Gastbeitrag • 01.02.2017

Die Supply Chain der Zukunft: „Denke global, vernetze regional, handle lokal“

Welche Auswirkungen hat der E-Commerce auf die Supply Chain im stationären Handel? Darauf weiß Prof. Jörg Becker von ERCIS in Münster eine Antwort

„Ebay läutet das Ende des klassischen Einzelhandels ein“ – so titelte das manager magazin im Jahr 2012. Es ist sicherlich richtig, dass die zunehmende Digitalisierung und Technologisierung aller Geschäftsgebaren in den unterschiedlichsten Bereichen auch den Handel stark beeinflusst.

Durch globale Akteure wie Amazon und Ebay und die Verbreitung von mobilen Endgeräten ist für den Kunden dank E-Commerce jedes Produkt zu jeder Zeit und an jedem Ort verfügbar. Aber stimmt es, dass in der Handelswelt der Zukunft der stationäre Einzelhandel – das klassische Ladengeschäft – keinen Platz mehr hat und etablierte Akteure ihr Geschäft einstellen müssen? Ich möchte dies verneinen.

Aktuellen Statistiken zufolge gibt es auch weiterhin eine Vielzahl von Produkten, die Kunden nach wie vor lieber „vor Ort“ erwerben wollen, als diese im Online- oder Versandhandel zu bestellen. Dies gilt insbesondere für Lebensmittel, aber auch für Bekleidung, Medikamente, Heimwerkerartikel oder höherwertige Produkte wie Möbel, Schmuck oder Uhren.

Prof. Jörg Becker sieht die Zukunft des stationären Handels in den Vorteilen...
Prof. Jörg Becker sieht die Zukunft des stationären Handels in den Vorteilen der regionalen Ausrichtung
Quelle: ERCIS

Das lässt den Schluss zu, dass trotz der immer breiter gefächerten Angebote des E-Commerce – Amazon bietet bereits jetzt eine Vielzahl an (nicht-verderblichen) Lebensmitteln an – der klassische Einzelhandel auch weiterhin seine Daseinsberechtigung haben wird. In Zeiten von Multi- und Omni-Channel, intelligenter Vernetzung und allgegenwärtiger Datenerhebung stehen viele Einzelhändler nun jedoch zwangsläufig vor der Frage, ob der zukünftige Fokus ihres Unternehmens eher global oder doch lokal ausgerichtet sein sollte.

Dies gilt nicht nur für den Vertrieb, der insbesondere durch Online-Shops immer mehr an „Globalität“ gewinnt, sondern auch für die Beschaffung der Handelsware. Kauft man besser global und zu (zumeist) günstigeren Preisen ein? Große B2B-Plattformen, wie beispielsweise der chinesische Anbieter Alibaba, bieten hier weitreichende Möglichkeiten. Oder werden die Artikel doch besser lokal beziehungsweise regional beschafft, um so kürzere Lieferwege und Vor-Ort-Qualitätskontrollen realisieren zu können?

Entscheidend sind dafür nebst genannten Kriterien eine Vielzahl an weiteren Faktoren, wie beispielsweise die Verderblichkeit von Lebensmitteln. Selbst wenn die globale Supply Chain immer mehr Einfluss auf die Handlungsweisen von Unternehmen hat, ist nicht gesagt, dass zukünftig nur noch die globale Beschaffung Bestand haben wird. Viel mehr als ein Trend sind solche Veränderungen als (Nachfrage-)Wellen zu betrachten. Zwar „muss“ aus Kundensicht alles immer verfügbar sein, jedoch erlebt die Regionalität – insbesondere im Lebensmittelbereich – gerade in letzter Zeit durch Trends wie Vegan- und Vegetarismus, Gesundheitsbewusstsein und Nachhaltigkeit eine Renaissance.

Ein anderes Bild ergibt sich hingegen beispielsweise im Bereich der Unterhaltungselektronik, in dem die Kunden und folglich auch die Händler zu einem Großteil auf Artikel ausländischer Großunternehmen setzen. An diesen und vielen weiteren Artikelgruppen wird die notwendige Koexistenz von Globalität und Lokalität entlang der gesamten Supply Chain deutlich.

Denke global, vernetze regional, handle lokal.

Dies gilt sowohl für kleine als auch für große Unternehmen. Entscheidend wird die Anpassungsfähigkeit der Unternehmen in allen drei Punkten sein. So werden Unternehmen erfolgreich sein, die die Globalität des Marktes nutzen, auf eine starke regionale Vernetzung zurückgreifen können und sich an die lokalen Gegebenheiten bestmöglich anpassen.

Zukünftig werden zu den etablierten Methoden des Handels eine Reihe neuer – datengetriebener – Methoden und Techniken hinzukommen, welche dies ermöglichen sollen. Jedoch wird nur derjenige erfolgreich sein, der diese auch zweckadäquat zu nutzen weiß.

So werden manuelle Bestellungen auch weiterhin Seite an Seite mit vollautomatisierten Abläufen stehen, Prognoseformeln genauso wie Realtime-Inventarisierung verwendet werden, Einzelhändler bei Großhändlern oder direkt bei Herstellern bestellen, Ladenlokale ebenso wie Online-Vertriebswege genutzt werden und Handelsarten wie das Lager- und Streckengeschäft oder Konstrukte wie die Zentralfakturierung und
-regulierung auch dauerhaft Bestand haben.

Die Welt wird bunter. Es fällt nichts weg, aber es kommt alles dazu.

Autor: Prof. Jörg Becker

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