News • 27.01.2020

Deutsche Unternehmen wählen oft die falsche Zolltarifnummer

Risiko von Über- oder Nachzahlung von Zöllen sowie drohende Straf- und Bußgeldverfahren

Zwei Mitarbeiter in einer Lagerhalle
Quelle: Bildagentur PantherMedia / photographee.eu

Nicht erst seit der Zollpolitik von US-Präsident Trump sollten sich Unternehmen verstärkt mit Zöllen beschäftigen. Laut der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs müssen sich Unternehmen täglich über die aktuellen Zolltarife für importierte oder exportierte Waren informieren. Doch ein Großteil der Unternehmen in Deutschland verzichtet auf ein angemessenes Zolltarifmanagement. Die Folgen: Über- oder Nachzahlung von Zöllen sowie drohende Straf- und Bußgeldverfahren, die teilweise zum wirtschaftlichen Ruin eines Unternehmens führen können. Anwalt und TÜV NORD Akademie Experte Dr. Frank Sievert erklärt, warum ein Zolltarifmanagement für jedes Unternehmen Pflicht sein sollte und wie man dadurch sogar Geld sparen kann.

„Oft verlässt man sich mangels einer eigenen Zollabteilung auf Angaben von Lieferanten oder Speditionsunternehmen, um die Waren einer Zolltarifposition zuzuordnen“, erklärt Sievert. Eine Praxis, die gravierende Folgen haben kann, denn nicht immer sind die Angaben korrekt. Waren müssen je nach ihren Eigenschaften einer Zolltarifnummer zugeordnet werden. Dadurch ergibt sich die Höhe der Zollabgaben. Wer seine Ware einer falschen Zolltarifnummer zuordnet, zahlt entweder zu viel oder zu wenig Abgaben. Durch Letzteres können sich Einzelpersonen wie Geschäftsführer, Vorstände, Einkaufsleiter, Sachbearbeiter oder auch Spediteure strafbar machen. „Unternehmen beziehen Zölle in ihre Budgetplanungen ein. Sollte es zu unvorhergesehenen Nachzahlungen kommen, kann sich das drastisch auf die wirtschaftliche Leistung des Unternehmens auswirken und sogar zum finanziellen Ruin führen“, erklärt Sievert.

Falsche Beurteilung von Waren ist häufigster Fehler

Laut dem TÜV NORD Akademie Experten entstehen die meisten Fehler dadurch, dass Unternehmen die Zolltarifnummer nach der Zweckbestimmung einer Ware auswählen. Für den Großteil der Waren ist diese Form der Bestimmung aber nicht entscheidend. „Unternehmen müssen sich mit ihrer Ware beschäftigen und bei der Bewertung auf objektive Merkmale achten. Denn zwei ähnliche Produkte können unter Umständen unterschiedlich verzollt werden“, sagt Sievert.

So kann ein Pick-up Truck als Lastkraftwagen oder Personenkraftwagen bewertet werden. Für beide Kategorien gelten unterschiedliche Zollsätze. Welcher Zollsatz dabei angewendet wird, muss durch objektive Erkenntnisse festgestellt werden. Also Anzahl der Sitze, Anteil der Bodenfläche des Laderaums im Vergleich zu der im Personenraum oder dem Radabstand. „Wer ein Produkt genau kennt, kann auch eine passende Zolltarifnummer auswählen und so Geld sparen. Denn der Unterschied zwischen zwei Zolltarifnummern kann mehrere Prozent betragen und von wirtschaftlicher Relevanz für Unternehmen sein“, so Sievert.

Auf Kontrollen gut vorbereitet durch Produktarchiv

Wer Exemplare von importierten oder exportierten Waren aufbewahrt, ist bei einer Kontrolle des Zolls, welche auch nach mehreren Jahren stattfinden kann, gut vorbereitet. Viele Unternehmen stoßen oft auf folgendes Problem: Die jeweilige Ware ist bereits verkauft oder nicht mehr im Sortiment vorhanden. Das ist besonders dann wichtig, wenn Hersteller im Laufe der Zeit die Eigenschaften von Waren so verändern, dass diese eine neue Zolltarifnummer bekommt. Unternehmen müssen dann nachweisen, warum sie eine Ware über die Jahre unterschiedlich verzollt haben. „Skizzen, Bedienungsanleitungen oder Baupläne reichen nicht aus, um die objektiven Merkmale einer Ware zu beurteilen. Unternehmen müssen ihre Entscheidung für eine bestimmte Zolltarifposition an der realen Ware festmachen“, betont Sievert. Deshalb empfiehlt er, Produkte in einem Archiv zu sammeln, um bei einer eventuellen Kontrolle des Zolls gut vorbereitet zu sein.

Quelle: TÜV NORD AG

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