Digitale Transformation: Aufgaben für die neue Bundesregierung
Kleinere Einzelhändler fordern Unterstützung, um Schritt halten zu können
panthermedia.net / Olivier Le Moal
Digitale Technologien ermöglichen, die Effizienz im betrieblichen Ablauf zu steigern und innovative Angebote und Konzepte zu entwickeln. Dennoch herrscht bei vielen Unternehmern große Unsicherheit angesichts des digitalen Wandels. Das ergab eine Umfrage des DIHK.
Schließlich hält die rasante Entwicklung einige Herausforderungen bereit: Technologien integrieren, mit veränderten Rahmenbedingungen und Kundenansprüchen mithalten, gegen neue Wettbewerber bestehen, sich noch dazu mit einer veränderten Sicherheitslage auseinandersetzen. Betriebe, die sich überfordert fühlen, sollten nicht allein gelassen werden. Achim Berg, Präsident des Digitalverbands Bitkom, plädiert für Optimismus: „Wir müssen in der gesellschaftlichen Debatte über die Digitalisierung viel stärker die Chancen in den Fokus rücken – für zusätzliche Beschäftigung, für zusätzliche Wertschöpfung und für zusätzliche Steuereinnahmen, von denen alle profitieren.“
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag DIHK führte im November 2017 eine Umfrage in über 1.800 deutschen Unternehmen aus verschiedenen Branchen durch: „Das IHK-Unternehmensbarometer zur Digitalisierung“.
Weniger als ein Viertel der Händler sehen sich gut aufgestellt
Im Rahmen der Befragung durch den DIHK wurden Unternehmer gebeten, den Stand der Digitalisierung im eigenen Betrieb einzuschätzen. Über alle Branchen hinweg sehen sich etwas mehr als ein Viertel der Unternehmen für die Digitalisierung gewappnet. Bei den Händlern ging die Zahl derer, die sich als „gut“ (18 Prozent) oder „sehr gut“ (4 Prozent) aufgestellt einstuften, im Vergleich zum Vorjahr ein wenig zurück. Der Durschnitt der Bewertung auf der Skala von „wenig entwickelt“ bis „voll entwickelt“ stieg jedoch leicht an.
Der Druck auf Einzelhändler, ihren Betrieb digital auf den neusten Stand zu bringen, hängt nicht nur mit den Möglichkeiten interner Prozessoptimierung zusammen, auch auf Kundenseite steigen die Erwartungen. „Stationäre Händler müssen für Internetnutzer spezielle Angebote bereithalten, um sie als Kunden zu gewinnen beziehungsweise zu halten. Dafür ist ein Omnichannel-Ansatz sinnvoll, also ein cleveres Zusammenspiel von stationärem Handel, digitalen Services und Online-Shop“, erklärt Bitkom-Handelsexpertin Julia Miosga.
Insgesamt erwarten, laut der DIHK-Umfrage, immer mehr Unternehmen einen steigenden Umsatz durch die Digitalisierung. Auch 44 Prozent der Händler rechnen mit mehr Umsatz, nur zehn Prozent mit weniger. Den Zahlen nach verbessert sich die Stimmung der Einzelhändler im Vergleich zum Jahr 2016. Dem gegenüber steht allerdings die Sorge, dass die Digitalisierung einen größeren Investitionsbedarf mit sich bringt.
„Unternehmen sollen neue Technologien nicht als Selbstzweck einführen, aber sie sind gut beraten, sich mit ihren Möglichkeiten zu beschäftigen und die Chancen für das eigene Geschäftsmodell auszuloten – oder für völlig neue Geschäftsmodelle.“ (Achim Berg, Präsident Bitkom e. V.)
Die politischen Rahmenbedingungen müssen stimmen
Unternehmen empfinden in mehreren Bereichen Unterstützungsbedarf bei der Bewältigung der Digitalisierung und formulieren Erwartungen an die neue Bundesregierung. Dazu gehört beispielsweise ein zügiger Ausbau einer flächendeckenden und leistungsfähigen Internet-Infrastruktur. Außerdem fordern vor allem kleinere Betriebe, die komplizierten Verwaltungsprozesse in Deutschland mit E-Government-Lösungen zu vereinfachen und zu beschleunigen.
Die Fähigkeit, Kundendaten zu erheben und zu nutzen, ist ein Faktor des erfolgreichen Wirtschaftens. So können Händler beispielsweise Angebote auf die Wünsche ihrer Kunden zuschneiden und neue Geschäftsmodelle entwickeln. Gerade an diesem Punkt jedoch empfinden Unternehmer eine große Unsicherheit in Bezug auf Rechtsfragen, nicht zuletzt aufgrund der neuen EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die Ende Mai in Kraft treten wird. „Der Arbeitsaufwand bei der Umsetzung der DSGVO ist enorm, gleichzeitig suchen Unternehmen händeringend nach passenden Fachkräften“, bestätigt Susanne Dehmel, verantwortlich für den Geschäftsbereich Recht und Sicherheit bei Bitkom.
So fordern Unternehmen auch eine intensivere Vermittlung von Digital-Kompetenzen in allen Bildungsbereichen. Auf die steigende Bedeutung des Onlinehandels wurde beispielsweise mit der neuen Ausbildung zum Kaufmann im E-Commerce reagiert. „Damit die Händler innovativ bleiben können, brauchen sie innovativen Nachwuchs“, so HDE-Präsident Josef Sanktjohanser.
Ein Thema, das laut der DIHK-Umfrage besonders dem Handel am Herzen liegt, ist die Sicherung eines fairen Wettbewerbs. Im Zuge der Globalisierung und eines stärker werdenden internationalen Wettbewerbs müssten nationale Gesetze zügig an neue Situationen angepasst und deren Einhaltung von allen Beteiligten kontrolliert werden, so die Forderung. Auch in der Konkurrenz mit neuartigen Geschäftsmodellen und den Online-Giganten sollten vergleichbare Bedingungen für alle Marktteilnehmer gesichert werden.
Politik und Einzelhandel: Nicht den Anschluss verlieren
Positiv aufgenommen wird nun die Ernennung der Staatsministerin für Digitalisierung Dorothee Bär. In den Augen vieler Beobachter ist es lange überfällig, dass dieses bedeutende Thema in der Politik in den Vordergrund gerückt wird. Bitkom-Präsident Achim Berg erklärt dazu: „Es ist wichtig, dass das neue Amt mit allen Rechten und Ressourcen ausgestattet wird, um die Digitalpolitik der Bundesregierung erfolgreich koordinieren und beschleunigen zu können." Dazu zähle beispielsweise ein Vorbehalt Bärs zu Gesetzesvorhaben mit Digitalbezug.
Die Politik muss darauf achten, dass kleine und mittelständische Einzelhandelsbetriebe nicht abgehängt werden. Aber auch die Händler selbst sollten Digitalisierungsthemen mutig angehen. „Die Digitalisierung ist ein Wachstumsmotor für den Handel. Allerdings fühlen sich weniger investitionsstarke Betriebe oft vom positiven Trend abgehängt“, so HDE-Präsident Sanktjohanser.
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