Bericht • 04.05.2011
Der Handel ist auf dem Weg ins mobile Computerzeitalter
Nach dem Computerzeitalter kommt das mobile Computerzeitalter. Die Unterwegs-Geräte werden immer vielfältiger. Einfache Handys machen Platz für Smartphones, Tablet-PCs mit Berührungsbildschirm können den PC daheim und im Büro ersetzen. Und auch der Handel wird immer mobiler – bei den eigenen Prozessen wie auch in der Kommunikation mit den Kunden. Kommunikation, Dialog, mobile Interaktion werden den Alltag der Verbraucher verändern.
Wie agieren die Nutzer mit den neuen Geräten? Mobile Interaction ist eines der Forschungsthemen des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO.
Wie müssen Geräte gestaltet werden, dass sie leicht zu handhaben sind? Wie nutzen die Nutzer die Geräte? Mobile Interaktion ist aber auch die Frage, wie agieren die Nutzer untereinander, denn die mobilen Begleiter sind längst mehr als Datenempfangsgeräte – sie ermöglichen mobile Interaktion. Die Nutzer erhalten Botschaften und können darauf reagieren. Die Entwicklung begann beim Handy mit dem Empfangen und Senden von SMS. Längst kann man mobil im Internet surfen, Mails beantworten und über soziale Netzwerke von unterwegs im Kontakt mit den „Freunden“ bleiben.
Auch im professionellen Bereich sind mobile Helfer nicht mehr wegzudenken. Mobile Dateneingabeterminals, MDEs, sind geschaffen für die raue Umgebung in der Logistik und im Handel Den Herstellern ist daher nicht bange vor der Konkurrenz durch Smartphones. Die Daten werden von Hand eingegeben, gescannt und neuerdings über Radiofrequenzinformation kontaktlos übertragen. Die gesammelten Informationen können im Gerät zwischengespeichert und am Ende des Arbeitstages – angedockt an der Basisstation für die Akku-Aufladung – transferiert werden zum zentralen Server. Diese Variante ist noch öfter im Einsatz, als man im mobilen Funkzeitalter denken sollte, berichtet Nordic ID im Interview zu diesem Fokus-Thema. Damit, so Deutschland-Geschäftsführer Lothar Struckmeier, vermeiden die Händler Probleme bei der Echtzeit-Datenübertragung, die seiner Ansicht nach überschätzt werden.
Mobile Geräte verändern die Welt – unseren Alltag, privat wie auch beruflich – und vielleicht auch die Weltgeschichte. Bei den derzeitigen Unruhen in der arabischen Welt spielen Tweets, Blogs und Youtube-Videos eine wichtige Rolle. Die jungen, so genannten „Technical Natives“, die mit den mobilen Geräten ganz selbstverständlich aufwachsen, werden über die Folgen weniger nachdenken als die Älteren. Das Privileg der Jugend ist ihr Sturm und Drang. Dabei mag vieles entstehen, was Außenstehenden als banal, unnötig oder bedenklich erscheint. Aufhalten lässt sich die Entwicklung allerdings nicht mehr.
Die Jungen nutzen schon heute neue ortsbezogene Dienste, die dem Handel neue Wege im Kundendialog eröffnen. Das mobile Couponing, das Gutscheine je nach Standort des Nutzers verbreitet, erlebt einen Boom, berichtet der deutsche Anbieter MyMobai im Interview.
Das Segment ist noch jung, die Wachstumszahlen sind entsprechend hoch. Die Grenzen zwischen Werbung und Information werden immer fließender. Wer vor dem Rathaus steht, bekommt nicht nur Bilder und Daten zu den historischen Gebäuden rund um den Marktplatz, sondern auch die Speisekarte des Ratskellers oder einen Gutschein vom Friseur um die Ecke.
Das Handy wird wahrscheinlich zum universellen Werkzeug werden. Gerade streiten verschiedene bargeldlose Zahlungssysteme um die Vorherrschaft. Ob sich das Handy dabei gegen Karten durchsetzt, ist eine spannende Frage, über die iXtenso kürzlich berichtete.
Das Handy kann Zahlungsmittel werden und zur Identitätsfeststellung dienen. Mit dem Handy kann man sich mittels Passwort in Netzwerke einloggen oder ausweisen. Die Zeit der Kartenvielfalt im Geldbeutel könnte vorbei sein, wenn Bonusprogramme oder Kreditkartendaten auf dem Smartphone gespeichert sind. Allerdings zeigt die elektronische Gesundheitskarte: Je komplexer ein System wird, je mehr Beteiligte mit ihren unterschiedlichen Interessen beteiligt sind, desto schwieriger ist die Umsetzung. Und die eGK zeigt auch: Je mehr sensible Informationen gespeichert werden, desto gefährlicher sind Datenverluste durch Fehlfunktionen und Diebstahl. Dass ein Weltkonzern wie Sony gerade 77 Millionen Kunden nicht vor Hackern schützen konnte, weckt neues Misstrauen bei den Kritikern.
Die Prozesse des Handels verändern sich mit den Möglichkeiten der mobilen Interaktion. Lkw melden automatisch ihren Standort. Disponenten in den Logistik-Zentralen sehen, wenn ein Fahrzeug auf Abwegen ist oder liegen bleibt. Datenterminals kommunizieren längst direkt mit den Handelszentralen. Automatische Warendisposition erfordert den Echtzeitzugriff auf die Warenwirtschaft. Der Handel wird in neue IT investieren müssen. Will man seinen Kunden das Bezahlen mit dem Handy ermöglichen, ist neue Software gefragt. Möchte man ihnen mobile Einkaufshelfer in die Hand geben, mit denen sie selbst scannen und am Regal Zusatzinformationen abrufen, dann sind neue Geräte nötig und eine Interaktion mit einer zentralen Datenbank. Der Einstieg ins mobile Internet und in mobiles Dialogmarketing kostet zunächst einmal Geld. Dabei haben die Verbraucher nicht mehr Geld in der Tasche als früher. Aber mit den mobilen Möglichkeiten können sie noch mehr als bisher Preise und Leistungen vergleichen. Im mobilen Computerzeitalter wird der Wettbewerb im Handel noch härter.