Die Diskussion um den Klimaschutz im Einzelhandel wird insbesondere durch das Schlagwort „Nachhaltigkeit“ bestimmt. Denn Kosten zu senken und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit zu steigern sind auch im Lebensmittelhandel von entscheidender Bedeutung für eine erfolgreiche Geschäftsführung. Obwohl das Thema Nachhaltigkeit inzwischen für die meisten Betreiber einen hohen Stellenwert einnimmt, wird in vielen Supermärkten und Filialbetrieben immer noch ein besonders wichtiger Faktor vernachlässigt: der Energieverbrauch von Kälteanlagen und Kühlmöbeln.
Gerade bei der Kühltechnik ergeben sich jedoch oft immense Einsparpotenziale. Denn Kälteanlagen sind einer der größten „Stromfresser“ im Lebensmittelhandel. Laut dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, entfallen zwischen 40 und 60 Prozent des gesamten Stromverbrauchs allein auf diese Geräte. Doch ein großer Teil ihres Energiebedarfs kann mit relativ einfachen Maßnahmen eingespart werden. Auch sind inzwischen neue, energiesparende Kühlmöbel und -techniken, die sich schnell amortisieren, verfügbar.
Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit müssen verbunden werden
Laut Informationen des Bayerischen Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz liegen die Energiekosten von Kälteanlagen und Kühlmöbeln in der Regel höher als die ursprünglichen Investitionskosten. Daher gilt auch bei der Anschaffung von neuen Anlagen: Eine sorgfältige Planung der neuen Kühltechnik-Lösung kann den Energieverbrauch und damit auch die Energiekosten entscheidend reduzieren. Denn gerade vor dem Hintergrund immer weiter steigender Energiepreise sollten Händler darüber nachdenken, nicht nur aus ökologischen, sondern auch aus betriebswirtschaftlichen Gründen noch stärker als bisher in energieeffiziente Lösungen zu investieren.
Handel will umweltfreundlicher werden
Aktuell ist die Investitionsbereitschaft hoch wie nie: Nach neuesten Untersuchungen wollen bis zu 95 Prozent der deutschen Einzelhändler innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre einzelne energetische Projekte anpacken. Dabei stehen im Nonfood-Handel die Beleuchtung und im Food-Handel auch die Kühlanlagen im Fokus. Denn dort lassen sich die jeweils höchsten Einsparungen erzielen.
Dabei sind Energieeffizienz und Emissionsreduktion nicht nur ein Thema der großen Handelsketten: Gerade der mittelständische Handel plant Investitionen. Denn viel häufiger als bei den großen Ketten sind hier Heizungs-, Klimaanlagen und auch Kühlmöbel technisch veraltet und verbrauchen bis zu 30 Prozent mehr Energie als die modernen Geräte. Möglichkeiten zum Energiesparen sind zum Beispiel:
- der Austausch veralteter Kühl- und Heizungsanlagen
- die Installation von Wärmepumpen zur Nutzung der Abwärme
- die Optimierung der Gebäudedämmung
- bauliche Veränderungen zur besseren Nutzung des Tageslichts
- die Lichtsteuerung für die Außenanlagen
- die Implementierung eines umfassenden Energiemanagement-Systems zur Steuerung aller Energieverbraucher im Gebäude
Den größten Erfolg verspricht hier ein Gesamtkonzept, dass alle oder zumindest mehrere Faktoren in Betracht zieht. Wie dies funktionieren kann, zeigt zum Beispiel Aldi Süd: Zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, einem Planungsteam und Herstellern wurde ein ganzheitliches Konzept erstellt, das bereits in einem Aldi-Pilotmarkt erprobt wird. „So konnten wir den Energieverbrauch gegenüber dem eines Standard-Supermarkts um 25 Prozent reduzieren", sagt Nicolas Réhault, Gruppenleiter am ISE, im aktuellen Interview.
Gerade Mittelständler, verfügen aber oft nicht über das entsprechende Budget für eine umfassende Modernisierung ihrer Anlagen. Aber durch die Beachtung einiger simpler Regeln bei Installation und Betrieb der Kühlsysteme können auch sie die häufigsten Fehler vermeiden oder korrigieren:
- Die Kühltemperatur sollte immer so niedrig wie nötig und so hoch wie möglich eingestellt sein. Denn Ware, die tiefer als notwendig gekühlt wird, verursacht einen erhöhten Energieverbrauch und unnötige Kosten.
- Fremdwärme gelangt zu einem großen Teil über die Raumluft in die Kühlmöbel. Häufig geschieht dies durch eine falsche Beladung, wenn zu viele Waren einsortiert und/oder falsch gestapelt und verteilt oder wenn die Ansaugöffnungen zugestellt werden. Darum sollten die Mitarbeiter dazu angehalten werden, regelmäßig zu kontrollieren, ob Kunden die Waren „umsortiert” haben.
- Auch Wärmestrahlung aus der Umgebung wirkt sich negativ auf die Energiebilanz aus. Bereits eine um 5°C höhere Umgebungstemperatur lässt den Stromverbrauch um 10 bis 15 Prozent ansteigen. Daher sollten Kühlmöbel möglichst nicht der Sonne ausgesetzt werden. Aber auch wenn offene Kühlmöbel im Durchzug stehen findet ein ungewollter Luftaustausch statt. Kühlmöbel sollten daher immer in Gruppen und gegenüberliegend aufgestellt werden.
- Oft wird angelieferte Ware in Kühlräumen oder Kühlzellen zwischengelagert. Diese Räume sind zwar rundherum gedämmt, durch geöffnete Türen fließt jedoch warme, feuchte Luft in den Kühlraum. Pendeldrehtüren oder Streifenvorhänge reduzieren hier zuverlässig die Lüftungswärmeverluste.
Nachhaltige Kühllösung wird von den Verbrauchern gefordert
Laut einer deutschlandweiten Studie von IBH Retail Consultants gaben 60 Prozent der Befragten an, ihre Kaufentscheidungen auch daran ausgerichtet zu haben, ob Unternehmen im Geschäftsalltag nachhaltig Handeln. Im Bereich der Kühltechnik hilft hier besonders die Wahl des in den Anlagen verwendeten Kältemittels dabei, die Nachhaltigkeit zu erhöhen. Natürliche Kältemittel wie Ammoniak und CO2 werden inzwischen weltweit eingesetzt. Denn sie besitzen nur ein sehr geringes Treibhauspotential und Kälteanlagen in Supermärkten können mit ihnen energieeffizient betrieben werden.
Welche Anlage sich für einen bestimmten Standort anbietet, bestimmen unter anderem die Umweltbedingungen. Kohlendioxid zum Beispiel kann bei warmen Außentemperaturen über 26 °C nicht mehr verflüssigt werden. CO2-Lösungen werden daher eher in Zonen mit gemäßigtem Klima wie Kanada, Skandinavien oder Mitteleuropa eingesetzt. Ammoniak-CO2-Kaskadenanlagen stellen dagegen können auch in wärmeren Gegenden eine Möglichkeit dar, umweltschonend und effizient zu kühlen. Aktuell gilt Ammoniak als das energieeffizienteste Kältemittel überhaupt.
Zusätzliche Energieeinsparungen werden durch Wärmerückgewinnung erzielt. Die Abwärme der Kühlanlagen wird dann zum Beispiel zur Aufbereitung des Brauchwarmwassers und für das Heizen des Supermarktes genutzt. Übrige Restwärme gelangt über einen Kondensator auf dem Dach nach außen.
Umweltfreundliche und günstige Lösungen für den Handel
Moderne Kühlanalagen mit natürlichen Kältemitteln stellen heute also für den Handel eine gute Alternative dar. Forschungs- und Entwicklungsarbeit haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass natürliche Kältemittel heute in vielen Bereichen energieeffizient einsetzbar sind. Die vielfach immer noch höheren Investitionskosten für die neuen Anlagen können aber - je nach Laufzeit - durch verringerte Energiekosten und geringere Ausgaben für das Kältemittel ausgeglichen werden.
Daniel Stöter, iXtenso.com