Der intelligente Container

Forscher der Universität Bremen optimieren Lebensmitteltransporte

Der intelligente Container
Quelle: Uni Bremen - IMSAS

Obst soll frisch und in guter Qualität auf den Markt gelangen und beim Transport vom Erzeuger zum Verbraucher möglichst wenig verderben. Diese Anforderungen erfüllt der Intelligente Container. Seit 2004 arbeiten Forscher der Universität Bremen unter der Leitung von Professor Walter Lang an dem Projekt „Der Intelligente Container“, um den Transport von Lebensmitteln mit Hilfe neuer Technologien zu optimieren. 

So werden Ladungen durch RFID-Technik (RFID = Radiofrequenz-Identifikation) identifiziert und Sensornetze überwachen kontinuierlich die Temperatur im Container sowie den Zustand der Früchte. Durch Satellitenkommunikationstechnik ist die Überwachung der Container auch auf See möglich.

In Zusammenarbeit mit Experten aus der Wissenschaft, der Lebensmittelbranche und der Elektronikindustrie wurde in Feldversuchen nachgewiesen, dass durch den Einsatz innovativer Sensortechnologie eine Win-Win-Situation zwischen Verbraucher und Erzeuger entstehen kann, bei der bestmögliche Qualität mit sehr geringen Transportverlusten verbunden wird.

Was kann der Intelligente Container?

Die erste Aufgabe ist die Überwachung der Temperatur. Heute finden sich in einem Kühlcontainer nur zwei Temperatursensoren, obwohl man weiß, dass es innerhalb des Containers große Temperaturunterschiede geben kann. Der Intelligente Container hingegen nutzt mindestens zwölf Sensoren und liefert über Modellrechnungen ein sehr genaues dreidimensionales Bild der Temperaturverteilung. Darüber hinaus kann der Intelligente Container die Daten auch interpretieren. Das System stellt fest, ob der Transport wie geplant abläuft oder ob Probleme auftreten. Die Software des Containers ist in der Lage, die Entwicklung der Früchte während des Transports zu überwachen und vorherzusagen.

Wenn man die Temperatur misst und das Reifungsverhalten der Früchte kennt, kann man zu jedem Zeitpunkt sagen, wie viele Tage die Früchte noch haben, bis sie nicht mehr zu verkaufen sind. Im Gegensatz zu einem vordefinierten Verfallsdatum ist diese Resthaltbarkeit ein dynamischer Wert: Wird die Frucht zu warm gelagert, so wird die Restlebenszeit sofort reduziert. Aber auch die Früchte selbst geben Information über die Reifung. Wenn eine Banane reift, dann gibt sie das Reifungsgas Ethylen ab. Umgekehrt kann Ethylen die Reifung initiieren. So werden Tomaten zum Beispiel schneller rot, wenn man einen reifen Apfel daneben legt. Um Bananen zu überwachen, muss man das Ethylen im Container messen, allerdings selektiver und genauer als dies mit den käuflichen Messgeräten möglich ist. Die am Projekt Beteiligten haben deshalb ein neues Messgerät entwickelt, einen miniaturisierten Gaschromatographen, der autonom im Container arbeiten kann. Erstmalig kann man nun vor Ort eine Konzentration von 50 ppb (parts per billion) Ethylen nachweisen.

Aus Fifo wird Fefo

Die Sensornetze erlauben es, die logistischen Prozesse zu erneuern. Das klassische Paradigma der Logistik ist Fifo: First in first out. Dies wird nun ersetzt durch Fefo: first expire, first out. Wenn das Verfallsdatum dazu noch kontinuierlich aktualisiert wird, spricht man von dynamic Fefo. In der Fruchtlogistik gehen heute noch einige Prozent der Ware auf dem Transport verloren, bei empfindlichen Früchten wie Erdbeeren oder Kirschen können es bis zu 35 Prozent sein. Die Untersuchungen zeigen, dass der Transportverlust bei Früchten durch den Intelligenten Container verringert werden kann. So trägt das neue Sensorsystem zu mehr Qualität für den Kunden bei, weniger Kosten für den Produzenten und weniger Umweltbelastung, da der Transport der verderbenden Ware entfällt. Dazu der Projektkoordinator, Steffen Janßen vom Microsystems Center Bremen: „Ökonomisch und ökologisch betrachtet ergeben sich durch den Intelligenten Container Vorteile, die sowohl dem Erzeuger als auch dem Verbraucher zu Gute kommen.“

Feldversuche mit Bananen

Die Forschungsarbeiten begannen 2004 mit Grundlagenuntersuchungen zu Sensornetzen, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wurden. Ein Sensornetz besteht aus mehreren  Einzelsensoren (Knoten), die drahtlos kommunizieren und kooperieren, um gemeinsam eine Messaufgabe zu lösen. Seit 2008 wurden die Sensoren in realen Transportprozessen untersucht. Gemeinsam mit dem Industriepartner Dole Fresh Fruit Europe wurden Feldversuche beim Schiffstransport von Bananen von Costa Rica nach Europa unternommen. Versuche zur Überwachung von Lebensmitteltransporten über Land in LKWs wurde zusammen mit dem Feinkostimporteur Rungis Express durchgeführt. Basierend auf den Ergebnissen der erfolgreichen Feldversuche starteten die Bremer Forscher mit zahlreichen Partnern ein neues, breit angelegtes Forschungsprogramm.

Wer gehört zur Innovationsallianz?

Die Innovationsallianz „Der Intelligente Container“ vereinigt sechs Forschungsinstitute und 17 Firmen, die gemeinsam an der Entwicklung von Sensornetzen und Software für den Transport von Lebensmitteln arbeiten. Das Forschungsvorhaben mit einem Umfang von neun Millionen Euro wurde von der Universität Bremen durch die Forschungsvereinigungen MCB (Microsystems Center Bremen) und LogDynamics (Bremen Research Cluster for Dynamics in Logistics) initiiert und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Die industriellen Partner kommen aus der Logistik (Rungis Express, Kühn Transport- und Lagergesellschaft), aus dem Container- und Trailerbau (CHS, Cargobull Telematics), aus der Kommunikationstechnik (OHB Teledata), aus der Elektronik (Elbau GmbH und Texas Instruments Deutschland, Vitrenio, ISIS-IC) und der Softwareindustrie (Aicas, EMIC, ProSyst Software, Seeburger, Otaris, Microsoft). Als Fruchterzeuger und -transporteur nimmt Dole Germany am Vorhaben teil. Forschungspartner sind die Institute aus den Bereichen Mikrosystemtechnik (IMSAS), Kommunikationstechnik (ComNets), Logistik (BIBA) und Mikroelektronik (ITEM) der Universität Bremen, sowie das Institut für Tierwissenschaften (ITW) der Universität Bonn und das Leibniz-Institut für Agrartechnik Potsdam.

Das Projekt endet im August 2013. Nach einem Abschlusstreffen werden die Partner ihre Ergebnisse in einem Sonderheft der renommierten „Philosophical Transaction oft the Royal Society of London“ darstellen.

Wie geht es weiter?

Die Industriepartner werden Sensornetze und Elektronik als Produkt ausentwickeln, wiederum in Kooperation mit der Universität Bremen, und dann vermarkten. Für die Forschung haben sich aus den Arbeiten neue innovative Aufgaben ergeben. Microsystems Center Bremen beginnt im Oktober ein neues Sensorprojekt, bei dem Schimmelpilze in Containern detektiert werden sollen.

Quelle: Universität Bremen

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