Die USA verschärfen ihre Handelspolitik – mit weitreichenden Folgen für den internationalen Warenverkehr. Ein umfassender Zolltarif auf Importe sowie gezielte Maßnahmen gegen chinesische Produkte verändern nicht nur die Spielregeln für globale Lieferketten, sondern stellen auch europäische Einzelhändler*innen vor neue Herausforderungen. Die aktuelle Lage fordert strategisches Umdenken – vor allem bei Beschaffung, Preissetzung und Logistikprozessen.
Was plant die US-Regierung konkret?
Seit April 2025 erhebt die US-Regierung einen pauschalen Einfuhrzoll von 10 % auf nahezu alle Produkte, 25% unter anderem auf Stahl, Aluminium und Autoteile sowie spezifische Strafzölle von bis zu 145 % auf Waren aus China. Gleichzeitig wurde die Zollfreigrenze für Kleinimporte aus China aufgehoben – jede noch so kleine Lieferung ist nun deklarations- und abgabenpflichtig. Präsident Donald Trump bezeichnete diese Maßnahmen als „Liberation Day“-Initiative mit dem Ziel, amerikanische Produktion und Arbeitsplätze zu schützen. Erste Gespräche zur Entschärfung wurden geführt. Aber: Die Lage ist turbulent.
Folgen für den internationalen Handel und die Logistik
Lieferketten unter Druck
Die Auswirkungen sind bereits spürbar: Große Logistiker wie DHL setzen B2C-Lieferungen in die USA teilweise aus, insbesondere bei Sendungen mit einem Warenwert über 800 US-Dollar. Die Häfen an der US-Westküste melden einen Rückgang des Frachtvolumens um 44 %. Logistikunternehmen und Händler*innen müssen ihre Prozesse umstellen und alternative Bezugsquellen prüfen.
Handelsumlenkung und Preissteigerungen
Einzelne Unternehmen verlagern Produktionen oder verhandeln mit neuen Zulieferern außerhalb Chinas. Mattel etwa plant, Teile seiner Fertigung aus Asien abzuziehen und sieht sich gezwungen, die Preise zu erhöhen – ein Trend, der sich auf den gesamten Konsumgütermarkt ausweiten könnte. Die Consumer Technology Association warnt, dass Technikprodukte wie Smartphones oder Laptops in den USA um bis zu 30 % teurer werden könnten.
Situation in Europa, Deutschland und China

Während China mit diplomatischem Druck und potenziellen Gegenmaßnahmen reagiert, sucht Europa nach einem Mittelweg. Aber auch hier schaut man sich um: Die Europäische Union streckt aktuell die Fühler in Richtung Transpazifik aus und möchte hier Partnerschaften auffrischen, hieß es von Seiten der EU-Kommission. In Großbritannien wurde ein neues Handelsabkommen mit den USA geschlossen, das gegenseitige Zollsenkungen beinhaltet. Insgesamt wächst der Druck auf exportorientierte Unternehmen, ihre Lieferketten zu diversifizieren und die Abhängigkeit von bestimmten Regionen zu reduzieren.
Was bedeutet das für den Einzelhandel in Europa?
Für europäische Händler*innen – ob stationär oder online – sind die Auswirkungen vielfältig:
- Sortimentsanpassungen: Produkte aus oder mit Komponenten aus China könnten bald schwerer oder nur teurer verfügbar sein.
- Preisstrategien überdenken: Steigende Einkaufspreise zwingen Händler*innen dazu, ihre Margen zu überprüfen oder Preiserhöhungen transparent zu kommunizieren.
- Zoll- und Logistikprozesse prüfen: Wer global einkauft oder verkauft, muss sich mit neuen Dokumentationspflichten und Versandkosten auseinandersetzen.
Wie Händler*innen jetzt reagieren können
1. Lieferketten diversifizieren
Waren nur aus einem Herkunftsland zu beziehen, ist riskant. Händler*innen sollten alternative Quellen und Zulieferländer in Betracht ziehen – auch innerhalb Europas.
2. Kommunikation anpassen
Verbraucher*innen reagieren sensibel auf Preisänderungen. Transparente Kommunikation und Fokus auf Qualität und Service können das Vertrauen stärken.
3. Digitalisierung der Logistik nutzen
Echtzeit-Tracking, automatisierte Zollabwicklung und resilientere Lagerstrukturen helfen, die Folgen von Handelsstörungen abzufedern.
Auswirkungen auf den US-Markt
Auch innerhalb der USA sind die Folgen der Zollpolitik bereits deutlich zu spüren. Die ursprünglich als Schutzmaßnahme gedachte Strategie hat Nebeneffekte: Preissteigerungen im Einzelhandel, Lieferengpässe bei Alltagsprodukten und zunehmender Widerstand von Kund*innen und Unternehmen.
Die aktuelle US-Zollpolitik wirkt wie ein Katalysator für globale Handelsverschiebungen. Für Einzelhändler*innen heißt das: vorbereitet sein, flexibel agieren und die eigene Lieferkette kritisch prüfen. Wer frühzeitig handelt, kann nicht nur Risiken abfedern, sondern auch neue Chancen nutzen – etwa durch strategische Sortimentsplanung und gezielte Investitionen in die eigene Infrastruktur.