Komplexität von Cyberangriffen auf den Handel nimmt zu
Studie offenbart große Angriffsfläche für Hacker
Der Handel bietet eine immer größere Angriffsfläche für Hacker: Die eigenen Geschäftsprozesse stehen ebenso im Fokus wie die Lieferkette oder die Anbindung an Zahlungsdienstleister. Zudem steigt die Komplexität in Sachen Cybersecurity für Groß- und Einzelhändler*innen sowie den Online-Handel.
Zu diesen Ergebnissen kommt eine aktuelle Studie von YesWeHack, Europas führender Bug-Bounty-Plattform, in Zusammenarbeit mit Foundry. Sie deckt auf, in welchem Umfang der Handel in den vergangenen Monaten das Ziel von Cyberangriffen war, welche Methoden Hacker bisher angewendet haben und welche für die kommenden Monate erwartet werden.
85 Prozent der Händler von Cybervorfällen betroffen
Mit knapp 68 Prozent verzeichnete die Mehrheit der Händler*innen zwischen einer und 20 Cyberattacken in den letzten zwölf Monaten. Rund acht Prozent hatten mit 21 bis 50 Attacken zu kämpfen, rund sieben Prozent sogar mit über 50. Dagegen gaben 16 Prozent der Studienbefragten an, in den letzten zwölf Monaten keinem Cyberangriff zum Opfer gefallen zu sein. Die Größe des Unternehmens spielt dabei eine wichtige Rolle: In der Umsatzklasse unter einer Milliarde Euro verzeichnete nur rund jede sechste Firma mehr als zehn Angriffe, in der Umsatzklasse über zehn Milliarden Euro ist es schon fast jede zweite.
Komplexität der Angriffe nimmt zu
Die Retailbranche in der DACH-Region bietet verschiedene Einfallstore für Cyberangriffe. Insbesondere Webshops haben eine große Angriffsfläche. Es gilt, den Überblick über eine umfassende IT-Infrastruktur und ein vielschichtiges Web-Interface zu behalten, während heutzutage in dieser Branche fast täglich neuer Code und neue Funktionen live gestellt werden. Hacker machen sich diese Agilität, den verstärkten Online-Handel sowie komplexe Lieferketten zunutze.
Sie setzen dabei hauptsächlich auf Business Process Compromise: Jede*r zweite Händler*in (49 Prozent) verzeichnete diese Art von Angriffen, bei der gezielt Logikfehler im System ausgenutzt werden. Konkret geht es etwa darum, eine Bestellung abschließen zu können, ohne zu bezahlen, sich selbst Gutschein-Codes auszustellen, Preise zu manipulieren oder den Lieferort zu verändern. Knapp 41 Prozent der Befragten berichten von Credentials-Diebstahl, insbesondere durch Social-Engineering-Angriffe wie Phishing. Auf Platz drei der häufigsten Angriffsszenarien liegt Ransomware mit knapp 38 Prozent, gefolgt von Attacken auf Finanztransaktionen mit 32 Prozent und Insider Threats mit rund 31 Prozent.
Die Unternehmensgröße hat Auswirkungen auf die Art der Angriffe: Business Process Compromise betrifft 50 Prozent der Unternehmen mit über 1.000 Beschäftigten, aber nur 35 Prozent der Firmen mit weniger als 500 Angestellten. Phil Leatham, Senior Account Executive von YesWeHack Deutschland, erläutert: „Wenn Unternehmen wachsen, nimmt die Anzahl und die Komplexität von Prozessen exponentiell zu, was vermutlich zu mehr Schwachstellen führt.“ Credentials-Diebstahl sind dagegen eher die kleineren Unternehmen ausgesetzt (52 Prozent vs. 37 Prozent). „Ähnliche Resultate sehen wir auch bei unseren eigenen Bug-Bounty-Programmen in der Retail-Branche“, bestätigt Leatham.
Anstieg bei Angriffen auf Datenbanken sowie Lieferketten wird erwartet
Business Process Compromise, Ransomware und Angriffe auf Finanztransaktionen belegen darüber hinaus die ersten drei Plätze, wenn es um die Methoden geht, die besonders zugenommen haben: 47 Prozent der Befragten gaben an, Business Process Compromise sei in den letzten beiden Jahren gestiegen bis stark gestiegen.
„Ein Grund für diesen Anstieg ist sicher, dass die Entwicklung von Anwendungen meist auf der Basis moderner Frameworks erfolgt, die sicherer sind und weniger technische Schwachstellen beinhalten – abgesehen natürlich von Ausnahmen, wie etwa der Log4Shell-Sicherheitslücke. Im Gegenzug werden Unternehmensprozesse immer komplexer, die Digitalisierung nimmt zu, was zu Sicherheitslücken führt, die für Hacker besonders lukrativ sind“, so Leatham. 42 Prozent sehen in den letzten zwei Jahren eine Zunahme bei Ransomware, ein deutlich lukrativeres und weniger gefährliches Geschäft für Cyberkriminelle, sowie rund 36 Prozent bei Attacken auf Finanztransaktionen.
Fast die Hälfte der Befragten (43 Prozent) geht davon aus, dass in Zukunft Angriffe auf Datenbanken zunehmen oder stark zunehmen werden. Eine ähnliche Entwicklung wird für Ransomware (39 Prozent) und für Angriffe auf die Lieferkette oder das Supply Chain Execution System (SES) vorhergesagt (39 Prozent). Knapp 37 Prozent der Befragten erwarten zudem, dass Business Process Compromise weiter steigen wird.
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