Die Instore Customer Experience erfolgreich gestalten
Digitale Trends beim Trendforum Retail
iXtenso/Pott
Am 09. und 10. Oktober fand zum ersten Mal das Trendforum Retail statt. Unter dem Motto „Digitale Transformation auf der Fläche als Erfolgsgarant“ wurde gezeigt und diskutiert, wie Technologien im Handel eingesetzt werden und was dabei zu beachten ist. iXtenso war dabei.
Bei der Storetour am Dienstag durch ausgewählte Locations in Frankfurt am Main konnten einige praktische Use Cases begutachtet werden. Auf dem Forum am Folgetag berichteten dann zahlreiche Referenten aus Handel und Industrie über ihre Erfahrungen und Learnings im Zusammenhang mit der Digitalisierung des Einzelhandels. Der Fokus, egal ob es um Ladengestaltung, Services oder Erlebnismarketing ging, lag ganz klar auf der Kundenerfahrung.
Emotionale Kundenansprache
Zu Beginn des Forums argumentierte Jürgen Hanke, Senior Consultant der BBE Handelsberatung GmbH, dass im Handel der Faktor Menschlichkeit eine entscheidende Rolle spiele. Laut einer Umfrage von BBE ist Kunden beim Einkaufen im stationären Handel der Umgang mit dem Verkaufspersonal am wichtigsten. Die ersten sechs der zehn Top-Faktoren hatten mit der Serviceorientierung und Kompetenz der Mitarbeiter zu tun. Faktoren wie Ladengestaltung, Preisauszeichnung und Produktqualität spielen demgegenüber eine nachgeordnete Rolle. Die emotionale Kundenansprache und ein natürlich-freundlicher Umgang mit den Kunden tragen laut Hanke dazu bei, die Erwartungen der Kunden nicht nur zu erfüllen, sondern zu übertreffen.
Der darauffolgende Referent, Volker Wissmann, CEO der Online Software AG, ging das Thema emotionale Kundenansprache etwas anders an: Er sprach sich aber dafür aus, diese mit digitalen Hilfsmitteln zu gestalten. Technologien sollten zwar nicht im Vordergrund stehen, wenn sie jedoch echte Mehrwerte böten, so Wissmann, lohne es sich für Händler, diese nach dem Motto „test and fail fast“ auszuprobieren.
Optimierte Ladenausstattung
Bernhard Schäff, Key Account Manager bei Trendstore, stellte am Beispiel eines REWEs vor, wie man die 3D-Vermessung eines kompletten Geschäftsraums nutzen kann. In dem digitalen Nachbau könnten Informationen über Einrichtungen, technische Systeme, aber auch marketingrelevante Daten wie Laufwege oder Blickwinkel der Kunden hinterlegt werden. Das System arbeite so genau, dass Vermessungen später in der virtuellen Umgebung durchgeführt werden könnten. So könne der 3D-Scan beispielsweise für Planungsprozesse und Facility Management, aber auch beispielsweise zur Indoor-Navigation oder für virtuelle Showrooms genutzt werden.
Ganz praktisch erklärte Eckhard Bicker, Head of Business Unit Digital Services bei Neoalto, wie Händler von der Beacon-Technologie im Regal profitieren. Statte der Händler den Warenvorschub mit einem Sensor aus, könne durch die Informationen eine Realinventur erfolgen. Mitarbeiter wüssten, wie viele Exemplare eines Produkts noch im Regal sind, wann eine bestimmte Ware droht out-of-stock zu gehen und welche Waren von Kunden entnommen und wieder ins Regal zurückgestellt werden. Die Digitalisierung des Vorschubsystems per IoT könne, so Bicker, auch für das Tracking von Promotions und AB-Testing genutzt werden.
Auch Daniel Schwanitz, Leiter Vertrieb & Marketing bei HarresKind, sprach beim Trendforum Retail über das Regal. Das Stahlregal als Evergreen der Produktpräsentation erlebe seit Jahren eine Renaissance durch die Ausrüstung mit digitalen Features. Sensoren erleichterten das Bestandsmanagement sowie die Auswertung von Marketingaktionen am Regal. Digitale Screens, elektronische Preisetiketten, Lautsprecher und Beleuchtung dienten zur Kundenkommunikation.
Convenience und Erlebnisfaktor zwischen digital und analog
Thorsten Heckrath-Rose, CEO von ROSE Bikes, zeigte auf, warum Unternehmen sich heutzutage auf einem schmalen Grat bewegen: Auf der einen Seite lauert das Abgehängt-werden. Händler, die nicht mit der Zeit gehen, riskieren, innerhalb von wenigen Jahren den Kundenstamm, den sie sich mühsam aufgebaut haben, zu verlieren. Auf der anderen Seite sollte man die Digitalisierung des Unternehmens nicht blind vorantreiben und beim Einsatz von Technologien darauf achten, dass ein wirklicher Mehrwert für Kunden und Mitarbeiter entsteht.
Daher seien Test- und Lernphasen sowie eine agile Ausrichtung sehr wichtig, so Heckrath-Rose. Auch ROSE Bikes machte die Erfahrung, dass gewisse Sachen funktionieren und andere gar nicht. Onlinetools zur Terminvereinbarung und virtuelle Vermessung der Füße für Fahrradschuhe durch das Store-Personal kamen bei den Kunden sehr gut an. Die iPads im Store, an denen Kunden sich selbst informieren konnten, wurden hingegen nicht genutzt.
Heckrath-Rose rät, die Mitarbeiter in Entwicklung und Implementierung stark einzubinden. Bei Rose wurden regelmäßige „Visionsworkshops“ für alle Beschäftigten angeboten. Heckrath-Rose erzählte, dass die besten Ideen für gewisse Projekte überraschenderweise oft von Mitarbeitern aus ganz anderen Aufgabenbereichen kamen.
Sebastian Kemmler von der Kreativagentur Kemmler Kemmler bemängelte, dass Marken das Pferd häufig von hinten aufzäumten: Geschäfte würden mit digitalen Bildschirmen und technischen Gadgets ausgestattet, in der Hoffnung damit Kunden anzulocken. Dabei gingen Leute nicht in die Stadt, um sich Screens anzuschauen. Leute gingen in die Stadt, um Menschen zu begegnen und Dinge zu erleben. „The Future of Retail isn’t digital, it’s social“, konstatierte Kemmler. Geschäfte müssten Angebote schaffen, mit denen Kunden für sich Erinnerungen kreieren. Diese würden sie dann online teilen und dadurch hochwertigen digitalen Content schaffen.
Am Beispiel der Lifestyleveranstaltung Bread&&Butter von Zalando führte Kemmler vor, wie Brands mit außergewöhnlichen Erlebnissen einen großen und langlebigen Impact erzielten. In der Zone von Vans konnten Besucher ihre neuen Schuhe selbst individuell designen und verzieren. Eine solche Marketingaktion vereine ein gemeinschaftliches, exklusives Erlebnis mit Personalisierung und Social Storytelling.
Rückblickend war die Veranstaltung eine gute Mischung aus Theorie und Praxis mit anschaulichen Beispielen im Einzelhandel und interessanten Vorträgen der Referenten. Die Folgeveranstaltung findet am 09. und 10. Oktober 2019 in Schwalbach statt.