ganz ohne externen Antrieb, also ohne Motor oder Batterie, ist das System besonders leicht und einfach zu handhaben.“
Eine neue Labor- und Simulationsstudie belegt jetzt die Wirkung des Exoskeletts. An einem nachgestellten Warenlager-Arbeitsplatz wurden qualitative und quantitative Daten mit und ohne Exoskelett bei fünf Männern und fünf Frauen erhoben. Dazu gehörten unter anderem Muskelbeanspruchung, Sauerstoffverbrauch, Herzfrequenz und Bewegungsprofil. Aus den Daten wurden mit einem biomechanischen Modell die Gelenkkompressionskräfte für den Lendenwirbelbereich berechnet (Segmente L4/L5 und L5/S1).
„Die Ergebnisse zeigen eine deutliche Entlastung der Muskulatur und der Wirbelsäule durch das Exoskelett, mit Unterschieden für verschieden schwere Lasten“, erklärt Dr. Sönke Rössing. „Das Heben schwerer Pakete mit 25 Kilogramm fühlt sich mit dem Exoskelett um die Hälfte leichter an. Der Rücken wird um 50 Prozent weniger belastet. Bei leichteren Paketen mit fünf Kilogramm nimmt das Exoskelett sogar die ganze Last beim Heben auf.“
Die Ergebnisse der Studie decken sich mit den ersten Exoskelett-Erfahrungen bei DB Schenker in unterschiedlichen Arbeitssituationen, vorrangig Kommissionieren und Verpacken. „Wir haben über mehrere Wochen Exoskelette verschiedener Anbieter getestet, wenn auch noch nicht von Ottobock. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewerten die Unterstützung durch die Exoskelette grundsätzlich als positiv, sehen aber noch Verbesserungsmöglichkeiten beim Tragekomfort und Beweglichkeit“, sagt Gerald Müller.