1886 gegründet, ist Hunkemöller ein der größten Lingerieketten Europas. Die niederländische Firma beschäftigt mehr als 2.600 Mitarbeiter in mehr als 450 Läden in 15 Ländern. Hunkemöller ist seit 2001 im Internet aktiv und startete ihre E-Commerce Strategie als erstes in den Niederlanden. 2009 wurde ein völlig neuer E-Shop in Deutschland gelauncht, 2010 dann in Belgien. E-Commerce ist ein profitabler und schnell wachsender Kanal mit deutlichem Ausbaupotential für Hunkemöller.
Herr Sølvsteen, wie sieht die Multi-Channel-Strategie von Hunkemöller aus und welche Rolle spielt E-Commerce dabei?
Schon heute bieten wir unseren Kunden Multi-Channel-Lösungen innerhalb unseres ausgedehnten Netzwerks in 15 Ländern an und mittels E-Commerce in Deutschland, Holland und Belgien. Allerdings haben wir bei Hunkemöller ein Cross-Channel Strategie, in der wir unsere Kundinnen in allen Kanälen, die sie zum Shoppen wählen, bedienen. Das bedeutet, dass wir in naher Zukunft die Möglichkeit anbieten wollen, online zu bestellen, die Ware nach Hause geliefert zu bekommen und zum Beispiel gegen ein anderes Model im Laden eintauschen zu können. Wir sind überzeugt davon, dass unsere Kunden Zugang zu unseren Produkten und Dienstleistungen in allen Kanälen haben wollen, in denen man als Konsument heutzutage einkaufen kann.
Hunkemöller setzt seit 2003 in den Niederlanden auf E-Commerce und seit 2009 in Deutschland? Welche Effekte hat die E-Commerce Strategie bisher auf die Verkaufszahlen?
Die Einführung von E-Commerce als Kanal fördert die Verkäufe in den Läden und sichert gleichzeitig den Erhalt der Marktanteile von Hunkemöller im schnell wachsenden Online-Lingerie-Markt. Im vergangenen Jahr wuchs z.B. der Online Sektor in den Niederlanden im Gesamtbereich Lingerie online um 20 %, wohingegen Offline-Verkaufszahlen von GFK einen Rückgang von 2 % für den gesamten Wäschebereich zeigen. Wären wir online nicht präsent gewesen, wäre uns so die steigende Online-Nachfrage entgangen.
Haben Sie beim Kaufverhalten Ihrer Kunden Überraschungen erlebt?
Wir wissen durch Kundeninterviews, dass es eine starke gegenseitige Befruchtung zwischen online und offline gibt. Wir haben festgestellt, dass mehr als 50 % unserer Ladenkunden durch die Online-Kollektion und die inspirierenden Bilder browsen und dann in den Laden gehen, um dort zu kaufen. Gleichermaßen vollenden etwa 40 % unserer Kunden, die in den Laden kommen um sich beraten zu lassen und ihre bevorzugten Modelle auszuwählen, den eigentlichen Einkauf Zuhause.
Wir wissen, dass wir unseren Kunden besseren Service bieten, indem wir den E-Commerce-Kanal anbieten und damit auf dem Handelskanal erreichbar sind, den sie wählen. Wir haben den Multi-Channel-Trend auch erwartet, aber die hohe Prozentzahl an Kunden, die tatsächlich beide Kanäle zum Einkaufen nutzen, hat uns überrascht.
Hunkemöller betreibt bereits Webshops in Deutschland, den Niederlanden und Belgien. Planen Sie die Expansion der Websshops auch in andere europäische Länder?
Ja, den wir sehen, dass unsere Kunden erwarten, über die Online-Kanäle bedient zu werden und wir werden diese Möglichkeit so schnell wie möglich in den europäischen Ländern anbieten, in denen wir bereits aktiv sind.
Etwa 8 Millionen Menschen in Deutschland alleine nutzen Facebook als soziales Medium. Was halten Sie von f-Commerce und dessen Möglichkeiten als Erweiterung einer bereits existierenden E-Commerce Strategie?
Bei Hunkemöller haben wir uns angefangen mit Holland in den vergangenen Jahren aktiv mit den neuen sozialen Kanälen beschäftigt. Wir haben eine große Fangemeinde auf der führenden Plattform Hyves aufgebaut, führen einen gut angenommenen Blog und versuchen unsere Fans so viel wie möglich mit einzubinden. Nachdem wir so vorgefühlt haben und wissen, was bei unseren Fans funktioniert, haben nun auch mit unserem Facebookauftritt in den Niederlanden und Deutschland anfangen.
Zu den verschieden Aktionen, an denen unsere Fans teilgenommen haben gehören z.B. die Auswahl „Hunks“, die männlichen Models, die in unserem letzten TV-Werbespot vorkamen. Außerdem haben unsere Fans ihre „Summer Hot-Spots“ mit uns geteilt und uns im vergangen Winter mitgeteilt, welche Farbe sie in der „Holiday Special Offer Collection“ sehen wollten.
F-Commerce, glauben wir, steht gerade am Anfang. Im Moment sind wir überzeugt, unseren Kunden in ihren aktuellen Bedürfnissen mit Hilfe von Mobile-Commerce und dem Kontakt zu Hunkemöller mittels einer Phone- und Pad-App besser dienen zu können.
Zukünftig, wenn die Auseinandersetzung mit unserer Marke weiter wächst und unsere Cross-Channel Angebote und Apps angenommen werden, ist es nur natürlich f-Commerce als Teil des Cross-Channel-Angebots zu verwenden.
Wie sehen die kommenden Meilensteine der Hunkeemöller E-Commerce-Strategie aus?
Wir können damit sehr offen umgehen, denn das sehen wir als Teil einer offenen Kommunikation mit unseren Kunden und als Erfüllung unseres Service-Gedankens gegenüber unseren Kunden. Als Erstes wollen wir ein intensiveres Cross-Channel-Erlebnis anbieten. Dabei ist die Integration unserer beliebten Kundenkarte essentiell. Als Zweites planen wir, wie bereits erwähnt, ein E-Commerce-Angebot für verschiedene europäische Länder. Als Letztes sehen wir eine starke Nachfrage unserer beliebten Lingerie über andere Händler; also Online-Konzession, wenn Sie so wollen. Das ist ein Haupt-Meilenstein, an dem wir momentan auch arbeiten.
Inwieweit beeinflussen diese Meilensteine als Interims-Direktor für E-Commerce bei Hunkemöller Ihre zukünftigen Pläne, besonders in Bezug auf Ihre Firma Defacto Partners?
Seit Oktober 2010 haben wir von Defacto Partner mit einem starken Team von Hunkemöller zusammengearbeitet und haben einschneidenden Änderungen im E-Commerce Geschäft vorgenommen. Wir haben E-Commerce gelauncht und auf einen starken Wachtumspfad geschickt und legen die Strategie für die kommenden Jahre fest.
Nach einer langen Suche haben wir nun mit Emma Bonar eine sehr fähige E-Commerce Managerin gefunden, die ab dem 1. September neue E-Commerce Chefin werden wird und das E-Commerce-Team zu neuen Höhen führen wird. Defacto Partners wird mit Hunkemöller in bestimmten Bereichen weiter an bestimmen strategischen Aufgaben arbeiten, wie zum Beispiel dem Ausbau der Online-Konzessionen. Darüberhinaus sind wir offen für neue Herausforderungen mit anderen niederländischen oder deutschen Händlern.
Interview: Mareike Scholze, iXtenso.com
Background: Rune Sølvsteen hat einen MBA der INSEAD, war European Marketing Director for Nike e-commerce und Retail lead & board member von Google Benelux. Zurzeit ist Sølvsteen Mitbegründer und Partner von Defacto Partners, einer Firma, die sich auf strategische Firmenberatung spezialisiert in den Bereichen Internet, eCommerce, Online Marketing & Multi-Channel Retailing. Neben anderen Kunden berät die Firma Hunkemöller, in der Sølvsteen als Interims-Direktor für die Online-Shop und die Multi-Channel Strategie des Unternehmens verantwortlich ist.